In diesem zweiteiligen Beitrag geht es um den Einsatz von Webpräsentationen im Vertrieb. Im ersten Teil wurden generelle Erfolgsfaktoren dargestellt. Im nachfolgenden zweiten Teil liegt der Schwerpunkt auf Content- und Collaboration-Management (CCM).
Webpräsentationssysteme sind nichts anderes als serverbasierte „Autobahnen“. Der Vergleich hat eine doppelte Bedeutung: Für die Nutzung einer Autobahn braucht man Fahrzeuge – also Content. Hinzu kommt das Erfordernis guter Präsentation – man benötigt folglich auch gute Fahrerqualitäten! Die daraus resultierende „Fuhrpark- und Fahrtenorganisation“ wird als Content- und Collaboration-Management ( CCM ) bezeichnet.
Zentraler Aspekt von CCM ist der Content: Anders als beim Desktop-Beaming (one-way) und dem Desktop-Sharing (bidirektional) kommen bei Webpräsentationensystemen die Inhalte nicht vom lokalen Rechner. Diese liegen auf einem Server – sie müssen also erst auf den Server aufgespielt und dort zur finalen Präsentation zusammen gestellt werden. CCM im weiteren Sinne beginnt daher mit der Auswahl und Aufbereitung von Contents für den Einsatz auf dem Server. Das betrifft zum einen die Konvertierung von Dateien ins JPG- oder Flash-Format. Am wichtigsten ist aber die optimale inhaltliche Aufbereitung, also die vertriebsgerechte Gestaltung.
CCM beinhaltet darüber hinaus das Einladungsmanagement der Teilnehmer, die Archivierung von Feedback und Whiteboardzeichnungen bis hin zum Sound-Recording z.B. bei Webinaren. Webinare besitzen starke Überschneidungen mit vertrieblichen Webpräsentationen. Im Hinblick auf die Prozesskette „Marketing, Vertrieb und Aftersales“ kommt es häufig zu einem chronologischen Nacheinander dieser Instrumente.
Webinare besitzen Schulungsinhalte (eLearning) und werden in der Regel mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern durchgeführt. Im Vertrieb nimmt zwar häufig nur ein einzelner Kunde teil, dafür steht dessen individueller Bedarf umso mehr im Fokus: Die Ansprüche an Feedbackmöglichkeiten sind folglich höher als bei Webinaren. Auch die Archivierung ist unterschiedlich: Während Webinare häufig als Podcast gespeichert werden, sind bei Vertriebspräsentationen schriftliche Fixierungen von Vorteil (vgl. 1. Teil).
Für beide Instrumente kann häufig das gleich Tool verwendet werden – dies ermöglicht u.a. Contentsharing, aber auch Adressbücher können geteilt werden. In diesem Fall wird CCM zum wichtigen Synergie-Instrument, um Präsentationsinhalte für beide Nutzungsarten effizient zu verwalten und aufeinander aufbauend zu optimieren.
Aufbereitung von vertrieblichen Präsentationsinhalten
Welche Contents für vertrieblichen Präsentationen geeignet sind, hängt stark von der Branche und dem vermittelten Angebot ab. Gleichwohl gibt es eine Reihe allgemeiner Erfolgskriterien für Inhalte von Webpräsentationen – sie orientieren sich an den Kriterien einer guten Messestand-Präsentation:
- Dialogunterstützung statt Ersetzen des Dialogs
- anschauliches Erlebnis statt dröger Aneinanderreihen von Fakten
- Aktive Führung durch Berater mit Teilnahmemöglichkeiten für Kunden
Jeder einzelne Inhalt sollte dahingehend überprüft werden, ob diese Kriterien erfüllt werden.
Text
Text sollte stets in Form von Schlagworten verwenden werden. Fließtexte sind tödlich. Die Frage des Kunden: „Wo befinden Sie sich gerade im Text?“ darf zu keiner Zeit aufkommen! Neben dem gesprochenen Wort sollte man daher selbst in kurzen Texten optisch gut sichtbar kennzeichnen, wo man sich gerade befindet. Dies kann mit dem Mousepointer erfolgen, doch noch besser ist das Hervorheben mittels Whiteboard-Tools. Sollten längere Texte erforderlich sein (z.B. Produktdetails), so sollten diese als PDF-Download zur Verfügung gestellt und die Session ggf. bis zum Ende der Durchsicht unterbrochen werden.
