Responsive Design: weniger Effizienz, hohe Kosten


Wir werden gerade Zeuge eines deutlichen Trends: die explosive Zunahme von Unternehmen, die in die Website DesignÜbermittlung ein und derselben Inhalte an unterschiedliche Endgeräte investieren, in „Responsive Webdesign“. Doch Responsive Webdesign ist nur ein Puzzlestück im Gesamtbild und bietet nicht immer die optimale Lösung.

Ist Responsive Webdesign zu responsiv und zu wenig Design?

Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass es heutzutage nicht mehr ausreicht, die Web-Strategie eines Unternehmens lediglich mit mobilen Endgeräten kompatibel zu machen – man muss Inhalte für Mobilgeräte optimieren. Umsichtige Vermarkter und Kommunikatoren wenden deshalb spezielle Content-Strategien auf ihre mobilen Kanäle an. Doch obwohl Responsive Webdesign durchaus seine Berechtigung hat und gute Ergebnisse liefert, handelt es sich hierbei letztlich nur um ein Puzzlestück im Gesamtbild dessen, wie ein Unternehmen seinen Web Content verwalten sollte.

Was ich damit meine: Aus der Perspektive des Contentmanagements, funktioniert Responsive Webdesign immer dann am besten, wenn die WCMS eines Unternehmens lediglich einen einzigen Kanal unterstützen kann. Ist ein Unternehmen bei der Veröffentlichung von Inhalten auf eine solche WCMS angewiesen, befindet es sich bei der Adaptierung von Inhalt und Design auf ein beliebiges Endgerät in einer strukturellen Abhängigkeit von der Reaktionsfähigkeit (responsiveness) von CSS Media Queries. Für große Unternehmen kann diese standardmäßige Abhängigkeit sogar bedeuten: WENIGER Effizienz, WENIGER Flexibilität und HÖHERE Kosten.

Lassen Sie mich diese Aussage erläutern.

Herausforderungen für das Responsive Webdesign

Über dieses Thema wurde bereits viel, in manchen Fällen sogar ausgezeichnet und wohl durchdacht, geschrieben. Uneingeschränkt empfehlenswert hierzu ist unter anderem der Blog von Luke Wroblewski. Darin unterstreicht Luke Wroblewski zu Recht, dass Responsive Webdesign zwar eine mögliche Art und Weise ist, die sich auftuenden Schwierigkeiten zu meistern, aber ganz sicher nicht die einzige. Und an diesem Punkt würde ich gerne ansetzen, um ein paar der Herausforderungen zu erläutern, die sich aus dem Blickwinkel der Web Content-Strategie eines Unternehmens ergeben.

1. Dokumente herunterladen ist problematisch und kostet Geld

Egal, welches Endgerät Sie besitzen und wie schnell Ihre Internetverbindung ist: Wenn Sie eine Webseite mit Responsive Webdesign aufrufen, laden Sie sich unweigerlich den vollen Umfang an CSS, Code und Bildern der Seite herunter. Anschließend müssen Ihr Gerät und der installierte Browser die Seite gemäß den jeweiligen Möglichkeiten verkleinern und optimieren, wobei der Bildschirm sich währenddessen ständig zusammenzieht und wieder vergrößert. Für das Unternehmen bedeutet dies, dass möglicherweise 80 Prozent mehr Inhalt zur Verfügung gestellt (und vom Nutzer zwangsläufig heruntergeladen) werden, als für das jeweilige Erlebnis eigentlich erforderlich gewesen wären.

Nehmen wir zum Beispiel Bildelemente (Grafiken und Fotos). Gesetzt den Fall, wir haben eine Webseite mit sechs Bildelementen, die für das komplette Desktop-Erlebnis insgesamt 210 KB bedeuten. Wenn man stattdessen diese Bildelemente je nach Kanal skalieren würde, käme man beispielsweise auf eine Gesamtmenge von 45 KB. Damit kämen für den mobilen Nutzer 165 KB Ladekapazität frei. Wendet man dieses Beispiel nur auf den Besuch einer Webseite und einen Nutzer an, ist es nicht besonders aussagekräftig – obwohl es in manchen Fällen, insbesondere bei volumenbasierten Mobiltarifen, für den Nutzer erheblich zu Buche schlagen kann.

