Keine Angst vor Social Media Marketing im B2B


Die Angst vor der Unberechenbarkeit der Diskussionen im Social Media Marketing schreckt viele Unternehmen davor ab, sich aktiv an der Kommunikation zu beteiligen. Doch geredet wird dort ohnehin über sie. Firmen vergeben durch ihr Schweigen die Chance, die Debatten positiv zu beeinflussen und die Kundenbindung zu erhöhen.

Wie aus heiterem Himmel sah sich das Szenerestaurant „Bolero“ im mittelhessischen Gießen kürzlich inmitten eines heftigen „Shitstorms“ in den sozialen Netzwerken. „Saftladen“, „Hier werden Sie diskriminiert“, „Frechheit“, „Dieses Lokal muss man boykottieren“ – das waren nur einige der Meinungen, die massenhaft auf der Facebook-Seite des Lokals erschienen. Woher kam plötzlich dieser Sturm der Entrüstung?

An der Tür der Gaststätte war ein sehbehinderter Mann mit seinem Blindenhund abgewiesen worden und hatte den Vorfall in den sozialen Netzen publik gemacht, wo sich die Geschichte lawinenartig verbreitete. Die Begründung des Wirts, dass bereits seit Eröffnung des Restaurants auf Wunsch der Gäste wegen verbreiteter Tierhaarallergien keine Hunde erlaubt seien, fand in dieser aufgeregten Stimmung kein Gehör mehr. Und auch der Hinweis, dass die Vierbeiner gerne mit auf die Sonnenterrasse genommen werden können, konnte nichts mehr retten.

Ein Shitstorm entsteht oft aus dem Nichts

Schließlich blieb dem Gastronomen nur noch eine öffentliche Abbitte, um die Folgen des Empörungssturms abzumildern. Doch auch das besänftigte die Kritiker nicht wirklich. „Bei dem Versuch, es allen Recht zu machen,… den Tierhaarallergikern als auch unserem seebehinderten Gast, den wir aus unserem Nicht-Wissen heraus einen Mitarbeiter als Betreuer für den Abend angeboten haben, haben wir offensichtlich nichts richtig gemacht“, räumte der Restaurantbesitzer in einer Stellungnahme ein.

Um erst überhaupt nicht in solch eine Zwickmühle zu kommen und sich öffentlich mit Kritik – ob gerechtfertigt oder nicht – auseinandersetzen zu müssen, verzichten viele Unternehmen auf ein Engagement in den sozialen Netzwerken. Doch das ist ein Fehler. Denn im Zweifelsfall wird dann über sie geredet und nicht mit ihnen.

Positive Reputation von Unternehmen im Vorfeld zahlt sich bei Krisen aus

„Wir wissen aus der Forschung zur Krisenkommunikation, dass eine positive Reputation von Unternehmen im Vorfeld von Krisen den Effekt hat, während einer Krise mehr Unterstützer zu haben”, sagt Dr. Andreas Schwarz, der an der Technischen Universität Ilmenau das Fachgebiet Medienwissenschaft leitet und Geschäftsführer der Internationalen Forschungsgruppe Krisenkommunikation (IRGoCC) ist. Wer also langfristig in den sozialen Netzwerken aktiv ist und dort eine Anhängerschar aufbaut, findet auch im Falle bösartiger Angriffe schneller Menschen, die ein Unternehmen oder eine Marke in Schutz nehmen.

Keine längerfristigen Imageschäden durch Webattacken

Tatsächlich sollten die plötzlich auftretenden Erregungswellen im Internet nicht überbewertet werden. Hunderte von Shitstorms hat es in den letzten Monaten gegeben, nachhaltige Auswirkungen auf das Image der betroffenen Firmen können nicht festgestellt werden. Laut einer Analyse der dpa-Tochter News aktuell zusammen mit der Agentur Faktenkontor, für die mehr als 1,1 Millionen Verbraucheraussagen im Hinblick auf Menge und Tonalität ausgewertet wurden, ist der Online-Händler Amazon die beliebteste Marke im deutschsprachigen Social Web. Auf Platz Zwei findet sich Smartphone-Hersteller Samsung, gefolgt von Apple. Das Gemeinsame der drei Unternehmen: Im letzten Jahr waren sie massiven Angriffen auf Facebook & Co. Ausgesetzt. Geschadet hat es ihnen offensichtlich nicht.