Texte sind kurz zu halten und auf möglichst viele Folien zu verteilen. Der geschriebene Text ist lediglich ein visueller Anker für das gesprochene Wort! Bei Bulletpoint-Aufzählungen sollte der besprochene Punkt gut sichtbar mittels Whiteboardwerkzeugen hervorgehoben werden!
Text ist ein sehr wirksames Instrument, um Kunden aktiv einzubinden, besonders durch die Integration von Fragen. Einige Tools bieten sogar Polling-Funktionalitäten. Fragen können aber auch einfach so in die Folien integriert werden. Wie allgemein im Vertrieb gilt es jedoch, klare „ja/nein“-Fragen zu meiden. Fragen sind folglich so zu stellen, dass man Informationen vom Kunden erhält z.B.:
- „Wie haben Sie dieses Problem bislang gelöst?“.
- „Wie werden Sie dieses Thema zukünftig behandeln?“
- „Welche Aspekte sind für Sie bei dieser Aufgabe von besonderer Relevanz?“
Durch die Antwort lässt man den Kunden zu Wort kommen, dadurch bildet man wiederum eine gute Brücke für die individuelle Beratung. Die Äußerungen des Kunden können als Notiz fixiert und mit der Session gespeichert werden.
Bei Webpräsentationssystemen sollten auf die Existenz einer Notiz-Funktion geachtet werden (gelber Kasten rechts). Mit Notizen kann jede Äußerung des Kunden direkt in die Präsentation kontextspezifisch integriert werden. Der Kunde erkennt: „Meine Hinweise sind berücksichtigt!“ Ähnlich ist die Kommentar-Funktion (unterer Bildrand). Der Kommentareintrag ist i.d.R. nicht für den Kunden sichtbar. Hier können z.B. interne folienspezifische Anmerkungen zum Gesprächsverlauf integriert und mit der Session gespeichert werden. Eine entsprechende Funktion ist insbesondere bei mehrstufigen Sessions sinnvoll.
Bild
Bilder sind grundsätzlich gut für Webpräsentationen geeignet – vorausgesetzt, dass man sie nicht über längere Zeit „statisch herumstehen“ lässt. Zu lebendigen Präsentations-Inhalten werden sie insbesondere durch den Einsatz von Zoom, Drag and Drop oder Whiteboard. Beachtet werden sollte zudem die Motivauswahl: Bloße Marketing-Bilder sind häufig zu stilisiert und für den Dialog wenig geeignet. Ideal ist authentisches Bildmaterial. Ebenso gut verwendbar sind Pläne, Schaubilder und Übersichten.
Im Hinblick auf die Zoomfunktion gilt: Die Auflösung sollte so gewählt sein, das ein Bild ohne Qualitätsverlust ein- und ausgezoomt werden kann. Das erhöht zwar die Datenmenge, aber der Präsentationseffekt ist erheblich besser.
Video/Audio/Webcam
Ein Grenzfall ist das Video: In der Regel kann es nicht gut durch den Berater präsentiert werden – es präsentiert sich vielmehr selbst! Noch schwieriger ist es bei Audio-Files – für vertriebliche Webpräsentationen sind beide Medien deshalb in der Regel ungeeignet, es sei denn, das sie das Produkt sind, das es zu erklären gilt (z.B. bei Werbeformaten ein Video-Ad).
Als Faustformel sollte man sich merken: Alle Medien, die den Berater zum passiven Statisten machen, sind absolut zu vermeiden!
Ein ebenfalls kritischer Punkt ist der Einsatz der Webcam. Anbieter von Webpräsentationssystemen werben zwar gerade mit diesem Feature. Der Nutzen mag auch bei Videokonferenzen elementar sein. Bei vertrieblichen Webpräsentationen ist hingegen Zurückhaltung geboten: Da weder Beleuchtung, noch Bildausschnitt und Übertragungsgeschwindigkeit in guter Qualität garantiert werden können, sollte eine Webcam nur dann verwendet werden, wenn sie unbedingt erforderlich ist, z.B. dann wenn Produkte live über die Webcam präsentiert werden müssen. Statt einem Live-Bild sollte man vielmehr eine Folie mit der persönlichen Vorstellung und einem guten Foto des präsentierenden Beraters integrieren.
