Internet-Gigant Google verstößt auch mit seiner neuesten Analytik-Lösung GA4 gegen EU-Recht. Unter welchen Voraussetzungen lassen sich Analytics in Europa dann in Zukunft überhaupt noch anwenden? Diese fünf Argumente unterstützen bei der Neubewertung bzw. bei der Recherche nach Analytics-Alternativen.
Die Uhr tickt für Google. Denn bis Mitte des nächsten Jahres gibt Universal Analytics (UA) seinen Service endgültig auf. Der Nachfolger, Google Analytics 4 (GA4), steht bereits in den Startblöcken. Läuft für Google? Keineswegs. Europäische Google-Kunden stehen vor dem Problem, ihre Datenstrategie neu zu bewerten. Denn: Bei Datenschutz und Compliance gerät Google immer wieder in Konflikt mit EU-Gesetzen. Im Zentrum des Konflikts steht der Transfer von Nutzungsdaten in die USA. Damit bricht Google de facto EU-Recht.
Aus der Sicht der vielen Google Analytics-Nutzer in der EU hinterlässt diese Praxis weitaus mehr als nur Zweifel. Viele Kunden schauen deshalb nach Alternativen. Tipp: Der Schwerpunkt sollte dabei auf einer Lösung mit ausgewogenen Features liegen. Maßgeblich sind hierbei insbesondere zwei Fragen:
a) Wo werden Daten genau gespeichert?
b) Hält die Analytik gesetzliche Vorschriften ein?
Kriterien einer Neubewertung
In einer Neubewertung sollte diese fünf Kriterien enthalten sein:
1. Liegt ein EU-konformes Consent Management vor?
Die EU-Gesetzgebung schreibt vor, dass Unternehmen die explizite Zustimmung der Nutzer einholen müssen, ob deren Nutzungsdaten erfasst werden dürfen oder nicht. Diese Anforderung erfüllt GA4 nicht. Andere Analytik-Lösungen wie etwa GA4 kommen diesem Kriterium in Form eines spezifischen Abfragefensters nach. Entscheidend hierbei: die Widerrufbarkeit der Zustimmung. Sie muss zu jeder Zeit gewährleistet werden. In diesem Punkt bleibt auch GA4 fehlerhaft. Stimmen User einer Datenerfassung nicht zu, enthalten die dann anonymisierten Daten immer noch personenbezogene Informationen. Darunter fallen URL-Parameter wie etwa die Google Click ID oder Informationen, die über den Referrer weitergegeben werden.
2. Findet ein Datentransfer nach Amerika statt?
Hauptproblem für Google: der Sitz der Unternehmenszentrale. Damit unterliegt der Konzern der Gesetzgebung der USA. Das heißt: Der Staat ist rechtlich dazu befugt, die Herausgabe von Daten durchzusetzen. Darunter fallen auch Nutzungsdaten von EU-Bürgern. An diesem Punkt liegt ein Rechtskonflikt zwischen US- und EU-Gesetzgebung vor. Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung verlangt auch bei den in die USA übertragenen EU-Daten einen Datenschutz, der den in der DSGVO ausformulierten EU-Anforderungen nachkommt. Diese Anforderungen erfüllt der US-Datenschutz aber nicht. Dieser Konflikt soll mit dem neuen EU-US-Datenabkommen gelöst werden. Trotzdem bleiben Zweifel, wie genau der Widerspruch im Rahmen eines bilateralen Abkommens gelöst werden soll.
3. Überzeugt die Analytik durch einfach verständliche Features?
Unternehmen suchen verstärkt nach leicht verständlichen Analytik-Lösungen, die einfach zu bedienen sind. Aus diesem Grund sind Freemium-Versionen oftmals die erste Wahl. Sie enthalten bereits umfangreiche Standardfunktionen. Darunter fallen etwa vorkonfigurierte Dashboards und Berichte, die ebenso wertvolle Insights liefern wie benutzerdefinierte Reports. Und: Sie sind sofort abrufbar. Hinzu kommt informatives und kostenfreies Schulungsmaterial. Es stellt eine wertvolle Lernhilfe dar, die Analytik-Neulingen einen schnellen Lernerfolg bringt.
Analytik-Erfahrene erwarten dagegen eine Lösung, deren Funktionen sich durch ein Höchstmaß an Flexibilität auszeichnet, um damit ein möglichst breites Anwendungsspektrum abzudecken. Begleitet werden sollte das System von einem responsiven Kundenservice sowie einer lückenlosen Dokumentation. Die Existenz zusätzliche Services wie etwa Onboarding, anwendungsspezifische Implementation oder auch ein Customer Success Management stellen weitere Bewertungskriterien dar, die Google in dieser Form nicht bietet.
