Fallstricke beim Webdesign-Vertrag


Nötige Inhalte und Praxisempfehlungen

Um potentielle Streitigkeiten bei der Erstellung oder Neuauflage von Webseiten im Vorfeld zu vermeiden, empfiehlt es sich, einen umfassenden Webdesign-Vertrag zwischen den beteiligten Parteien abzuschließen und diesen schriftlich zu fixieren. Zur ersten Orientierung dienen die folgenden Fallstricken und Regelungsinhalte.

A. Der Webdesign-Vertrag

Obgleich immer mehr Unternehmen Ihren Internetauftritt mit einem professionellen Social Media Account ergänzen, ist die klassische Internetseite eines Unternehmens nach wie vor das Aushängeschild im digitalen Zeitalter. Bei einem Internetshop oder einer Werbeseite kann die Internetseite sogar entscheidend für die Motivation einer Vertragsanbahnung, zumindest jedoch immer für einen ersten Kontakt beitragen.

Für die Erstellung oder gar Neuauflage der eigenen Internetseite bedient sich ein Unternehmen mangels Kapazitäten und Know-how zumeist eines professionellen Webdesigners. Tiefergehende Gedanken, als das Projekt einem Dritten zu überlassen und diesem entsprechende Vorgaben zur Umsetzung zu machen, werden dabei, insbesondere bei kleineren Unternehmen, aber häufig nicht gemacht. Dies führt in der Praxis grds. zu zwei Problemkonstellationen.

Die erste Konstellation betrifft das (Streit-)Verhältnis zwischen dem Unternehmen als Auftraggeber und dem Webdesigner als Auftragnehmer, die zweite Konstellation das (Streit-)Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und einem Dritten, dessen Rechte durch die Internetseite verletzt werden. Ursache beider Problemkonstellationen liegt dabei fast immer darin, dass kein Webdesign-Vertrag, zumindest nicht in schriftlicher Form vorliegt.

Gefährlich ist es, sich bei der Erstellung der Internetseite nur auf die gesetzlichen Regelungen zu verlassen. Diskutiert werden in Rechtsprechung und Literatur zwar vornehmlich – je nach Ausgestaltung des konkreten Vertragsverhältnisses – nur der Kauf- und Werkvertrag (§§ 433 ff. BGB bzw. §§ 631 ff. BGB) als Rechtsnatur; diese bringen aber teilweise stark divergierende Rechtsfolgen mit sich: Divergenzen liegen bspw. in der Abnahme, Selbstvornahme, Nacherfüllung etc. Andere zu beachtende Problemkreise wie bspw. das Pflichtenheft, Leistungsphasen, Mitwirkungspflichten, die Einräumung von Bearbeitungs- und Nutzungsrechten etc. (dazu sogleich) finden sich dort erst gar nicht.

B. Fallstricke und deren Vermeidbarkeit

Um potentielle Streitigkeiten bereits im Vorfeld zu vermeiden, empfiehlt es sich, dass Unternehmen und Webdesigner bzgl. eines Webdesgin-Vertrags übereinkommen und diesen schriftlich fixieren. Augenmerk sollte dabei insbesondere auf nachfolgend dargestellte Punkte gelegt werden.

I. Pflichtenheft und Leistungsphasen

Streitpotential liegt insbesondere in der Umsetzung des Webdesigns, da das Unternehmen als Auftraggeber häufig keine konkreten Vorstellungen hat und das Projekt i.d.R. im Laufe der Zeit wächst. Um von vornherein Klarheit zu schaffen, sollte ein sog. Pflichtenheft erarbeitet werden, das Projekt in Phasen eingeteilt sowie Freigabe der Phasen und Abnahme der Internetseite durch den Auftraggeber geregelt werden.

In einem Pflichtenheft, dass von dem Auftragnehmer erarbeitet werden sollte, sollten die Vorgaben des Auftraggebers bzgl. Umfang, Funktionalität und Struktur der Internetseite festgehalten werden. Hier können zudem Feststellungen getroffen werden in Bezug auf Suchmaschinenoptimierung, Verknüpfung der Internetseite mit Sozialen Netzwerken (Social Plugins), Einsatz eines Content Management Systems (CMS) und die Erarbeitung einer Mobilen Version der Internetseite. Auch etwaige Mitwirkungspflichten oder Änderungswünsche (so genannter Change Request) des Auftraggebers sollten dort normiert werden. Auch sollte in dem Pflichtenheft bereits ein konkreter Zeitplan bzw. Zeitphasen genannt werden.

