Suchmaschinenoptimierung ist ein Thema, das nur wenige begeistert. Und doch muss sich jeder, der eine Website betreibt, damit auseinandersetzen. Dazu ist es unerlässlich zu wissen, wie Menschen wirklich suchen. Zu genau diesem Thema habe ich letzte Woche einige Erkenntnisse gewonnen, die ich hier mit Ihnen teilen möchte. Für ein Kundenprojekt habe ich 10 Testpersonen ins Usability-Labor eingeladen und ihnen verschiedene Recherchenaufgaben gestellt. Diese waren anders als meist bei Usability-Tests: Es waren offene Recherchenaufgaben, das heißt, die Testpersonen hatten von mir keine Vorgabe, welche Website sie benutzen sollen. Normalerweise testet man eine bestimmte Site, weil man wissen will, wie die Nutzer mit dieser klarkommen. Aber diesmal wollten wir wissen, ob die Testpersonen auf die Site meines Kunden kamen oder ob sie andere Sites nutzen. Das Ergebnis war sehr lehrreich – nicht nur für den Kunden, auch für mich.
So suchen Menschen – Google oder nichts
Natürlich waren meine 10 Personen nicht repräsentativ. Aber dennoch ist es wie bei jedem Usability-Test: Qualitative Muster lassen sich auch aus der Beobachtung von wenigen Nutzern ableiten.
Alle 10 Testpersonen gingen ohne eine Sekunde zu zögern direkt zu Google. Zu keiner anderen Suchmaschine. Und auch nicht auf die Website eines Unternehmens, eines Vereins oder einer Organisation. Selbst als ich sie später aufgefordert habe, eine bestimmte Site zu nutzen, haben sie nicht deren URL eingegeben, sondern bei Google nach deren Namen gesucht. Und auch, wenn sie mir gesagt haben, dass sie bei Wikipedia nachsehen wollen, haben sie deren Site auch über Google angesteuert, nicht direkt.
Diese deutsche Liebe zu Google ist nachprüfbar repräsentativ: Alle verfügbaren Statistiken von Sitzbetreibern zeigen: 95 Prozent der Suchanfragen kommen von Google. Um die 4 Prozent kommen über Bing und winzigen den Rest teilen sich kleinere Anbieter.
Begriffe ungenau
Mit der Formulierung der Suchbegriffe haben sich die Testpersonen nicht lange aufgehalten. Zwar haben sie fast immer mehr als ein Wort eingegeben. Vor ein paar Jahren war das noch anders, da haben viele nur nach einem einzigen Wort gesucht. Inzwischen haben die meisten aber gelernt, dass sie mit mehreren Wörtern deutlich bessere Ergebnisse bekommen.
Doch mich hat gewundert, wie wenig die Testpersonen überlegt haben, ob die Wörter sinnvoll bzw. treffend sind. Ich hatte das Gefühl, sie geben einfach den ersten Begriff ein, der ihnen geläufig ist – selbst wenn ich nach einem spezifischen Begriff gefragt habe, haben sie mehrfach einen anderen eingegeben, der zu schlechteren Suchergebnissen geführt hat.
Was nicht heraussticht, wird übersehen
Die Seite mit den Treffern wird auch nicht gründlich studiert. So wie jede Website fast immer nur überflogen wird, so haben die Testpersonen auch die Trefferliste nur überflogen und mit den Augen nach Wörtern abgesucht, die ihnen anzeigen, dass sie dort finden, was sie suchen. Den Trefferseiten ergeht es also nicht anders als allen anderen Seiten im Web. (Mehr zu unserem Leserverhalten siehe: Wer liest die Texte Ihrer Site?)
Seite 1 oder gar nicht
Während meines Tests haben die 10 Testpersonen insgesamt 40 Aufgaben bearbeitet und dabei in Summe 180 Mal Google aufgerufen. Nur ein einziger Nutzer hat einmal die zweite Seite der Treffer angeklickt.
Das heißt, nur in einem von 180 Fällen landen die Nutzer auf der zweiten Seite der Google-Trefferliste.
Was heißt das für Ihre Site?
Zunächst einmal: Keine Panik, Sie können sich entspannen. Denn auch wenn diese Beobachtungen vielleicht ernüchternd auf Sie wirken: Überraschend sind sie nicht. Und es heißt auf keinen Fall, dass Sie keine Chance haben, über Google gefunden zu werden.
Die gelassene Suchmaschinenstrategie
Ich empfehle Ihnen die gelassene Suchmaschinenstrategie. Diese hat den Charme, dass sie am wenigsten Arbeit macht, weil sie sich daran orientiert, wie wir suchen. Und sie nutzt aus, dass die Suchmaschinen immer mehr suchen wie wir Menschen.