Bei dieser Folie sollte man die Zielsetzung genau beachten: Es muss einerseits die Kompetenz der Person zum Ausdruck kommen – aber noch wichtiger: Die Vertrauenswürdigkeit! Anhand der Folie wird im Zweifel entschieden: „Will ich etwas von dieser Person kaufen?“ Wenn die Präsentation eine Vorstufe zum persönlichen Treffen ist: „Will ich diese Person zu mir einladen?“ Es sollten neben einem guten Foto durchaus auch Hobbies und persönliche Informationen integriert werden. Gleiches gilt für Netzwerk-Links z.B. zu XING.
Für Kunden gilt: Auch diese legen nur selten Wert darauf, über die Webcam in Erscheinung zu treten. Im Gegenteil: Soweit sie über eine Webcam verfügen ist es gleichwohl vielen Kunden unangenehm. Diese Bedenken sollte man gar nicht erst aufkommen lassen.
Kunden-Inhalte
Jede vertriebliche Webpräsentation erfordert ausführliches Feedback des Kunden. Das gilt vor allem für Produkte, die an individuelle Kundenbedürfnisse angepasst werden müssen. Erst wenn man die Besonderheiten des Kunden kennt, kann man ihn tatsächlich beraten. Inhalte von Kunden (z.B. Powerpoint-Präsentationen, Bilder, Raum-Pläne) geben häufig wichtige Hinweise für die Beratung. Im Vertrieb ist es deshalb sinnvoll, den Kunden insbesondere im Rahmen einer mehrstufigen Session um Material zu bitten, das man in die Webpräsentation einbinden kann. Dies wird meist vorab per E-Mail erfolgen. Je nach System und Inhalt ist aber auch zur Laufzeit der Upload von Kundeninhalten möglich und sinnvoll.
Interaktive Inhalte
Kundenfeedback sollte aber vor allem durch Verwendung interaktiver Elemente erfolgen. Für Webpräsentationen sollte man zwei Arten interaktiver Inhalte unterscheiden.
für Kunden |
für Berater |
|
Mousepointer |
wichtig |
sehr wichtig |
Schieberegler/Checkboxen |
gut geeignet |
hilfreich und anschaulich |
Whiteboard |
nützlich |
sehr wichtig |
Mindmap |
passive Nutzung zu empfehlen |
wichtig |
Polling |
geeignet bei einfachem Feedback |
nützlich |
Chat |
wenig Relevanz |
wenig Relevanz |
Notizen und Kommentare |
Mitwirkung ist sinnvoll |
sehr wichtig |
Formulare/Simulation/ Konfigurator/Kalkulatoren |
Mitwirkung ist sinnvoll |
wichtig |
Die erste Gruppe von interaktiven Inhalten dient dazu, den Kunden selbst eine Aktion ausführen zu lassen. Bei Mousepointern ist dies absolut unproblematisch. Auch Schieberegler und Checkboxen eignen sich gut, damit der User diese Elemente ad hoc ohne weitere Erläuterung selbst bedienen kann. Komplexere Tools wie Whiteboard, Mindmap etc. haben jedoch häufig erklärungsbedürftige Bedienelemente. Der in der Benutzung routinierte Berater sollte bei diesen Tools lediglich nach den Wünschen des Kunden fragen, die Tools aber selbst bedienen.
Eine nicht zu unterschätzende Problematik ist das permanente „Herumspielen“ des Kunden mit interaktiven Elementen wie z.B. dem Whiteboard. Wer Kunden zuviel Freiraum für das ziellose Ausprobieren interaktiver Tools gibt, verliert schnell die Kontrolle über eine Session! Die aus den Mitwirkungsmöglichkeiten resultierende Frage lautet daher: Welche Administrator- bzw. Mitwirkungsrechte sollte man einem noch unbekannten Kunden in Webpräsentationen einräumen? Die Antwort lautet: Anfangs so wenig wie möglich! Die Rechte sollten aber zur Laufzeit stufenweise erweitert werden – nachdem man ein Gefühl für den Kunden entwickelt hat.