Doch aus der Perspektive des Unternehmens und der dort verursachten Kosten wird die Sache erst richtig interessant. Bleiben wir bei diesem Rechenbeispiel: Nehmen wir an, die Seite wird pro Monat von 5 Millionen Besuchern aufgerufen (für Hippo Enterprise-Kunden ein durchaus übliches Aufkommen) und nehmen wir weiter an, dass 20 Prozent von ihnen von einem Mobilgerät aus auf der Seite landen, dann werden die zusätzlichen 165 KB von 1 Million Besuchern heruntergeladen. Das bedeutet, dass pro Monat 165 Gigabyte an zusätzlichen Daten durch Ihr Datenzentrum geschleust werden müssen. Und das gilt, wie Sie sich erinnern, für nur EINE EINZIGE SEITE!

Übrigens haben wir in diesem Zusammenhang noch nicht einmal die Menge an CSS, Javascript und anderem Code berücksichtigt, die zur flüssigen Darstellung von Responsive Webdesign übermittelt werden müssen. Hier verstecken sich die tatsächlichen Kosten für das Unternehmen.

2. Für den mobilen Nutzer ist Geschwindigkeit Trumpf

How Loading Time Affects Your Bottom LineHow Loading Time Affects Your Bottom Line

Die Welt der Mobilgeräte nimmt ein immer größer werdendes Stück vom eCommerce-Kuchen ein, und dafür ist die Übertragungsgeschwindigkeit ein besonders aussagekräftiges Prognoseinstrument. Mittlerweile setzt das Publikum voraus, dass Inhalte auf den Mobilgeräten mit derselben Geschwindigkeit (wenn nicht noch schneller) angezeigt werden, wie auf ihren Desktop-Gegenstücken. Kürzlich veröffentlichte Studien aus den Staaten rechnen hoch, dass ein Unternehmen, das pro Tag 100 000 US-Dollar erwirtschaftet, mit einer Verzögerung von nur einer einzigen Sekunde beim Aufrufen seiner Seite jährlich sage und schreibe 2,5 Millionen US-Dollar verliert.

Und das gilt durchaus nicht nur für den eCommerce: Im vergangenen Jahr hat Google Veränderungen an seinem Algorithmus durchgeführt und mehr denn je ist die Seitenladegeschwindigkeit ein offizieller Rankingfaktor bei den Suchergebnissen (Mobilgeräte eingeschlossen). Darüber hinaus gilt natürlich, dass schnellere Webseiten nicht nur das Nutzererlebnis verbessern, sie tragen auch zur allgemeinen Kostenreduzierung bei.

Obwohl es in Bezug auf die Leistung bei mobilen Endgeräten durchaus Fortschritte gibt (sie werden immer mehr zu kleinen, tragbaren Computern), hinken die WLAN-Netze dieser Entwicklung noch hinterher. Eine von Ofcom veröffentlichte Studie konnte zeigen, dass die Menge der Haushalte, die mobile Breitbandnetze nutzen, zwar ansteigt, aber immer noch kaum 20 Prozent des Marktes ausmacht. Und eine Webseite auf ein Mobilgerät zu laden, dauerte im Schnitt 8,5 Sekunden, viel langsamer als bei Breitbandfestnetzen.

Das bedeutet, dass es für ein Unternehmen oberste Priorität haben sollte, seinen mobilen Nutzern Inhalte schneller und effizienter zu übermitteln.

3. Responsive Webdesign berücksichtigt keinen Kontext

Den Aspekt dem Publikum kontextuell relevante Erfahrungen zu vermitteln lässt Responsive Webdesign komplett außen vor. Für ein reaktionsfähiges Webdesign ist ausschließlich das Gerät von Belang, das die Verbindung zum Design herstellt, oder noch präziser gesagt: nur die jeweilige Bildschirmgröße.

Beispielsweise müssen wir in der Lage sein, drei unterschiedliche TYPEN von Benutzerschnittstellen zu bedienen, jeweils basierend auf dem Gerät und dem Eingabeinterface. Eine Webseite, die für die Verkleinerung von Desktopdarstellungen optimiert wurde, muss gleichermaßen für Multi-Touch-Gesten optimiert sein, die bei Mobilgeräten den Zeiger und den Mausklick ersetzen. Hierbei handelt es sich um einen wichtigen, kontextuellen Aspekt.

Um ein Webdesign reaktionsfähig zu machen, ist ebenso wenig von Belang, wo sich der Nutzer befindet, welche Internetgeschwindigkeit ihm zur Verfügung steht, und welches Verhalten bzw. welche Präferenzen er als Kunde aufweist. Alle eben genannten Aspekte können jedoch beeinflussen, WARUM und WIE ein Nutzer bestimmte Inhalte aufrufen will.