SEO ist tot, es leben die Menschen
Google & Co wollen möglichst viele Nutzer. Und die bekommen sie mit möglichst guten Suchergebnissen. Eine ideale Suchmaschine würde also genau die Treffer heraussuchen, die ein sehr gut informierter Mensch zu dem gerade gefragten Thema vorlegen würde. Google ist laufend dabei, die Qualität seiner Ergebnisse zu verbessern – mithilfe von Beobachtungen, mit manuellen Auswertungen und vor allem mit Hilfe der Analyse der gigantischen Menge von Suchanfragen und anderen Daten, die dort anfallen.
Jedem ist wohl aufgefallen, wie in den letzten Jahren die Ergebnisse von Google & Co immer besser wurden. Und daher nutzen fast alle nur noch Google. Mit jedem Update seine Suchroutinen macht Google den Tricksern das Leben schwerer. Früher konnte man mit weißem Text auf weißem Grund den Suchmaschinen vorgaukeln, dass bestimmte Seiten viele Informationen zu einem Thema enthalten, die dort gar nicht vorkamen – jedenfalls nicht in einer für Menschen lesbaren Form. Das geht schon seit Jahren nicht mehr. Wer dagegen Inhalte schreibt, die Menschen lieben, der hat auch bei den Suchmaschinen gute Karten – und der Trend verstärkt sich laufend mehr. Es hat seinen Grund, dass die Menschen nicht mehr auf die zweite Seite der Trefferliste gehen: Die erste Seite beantwortet in fast allen Fällen ihre Frage. Das hat natürlich gravierende Folgen und gibt Google eine ungeheure Macht, weil dieses Unternehmen damit bestimmt, welchen Teil des Web wir alle sehen – aber das ist eine eigene Diskussion.
So sorgen Sie dafür, dass Sie gefunden werden
Was braucht es nun, damit Ihre Seiten bei Google auf der Trefferliste ganz vorn landen?
Technische Voraussetzung für Ihre Suchmaschinenstrategie
Um ein bisschen Technik kommen Sie nicht herum. Sie müssen ein paar Dinge wie Seitentitel, Beschreibung und Überschriftenformatierung im HTML-Quelltext Ihrer Seiten beachten. Googles kostenloses PDF Einführung in Suchmaschinenoptimierung ist immer noch eine der besten Quellen dafür.
Sprache der Benutzer sprechen
Schreiben Sie so, wie Ihre Benutzer sprechen. Wenn Sie genau die Begriffe kennen und verwenden, nach denen Ihre (potenziellen) Nutzer suchen, dann landen sie dazu weit vorn in den Trefferlisten.
Begriffe definieren & besetzen
Wer Begriffe definiert, hat die Macht. Politiker und Marketingexperten versuchen gleichermaßen, Begriffe festzulegen und sich damit den Köpfen der Menschen festzusetzen. Aber das ist nicht nur etwas für die ganz Großen. Vielmehr kann hier jeder noch so kleine Site-Betreiber mitspielen. Sie haben einen Friseursalon? Wenn Sie versuchen wollen, unter dem Stichwort „Friseur“ bei Google ganz vorn zu landen, viel Spaß. Aber unter Ihrem Namen in Verbindung mit dem Wort „Friseur“ gefunden zu werden, das ist mit der gelassenen Strategie einfach. Und wenn dann auch noch die Stadt mit dazu kommt, dann können Sie wenig falsch machen und ein Platz auf der ersten Seite der Trefferlisten ist Ihnen fast schon sicher.
Die Startseite tritt ab, die Unterseiten treten an
Dass die Menschen über Google auf Ihre Site kommen, beutetet auch: Ihre Startseite ist weit weniger wichtig, als Sie sie nehmen. Denn heute ist jede Seite eine potenzielle Startseite. Sorgen Sie also dafür, dass jede Seite Ihrer Site auch für sich funktioniert. Dass die Nutzer wissen, wo sie gelandet sind, was sie hier tun können und wie sie von hier aus zu weiteren Interessenten Inhalten auf Ihrer Site kommen.
Fazit
Wer bei hart umkämpften allgemeinen Begriffen wie „Bücher“, „Website-Beratung“ oder „Suchmaschinenoptimierung“ auf der ersten Seite der Trefferlisten erscheinen will, der muss sich laufend mit den Feinheiten der HTML-Auszeichnung, den aktuellen Suchalgorithmen und anderen Details befassen. Wer aber nur dafür sorgen will, dass seine Seiten gefunden werden, wenn man nach ihnen sucht, für den ist die gelassene Suchmaschinenstrategie das Richtige.
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