Die Erbringung der Leistung des Auftragnehmers sollte in drei Phasen aufgeteilt werden. Diese sollten bestehen aus einer Konzeptphase (Entwurf eines Konzeptes), einer Entwurfsphase (Ausarbeitung bzw. technische Umsetzung des Entwurfs) und einer Fertigstellungsphase (Übergabe, Einspielung in das Internet, ggf. Testphase). Nach der Konzept- und Entwurfsphase sollte die Freigabe und nach der Fertigstellung die Abnahme der Internetseite vertraglich geregelt sein. Dabei empfiehlt es sich eine Fiktion der Freigabe und der Abnahme zu normieren, sollte der Auftragnehmer etwaig gesetzte Fristen fruchtlos verstreichen lassen.

II. Vergütung, Fälligkeit und Zahlungsmodalitäten

In dem Webdesignvertrag sollte neben der vereinbarten (Pauschal-) Vergütung sich auch eine Vergütungsregelung für eine etwaige Mehraufwendung finden. Hintergrund ist, dass bei Webdesign-Verträgen häufig mehr Arbeitsaufwand erforderlich ist, als von den Parteien ursprünglich bedacht wurde.
Auch Abschlagszahlungen sind nicht untypisch für Webdesign-Verträge und schützen den Auftragnehmer vor dem Insolvenzrisiko des Auftraggebers. Denkbar ist auch, dass der Auftraggeber die Zahlung bereits nach der Entwurfsphase verlangt, weil bis dahin die meiste Arbeit erfolgte.

III. Einräumung von Bearbeitungs- und Nutzungsrechten

Da der Webdesigner grds. als Urheber der Internetseite gilt, müssen für den Auftraggeber zwingend die entsprechenden Bearbeitungs- und Nutzungsrechte eingeräumt werden. Betroffen sind hier insbesondere der Quellcode, die Weiterentwicklung und Übersetzung der Internetseite, Nutzungs- sowie Namens- und Kennzeichenrechte.

Die Rechte sollten im Interesse des Auftraggebers ausschließlich, unwiderruflich und ohne inhaltliche, räumliche oder zeitliche Beschränkung eingeräumt werden. Anderenfalls droht wegen der restriktiven Auslegung der Nutzungsrechte bzw. der sog. Zweckübertragungslehre – dem Auftraggeber werden lediglich die Rechte eingeräumt, welche zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den vertraglichen Zweck benötigt werden – hohes Gefahrenpotential; so wäre bspw. eine weitere Nutzung der Inhalte in Printmedien wie Briefpapier etc. unzulässig. Sind keine Bearbeitungsrechte eingeräumt, ist immer das Einverständnis des Auftragnehmers als Urheber erforderlich (§ 23 UrhG).

Um Marketinginteressen des Auftragnehmers gerecht zu werden, lässt dieser sich häufig das Recht einräumen, den Auftraggeber als Referenz zu nennen; zudem kann er verlangen, als Urheber genannt zu werden (§ 13 S. 2 UrhG).

IV. Sach- und Rechtsmängel sowie Gewährleistung

Da auch bei Interseiten typischerweise Sach- (Abweichung von der im Pflichtenheft vereinbarten Beschaffenheit) und Rechtsmängel (Verletzung Urheberrechte Dritter, fehlerhaftes Impressum, falsche Datenschutzerklärung, Domain verstößt gegen Marken- oder Namensrechte) vorliegen können, sollte der Webdesign-Vertrag auch hierzu Regelungen vorsehen.

Häufig wird eine vertragliche Sach- und Rechtsmängelgewährleistung durch den Auftragnehmer einge-räumt oder zumindest auf das gesetzliche Regelungskonstitut des Kauf- oder Werkvertragsrecht verwiesen (bspw. Nacherfüllung, Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz). Auch sind Prüf- und Rügepflichten, in denen etwaige Mängel anzuzeigen sind, zu empfehlen. Im B2B-Verkehr kann die Gewährleistungsverjährung zudem auf ein Jahr verkürzt werden.