Wie bereits im ersten Teil dargestellt, besteht auch die Möglichkeit, den Kunden ganz am Anfang ein wenig interaktiv austoben zu lassen, zum Beispiel mit Google Maps oder anderen eingängigen Modulen. Ein solches „Warming Up“ muss aber auch alsbald sein Ende finden und in die eigentliche Präsentation übergehen.
Ein echtes Highlight sind kollaborative Real-Time-Konfiguratoren: Mit ihnen können Produkte anschaulich individualisiert werden (z.B. Farbe, Aufschrift, Größe). In diesen Fällen darf und soll der Kunde natürlich Spaß an der Konfiguration haben!
Für fast alle interaktiven Inhalte kollaborativer Webpräsentationen gilt: Ihre Integration erfordert eine Programmier-Schnittstelle (API) des Präsentationstools im Hinblick auf die Synchronisationsbefehle. Es kann also nicht jeder beliebige Flash-Film für Real-Time-Präsentationen verwendet werden!
Vertragsschluss
Dort wo eine solche API vorhanden ist reichen die interaktiven Mitwirkungsmöglichkeiten bis hin zum kollaborativen Abschluss von Vertragen: Möglich sind interaktive Mengenbestimmung und die Eingabe persönlicher Daten, ja sogar die Abgabe einer Willenserklärung ist wie bei Shopsystemen umsetzbar. Durch Anbindung an Shopsysteme kann zudem in Echtzeit eine Verfügbarkeitsabfrage oder Lieferzeitprüfung erfolgen. Je nach Angebot und Tool kann also innerhalb einer Session auch „der Sack zu gemacht werden„.
Kollaborative Kalkulatoren (s.o.) ermöglichen zusammen mit interaktiven Formularen (s.u.) sogar den Abschluss eines Vertrags innerhalb der Webpräsentation. Die Geeignetheit ist natürlich vom Produkt abhängig.
Präsentationskonzept
Ein gutes Präsentationskonzept besitzt eine „Spannungskurve„, die sich in den Inhalten und den Mitwirkungsmöglichkeiten des Kunden ausdrückt: Zu Anfang sind insbesondere Charts und Folien zu verwenden, die wenig interaktive Mitwirkung des Kunden erfordern. Interaktiv heißt dabei: Die Mitwirkung erfolgt nicht mittels Maus oder Tastatur! Eine telefonische Mitwirkung ist dagegen zu jedem Zeitpunkt an anzustreben!
Mit fortgeschrittenem Verlauf einer Session sollte die interaktive Teilnahme des Kunden erhöht werden.
Die einzelnen Inhalte müssen serverseitig – ähnlich wie die Folien in einer Powerpointpräsentation – in einem Baukastensystem zusammen gestellt werden können. Dank Drag and Drop-Funktionalität sind viele Systeme sehr benutzerfreundlich, so dass auch eher ungeübte Vertriebsmitarbeiter in kurzer Zeit eigene Präsentationen zusammen stellen können.
Verschiedene Systeme bieten die Möglichkeit, per Drag and Drop Präsentationen individuell zusammen zu stellen.
Üben, üben, üben!
Sobald die Präsentation zusammengestellt ist, heißt es: Anwenden und umsetzen! Zwar verfügen viele Vertriebsprofis über langjährige Telefon-Erfahrung – die Durchführung einer Webpräsentation ist jedoch etwas anderes: Es gilt ein Gefühl für die Abstimmung von Sprache und interaktiven Hilfsmitteln zu entwickeln. Gleiches gilt für die Beteiligung des Kunden und die zeitliche Aufteilung der Session – beides Aspekte der „persönlichen Präsentations-Handschrift„. Am besten übt man am Anfang mit Kollegen und Bekannten. Sobald man sich sicher fühlt, gilt es, mit der eigentlichen Akquise zu beginnen.
Fazit und Ausblick
Serverbasierte Webpräsentationen sind praxisbewährte Hilfsmittel für den Vertrieb. Der Einsatzbereich reicht von der Präsentation erklärungsbedürftiger Produkte bis hin zum Vertragsschluss.
Anders als beim E-Commerce wird der Vertrieb jedoch nicht durch vertriebliche Webpräsentationen/Instrument ersetzt – im Gegenteil: Seine Arbeit wird durch sie unterstützt und dadurch effizienter und erfolgreicher.
Bildquellen
- B2B Whitepaper: Pexels
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