Souverän auf Kritik im Netz reagieren

Gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen ist zudem die Wahrscheinlichkeit eines Shitstorms insgesamt gesehen recht gering – insbesondere dann, wenn man auf Kritik im Netz souverän reagiert – offen, transparent und vor allem konstruktiv. Wer zeitnah antwortet, höflich bleibt, sachlich argumentiert und eine Problemlösung ankündigt, der nimmt der Empörung in der Regel die Spitze. Kritik und negatives Feedback dagegen zu ignorieren oder gar einfach zu löschen, führt meist zu einem gegenteiligen Effekt.

Denn es besteht die Gefahr, dass der Beschwerdeführer seine Rückmeldung zeitnah an anderer Stelle aufs Neue publiziert und dann eventuell sogar deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt. Viele Shitstorms sind auch deshalb erst so groß geworden, weil die klassischen Medien sie aufgegriffen und über unangemessene Reaktionen berichtet haben.

Etwas anderes ist es, wenn klar definierte Grenzen überschritten werden und es z. B. um rassistische, diskriminierende oder beleidigende Kommentare geht. Hier sollte man als Unternehmen sein Hausrecht nutzen und solche Äußerungen konsequent unterbinden. Meist wird man dabei auch viele der eigenen Fans auf seiner Seite haben.

Social Media Marketing ist integraler Bestandteil des Alltags

Aber dazu muss erst einmal eine loyale Anhängerschaft aufgebaut werden. Nach den aktuellsten Zahlen verfügten die 21 größten Social-Media-Anbieter der Welt am Ende des Jahres 2013 zusammen über 5,7 Milliarden Nutzerprofile – das entspricht rechnerisch fast 80 Prozent gemessen an der gesamten Weltbevölkerung von 7,2 Milliarden Menschen. Das zeigt, dass sich diese Plattformen inzwischen auf breiter Front durchgesetzt haben und weltweit Teil des Alltags geworden sind.

Auch in Deutschland sind vier von fünf (78 Prozent) Internetnutzern mindestens in einem sozialen Netzwerk angemeldet und zwei Drittel (67 Prozent) nutzen diese Accounts aktiv. Laut einer Studie des Hightech-Verband BITKOM sind die Userzahlen vor allem bei den Älteren stark gestiegen: 55 Prozent der Internetnutzer in der Generation 50-Plus sind derzeit bereits in sozialen Netzwerken aktiv. Zum Vergleich: Vor drei Jahren waren es erst 46 Prozent.

„Die hohe Intensität der Nutzung zeigt, wie sehr soziale Netzwerke integraler Bestandteil der Lebenswelt vieler Menschen geworden sind“, so BITKOM-Vize-Präsident Achim Berg. Sieben von zehn aktiven Mitgliedern (69 Prozent) sind dort täglich unterwegs. Ein Drittel zählen zu den Intensivnutzern, die eine Stunde oder länger pro Tag aktiv sind. Mit einem Anteil von 56 Prozent rangiert dabei Facebook unangefochten auf Rang 1 der Beliebtheitsskala.

Die Nutzer interessieren sich für Unternehmen und Marken

Die Mediaagenturgruppe VivaKi hat gerade in ihrer Studie „Social Minds 2014 – Menschen und Marken im Social Web“ untersucht, welche Relevanz Unternehmen und Marken für die Facebook-Nutzer haben. Danach sind rund 60 Prozent der täglichen User bereits Fan von mindestens einer Marke, knapp 70 Prozent haben auf Facebook die Seite einer Marke besucht und ein Drittel ist sogar selbst aktiv geworden und hat Informationen über eine Marke gepostet oder verlinkt.