V. Haftung sowie Freistellung der Vertragsparteien

Der Auftragnehmer hat ein Interesse daran seine Haftung, zumindest in dem gesetzlich zulässigen Maß, zu beschränken. Hingegen im Interesse des Auftraggebers, der als Internetseiteninhaber gegenüber Dritten bei Urheberrechtsverletzungen haftet, ist es, dass der Auftragnehmer zusichert, dass die von ihm verwendeten Bilder, Texte, Videosequenzen etc. nicht in die Rechte Dritter eingreifen und er in diesem Zusammenhang von jeglichen Ansprüchen freistellt wird und ihm die Kosten der Rechtsverteidigung (ggf. als Kostenvorschuss) ersetzt werden. Aber auch im Interesse des Auftragnehmers ist es, falls der Auf-traggeber ihm das zu verwendende Material zur Verfügung stellt, dass dieses nicht die Rechte Dritter verletzt und der Auftraggeber ihn von etwaigen Ansprüchen Dritter freistellt.

VI. Kündigung des Webdesign-Vertrags

Mangels ausreichender Regelung in den ggf. einschlägigen gesetzlichen Verträgen empfiehlt es sich, zumindest die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung samt den Kündigungsgründen wie Pflichtverletzungen, Versäumen von Fertigstellungsterminen etc. sowie als weitergehende Rechtsfolge die Übergabe der bis dahin erstellten Version der Internetseite zu vereinbaren. Innerhalb der Privatautonomie können die durch die Beauftragung eines Dritten entstehenden Kosten dem Auftragnehmer auferlegt werden.

Im Übrigen, sollte Werkvertragsrecht zur Anwendung kommen, kann der Auftraggeber jederzeit kündigen, jedoch mit der Rechtsfolge der vollen Kostentragung (§ 649 BGB); dies jedoch nicht bei Vorliegen von Leistungsstörungen durch den Auftragnehmer. Der Auftragnehmer kann ordentlich nur in den Fällen unterlassener Mitwirkung (§ 643 BGB) kündigen.

VII. Weitere Leistungspflichten und sonstige Klauseln

Sollte der Auftragnehmer weitere Leistungspflichten wie bspw. die Auswahl und Registrierung der Domain, das Web-Hosting der fertig gestellten Internetpräsenz, die Pflege und Wartung der Internetseite oder Schulungen übernehmen, sollten sich auch diese Pflichten in dem Webdesign-Vertrag wieder finden.

Sonstige Klauseln, die nicht zwingend, aber zu empfehlen sind, sind welche zum Datenschutz und zur Geheimhaltung sowie Vertragsstrafen; letztere insbesondere dafür, wenn der Auftragnehmer den in dem Pflichtenheft vorgegebenen Zeitplan nicht einhält. Auch ist es in Webdesign-Verträgen üblich, Klauseln zum geltenden Recht, zum Gerichtsstand, zur Schriftform und zu Regelungslücken vorzuhalten.

C. Praxisempfehlung

Die dargestellten Fallstricke und Regelungsinhalte vorausgeschickt bleibt zu empfehlen, einen umfassenden Webdesign-Vertrag abzuschließen und diesen schriftlich zu fixieren. Auch wenn ein Webdesign-Vertrag bestenfalls auf einen anwaltlichen Entwurf fußt oder zumindest anwaltlich geprüft werden sollte, kann man sich zumindest an den genannten Fallstricken und Regelungsinhalte „entlang hangeln“:

  • I. Ein vom Webdesigner erarbeitetes Pflichtenheft mit Leistungsphasen (Konzept, Entwurf und Fertigstellung) sowie Freigabe und Abnahme.
  • II. Klauseln zur Vergütung (insbesondere Mehraufwand) und Fälligkeit sowie etwaige Zahlungsmodalitäten (Abschlagszahlungen).
  • III. Einräumung von Bearbeitungs- und Nutzungsrechten (ausschließlich, unwiderruflich und oh-ne inhaltliche, räumliche oder zeitliche Beschränkung).
  • IV. Klauseln zur Sach- und Rechtsmängelgewährleistung sowie Prüf- und Rügepflichten.
  • V. Haftungsregelungen sowie Freistellungsklauseln.
  • VI. Einräumung der Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung samt Kündigungsgründen (Pflichtverletzungen, Versäumen von Fertigstellungsterminen etc.).
  • VII. Einpflegung weiterer Leistungspflichten (Auswahl und Registrierung der Domain, Web-Hosting der fertig gestellten Internetpräsenz, Pflege und Wartung der Internetseite oder Schulungen) sowie Regeln zum Datenschutz, Geheimhaltung, Vertragsstrafen, geltenden Recht, Gerichtsstand, Schriftform und Regelungslücken.
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