Hier die Probe aufs Exempel: Ein im Rahmen des Responsive Webdesigns häufig verwendetes Beispiel ist die Website des Boston Globe. Probieren Sie es selbst einmal aus. Während sich Ihr Browserfenster auf die Webseite einstellt, werden mit Hilfe von elegant eingesetzten Media Queries und Auflösungsanpassungen Inhalte verworfen und wird Design verschlankt. Doch welche Inhalte sollten verworfen werden?

Bei der Anwendung von Responsive Webdesign wird im Rahmen des Designprozesses entschieden, welche Inhalte weichen müssen und welche bleiben dürfen – mit dem Nutzungsaspekt diese Inhalte hat das nichts zu tun. Sollte es aber nicht das Publikum sein, das darüber entscheidet, welche Inhalte es als Teil seines Erlebnisses auf Basis seiner früher bekundeten Präferenzen, seines Echtzeitverhaltens auf der Website oder auch nur im Kontext seines Aufenthaltsortes sehen möchte?

Anbieter, die nur einen Kanal verwalten müssen, könnten dies als „Luxusproblem“ abtun – aber für Unternehmen, die sich heutzutage im Internet dem Verdrängungswettbewerb stellen müssen, ist dies schlicht unverzichtbar.

Was ist die Lösung?

RESS – Responsive Web Design with Server Side Components

Wie Luke Wroblewski in seinem Beitrag unterstreicht, sollte es für die Darstellung von Inhalten auf unterschiedlichen Endgeräten auch unterschiedliche Ansätze geben. Eine von ihm vorgeschlagene, hochinteressante Idee ist das RESS (Responsive Web Design with Server Side Components). Er beschreibt es wie folgt: „Ein einziger Satz von Vorlagen definiert die gesamte Website für alle Geräte, wobei von Serverseite aus Schlüsselkomponenten innerhalb der Website über gerätespezifische Implementierungen verfügen.“

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es liegt mir fern, den Wert des Responsive Webdesigns insgesamt zu leugnen. In bestimmten Zusammenhängen erfüllt es durchaus seinen Zweck. Allerdings, und dies gilt besonders für große Unternehmen, ist es keine Pauschallösung. Und das bringt uns wieder zurück zu den eingangs erwähnten Herausforderungen. Immer dann, wenn das verwendete Content Management System ein Unternehmen darauf beschränkt, seine Inhalte nur über einen einzigen Kanal anzubieten, ist ein reaktionsfähiges Webdesign eine großartige Sache.

Wenn Sie beispielsweise mit WordPress bloggen oder eine Softwarelösung wie Drupal zur Verwaltung Ihres Webkanals einsetzen, können Sie mit Hilfe des Responsive Webdesigns problemlos unterschiedliche Versionen von Inhalten an Mobilgeräte übermitteln.

Web Content-Strategie und Responsive Design im Einklang

Bei Hippo empfehlen wir allerdings einen anderen Ansatz. Dieser erlaubt es Unternehmen ihre Kanäle auf die unterschiedlichste Art und Weise zu verwalten, und zwar immer unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Web Content-Strategie. So kann ein mobiler Unternehmensblog mit Responsive Webdesign auf Mobilgeräte übermittelt werden, während Inhalte aus diesem Blog auf der eCommerce-Plattform wiederverwendet werden und ihren Weg auf eine Kombination aus einem speziell eingerichtetem Desktop-Kanal, einem reinen Handy-Kanal und einem als „Online-Magazin“ für das iPad- optimierten Kanal finden. Und all dies in verschiedenen Sprachen und in Echtzeit, während der Nutzer mit den Inhalten interagiert. Grafiken, Fotos, Code und Übertragung sind sämtlich für die Echtzeitübermittlung dessen optimiert, was für das jeweils gewünschte Erlebnis relevant ist.

In letzter Konsequenz sollten Sie bei der strategischen Behandlung Ihrer Inhalte völlig losgelöst von dem Gerät agieren können, mit dem diese Inhalte aufgerufen werden. Mit Responsive Webdesign kommt es zu einer Verwischung dieser klaren Trennung und deshalb ist es umso wichtiger, daran zu erinnern, dass auch dieses nur eines der vielen Mittel ist, mit denen man im Internet seinem Publikum Inhalte anbieten kann. Und „einfacher“ und „flüssiger“ ist nicht immer auch gleichbedeutend mit „effizienter“.

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