„Für Viele sind Empfehlungen in Social Media ausschlaggebend für zukünftige Kaufentscheidungen“, ist Karen Pietsch, Project Manager Research & Development bei VivaKi, überzeugt. „Fast ein Drittel der Zugehörigen dieser Zielgruppe haben bereits etwas aufgrund einer positiven Empfehlung erworben. Knapp ein Viertel gibt an, schon mal eine Ware aufgrund einer negativen Beurteilung nicht erworben zu haben.“

Klares Fazit der Studie an die Adresse der Unternehmen: Kritische Diskussionen sollten nicht unterdrückt oder ignoriert, sondern als Chance gesehen werden. Denn 28 Prozent der Menschen finden es beeindruckend, wenn Unternehmen auch auf kritische Themen eingehen, und fühlen sich dadurch enger mit ihnen verbunden.

Vier Tipps für mehr Erfolg in den sozialen Netzen

Allerdings entsteht die höhere Kundenloyalität nicht als Selbstläufer. Um die Chancen von Social Media richtig zu nutzen, müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Eine Firmenseite bei Facebook, Twitter, Google+, Pinterest, XING oder LinkedIn ist zwar schnell eingerichtet, doch dann bedarf es für den Erfolg einer cleveren Content-Strategie und eines aktiven Community-Managements. Unseren Vergleich von Social Media Monitoring Tools finden sie auch hier. Diese fünf Tipps helfen beim Start:

Keine plumpe Werbung

Hauptgründe für die Nutzung der sozialen Netzwerke – so die VivaKi-Studie – sind das Bedürfnis nach Austausch mit Anderen und Zeitvertreib, ein Drittel der User will sich hier außerdem über News und Trends informieren. Das sollten Sie wissen und respektieren. Unternehmen, die in den sozialen Medien sehr erfolgreich sind, konzentrieren sich vor allem auf Engagement, Pflege von Beziehungen und den gegenseitigen Austausch. Serviceangebote, schnelle Hilfe bei Problemen, Unterhaltung, Gewinnspiele und spezielle Rabatte kommen am besten an.

Den richtigen Content finden

Exklusive Informationen über Produkte und Marken sind für viele Nutzer überaus wichtig. Sie stellen neben exklusiven Promotions, Events und Sonderangeboten den wichtigsten Grund dar, einer Marke im sozialen Netz zu folgen und sich öffentlich als Fan zu „outen”. Bieten Sie Ihren Usern das, was sie sich wünschen. Und nehmen Sie sie ernst. Dazu gehört auch das zeitnahe Reagieren auf Kommentare. Durch eine rege Interaktion auf Augenhöhe fühlen sich die Fans gut aufgehoben und können sich besser mit der Marke identifizieren.

Die Qualität der Inhalte muss stimmen

Einfache Statusmeldungen sind nicht mehr genug. Um eine tiefere Verbindung mit ihren Kunden zu erreichen, müssen Unternehmen intelligenter kommunizieren. Kurze Videos, Infografiken, Fotos und Umfragen sind zum Beispiel Mittel, um ein höheres Engagement zu erzeugen. Gefragt ist vor allem „Shareable Content“, der von den Fans geteilt wird und sich viral verbreitet.

Sich nicht auf ein Netzwerk beschränken

Angesichts der hohen Verbreitung von Facebook konzentrieren sich viele Unternehmen auf diese Plattform. Allenfalls spielt noch Twitter eine Rolle. Völlig unterschätzt wird hingegen Google+ – mit monatlich 190 Millionen aktiven Nutzern ist dieses Netzwerk aber mittlerweile alles andere als klein. Außerdem verknüpft der Suchmaschinengigant Google+ sehr clever mit anderen Services, was sich zum Beispiel auch auf die Sichtbarkeit im Web allgemein auswirkt. Schon aus Gründen der Suchmaschinenoptimierung  sollte deshalb dieses soziale Netzwerk nicht vernachlässigt werden. Aber auch über Pinterest, Tumblr, Xing, LinkedIn oder ein eigenes Weblog kann man als Unternehmen nachdenken, um mit seinen Kunden dauerhaft in Dialog zu treten.

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