Greenwashing oder moralische Konsequenz? Immer mehr Onlinehändler pflegen ein »grünes« Image und verpassen ihrem Shop einen ökologischen Anstrich. Und tatsächlich werden Kaufentscheidungen heute zunehmend auf Basis von ethisch vertretbaren Urteilen getroffen.
Das Thema Nachhaltigkeit entscheidet mittlerweile auch im E-Commerce in welche Richtung ein Business-Modell steuert. Ein CO2-neutraler Fußabdruck auf der Visitenkarte macht interessant. Wertschöpfende Prozesse, der Umgang mit Schadstoffen und Abfällen oder Emissionen, die effiziente Verwertung von Material und Energie; all diese »Touchpoints« beeinflussen heute Kaufentscheidungen ähnlich effektvoll wie Sortiment, UX, Preispolitik oder Kundensupport. Leider finden sich auch immer wieder schwarze Schafe, die authentischen Bemühen durch unseriöse Greenwashing-Kampagnen einen echten Bärendienst erweisen. Das führte in der Vergangenheit häufiger zu konkreten Intra-Sender-Konflikten. Der Schaden in Sachen Akzeptanz und Vertrauen den Unternehmen dann davontragen kann häufig kaum noch gerichtet werden.
E-Commerce muss soziale Verantwortung übernehmen
Nachhaltigkeit fordern und umweltbewusst handeln sind (nachweislich) zwei Paar Schuhe. »Tue Gutes und rede darüber« ist bestimmt ein netter Ansatz, leider zieht diese vermeintlich ehrbare Attitüde aber auch massig »Marktschreier« im Windschatten mit sich. »Lautstärke« ist nicht unbedingt das seriöseste Mittel der Wahl – machen statt quatschen dagegen schon.
Im B2C-Sektor haben das offenkundig die meisten E-Marketer verstanden. CSR-Aktivitäten, nachhaltige Produkte und soziales Engagement polieren zum Teil eindrucksvoll das Image, Branding sowie die Außendarstellung eines Unternehmens. Die B2B-Branche scheint dagegen noch nicht so ganz von der unternehmerischen Sozialverantwortung überzeugt. Dabei ist die Herangehensweise grundlegend und auf so vielen Ebenen zu kurz gedacht. Denn CSR-Anstrengungen sollte niemals ein messbarer Nutzen anhaften. Genau das macht doch den Vorwurf des Greenwashings aus. CSR-Aktivitäten sollten durch Transparenz und Authentizität überzeugen. Nachhaltigkeit der Nachhaltigkeit wegen. Der gesamtgesellschaftlichen Relevanz und Verantwortung wegen. Der Konsument entlarvt schnell, wenn einfach nur nebenbei irgendeine ökologische Wahrhaftigkeit kommuniziert wird. Nachhaltigkeit muss gelebt werden – und das in allen Unternehmensprozessen. Denn nur wer es wirklich ernst meint, wirkt glaubhaft.
Nachhaltiger E-Commerce kann funktionieren
Nachhaltiger E-Commerce lässt sicherlich zuerst einmal alle Alarmglocken schrillen. Aber warum eigentlich? Ist das Sujet »Onlinehandel und Klimabilanz« so wenig glaubhaft? Mehr Umwelt-Hoax als ökologisches Attribut? Ja, das Ganze ist ein streitbares Thema. Und ja, besonders der Business-to-Business-Markt tut sich da schwer. Dennoch sollten Unternehmen und E-Tailer ihre Optionen einmal durchspielen. Auch Partner müssen ihren Ruf innerhalb der Branche verteidigen und sich rechtfertigen. Kein Unternehmen der Welt kann sich solche Imageverluste aus Geschäftsverbindungen leisten. Das übersteht keine Beziehung. Nicht mehr nur allein das Umsatzpotenzial bestimmt das »wer mit wem«, sondern auch die Austarierung von wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekten schwingt mit.
Entlang der Customer-Journey bieten sich zahlreiche Möglichkeiten und Touchpoints, Nachhaltigkeit, Transparenz, Ethik und Authentizität glaubwürdig zu verpacken. Oft sind es die einfachen Dinge. Detaillierte Produktbeschreibungen und Informationen zu Produktionsbedingungen, 360-Grad-Ansichten, Augmented Reality aber auch Fairtrade-Siegel zum Beispiel. Je mehr (Produkt-)Information, desto weniger Überraschungen dann später zu Hause. Blind- und Fehlbestellungen nehmen ab. Das drückt zumindest mal die Retourenquote nach unten. Davon abgesehen entwickeln sich tatsächlich rund um die Logistik und das Retourenmanagement derzeit viele innovative und wirklich interessante Konzepte.
Weitere »grüne« Ansätze für nachhaltigen E-Commerce
- Wie produziere ich beziehungsweise lasse ich produzieren?
- Kommen Produkte und Dienstleistungen aus »sozialen Produktionsbetrieben«?
- Gerade im Fashion-Ressort lässt sich mit Upcycling und »Ethical Fashion« sehr viel bewegen.
- Externe NGOs oder beispielsweise Fair-Trade-Organisationen zu unterstützen ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Nachhaltige Business-Modelle sind die Zukunft des E-Commerce
Unser Gewissen kauft mit. Die Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Klimabilanz, Ethik und ökologische E-Commerce-Strategien werden den Onlinehandel in den nächsten Jahren zunehmend dominieren. Die Generationen der »Lohas« (Lifestyle of Health and Sustainability), »Parkos« (Partizipative Konsumenten) und natürlich allen voran die »Generation Z« werden Nachhaltigkeit und Co. im E-Commerce weiter fordern und sogar standardisieren.
Quelle: KOSMONAUTÜber den Autor
Stephan Engau ist einer der beiden Geschäftsführer der E-Commerce-Agentur KOSMONAUT. Der gelernte Informatiker aus Rheda-Wiedenbrück war unter anderem mehrere Jahre als Creative Director für die Multimedia-Agentur Elephant Seven (heute Pubicis Pixelpark) und die Bertelsmann-Agentur TERRITORY tätig, einer der führenden Kommunikations-, Werbe- und Content Marketing-Agenturen Deutschlands. Zu seinen Kernkompetenzen zählen digitale Strategien, User Experience und Content Marketing. Mittlerweile verfügt er über 20 Jahre Erfahrungen im Web- und E-Commerce-Bereich.
Bildquellen
- Kosmonauten_Engau0073 19: KOSMONAUT
- person-s-left-hand-holding-green-leaf-plant-886521: Alena Koval / Pexels
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