4. Wie hoch ist der Management-Aufwand?
Der Aufwand, Analytik zu verwalten und zu managen, sollte so niedrig wie möglich ausfallen. In diesem Zusammenhang stellt der Wechsel von UA zu GA4 Google-Kunden vor einige Herausforderungen. So ist die Option, Daten aus UA in GA4 zu migrieren, nicht vorgesehen. Die Folge: eine vollständige Neuanlage aller Properties in GA4. Das steigert den Verwaltungsaufwand. Dabei wächst die Herausforderung mit der Portal- oder Shop-Größe. Marktplätze und andere Player verwalten enorme Datenbestände. Im E-Commerce gelten sie als Währung, nach der sich Erfolg bemisst. Beim Wechsel auf GA4 gehen diese Daten verloren. Unter diesen Voraussetzungen ist es ohnehin sinnvoll, eine EU-konforme Analyse-Software zu wählen, mit der sich Unternehmen, Händler oder Online-Shops auf der sicheren Seite befinden.
5. Wie transparent ist die ausgewählte Analytik?
Bis heute lässt Google klare Regeln vermissen, die User darüber informieren, an welchem Ort das Unternehmen Daten weiterverarbeitet. Google informiert zwar darüber, dass Daten an den nächstgelegenen Server übertragen werden, wo sie dann etwa angereichert werden. Genaue Ortsangaben „verrät“ Google seinen Kunden aber nicht und lässt sie auch weiterhin darüber im Unklaren. Dass Google auch in Zukunft Daten nicht doch in die USA übermittelt, können Kunden insofern nicht ausschließen.
Wertebasierte Analytik
Fakt ist: Kunden machen den Datenschutz vermehrt zum Gegenstand einer wertebasierten Einkaufserfahrung. Und die ist gerade bei Kaufentscheidungen extrem relevant. Danach verstehen Kunden den Datenschutz als ein zentrales Element der Kundenfreundlichkeit. Diesen Aspekt zu vernachlässigen, wäre aus Unternehmenssicht fatal. Proaktiv praktizierter Datenschutz, der auf die Kunden zugeht, erbringt in Gestalt einer rechtskonformen Analytik vielmehr den Nachweis, dass Unternehmen die Bedürfnisse der Zielgruppe respektieren. Verbraucher honorieren das mit einem Vertrauensvorschuss, der wiederum Kaufabschlüsse begünstigt.
Und wie gelangen Unternehmen aus anonymisierten Daten zu einem hohen Erkenntnisgewinn?
Anonymisierte Daten gelten nicht als personenbezogene Daten. Aus diesem Grund können sie frei für eigene Zwecke verwendet werden. Zwar gelangen Websitebetreiber über anonymisierte Daten nicht zu den identischen Einblicken wie dies bei personenbezogenen Daten der Fall ist, trotzdem hilft Anonymous Tracking in Bezug auf die Analyse des Nutzerverhaltens.
Anhand eines großen Samples von Besuchern zeigen auch anonymisierte Daten, wie etwa eine Website performt. User können damit ebenso KPIs (Key Performance Indicators) wie die Besucherzahl, Seitenaufrufe, Conversions, Verweildauer oder anderes Userverhalten tracken. In der Regel ordnen Websitebetreiber die Aktionen einem einzelnen Besucher zu. Für spezielle Fälle greifen sie einfach nach berechneten Metriken, um mehr über die Besucher und die Seitenperformance zu erfahren. Eine allgemeine Attribution ist ebenfalls möglich.
Mit der richtigen Software lassen sich anonyme Daten von Anfang an erfassen. Und lehnt ein Besucher die Datenerfassung ab, um ihr etwas später in der gleichen Session dann wieder zuzustimmen, lassen sich diese Daten sogar wiederherstellen.
Transparente Datenverarbeitung
Bleibt die Standort-Frage. Wo also speichert die Analytik die erfassten Daten? Jede Form der Datenerfassung, -verarbeitung oder -anreicherung sollte de facto innerhalb der EU stattfinden. Dadurch schließen Anwender Verstöße gegen EU-Datenschutz- und Compliance-Richtlinien aus. Indem Sie Nutzer darüber informieren, stellen sie eine offene wie nachhaltige Datenerfassung sicher – egal ob Public Cloud, Private Cloud, On-Premise oder Off-Premise.
Über den Autor
Quelle: Piwik PRO
Maciej Zawadzinsk, CEO bei Piwik PRO
Bildquellen
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