Spektrum der Intranets: es wächst zusammen, was zusammen gehört


Farbwirkung Grün
Grün ist die Farbe der Natur und wird mit Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit assoziiert.

Anhand der Intranets von Nokia, Thomson Reuters und Aviva wurde deutlich, wie stark Intranets derzeit ihren Scope und Umfang erweitern. Das ist eine große Chance für die Unternehmen, die aber gleichzeitig das Risiko des Verlusts einer klaren Ausrichtung des Intranets in sich trägt. In allen drei vorgestellten Intranets wurde zur Adressierung dieses Problems der Integration ein hoher Stellenwert beigemessen.

Stephan Schillerwein war wieder Teilnehmer der Veranstaltung und fasst die Höhepunkte des Programms kurz zusammen (alle Screenshots wurden „live“ aufgenommen).

Der CIO fordert: ein neues Intranet in 100 Tagen

Als bei Aviva, einem der weltweit größten Versicherungsgesellschaften, ein Projekt für die Erneuerung des Intranets gestartet wurde, standen anspruchsvolle Vorgaben auf dem Plan: innerhalb von nur 100 Tagen sollte den rund 50.000 Mitarbeitern das neue Instrument zur Verfügung stehen. Dabei gestalteten sich auch die funktionalen Anforderungen umfangreich: ob Blogs, Foren, Collaborations-Anwendungen oder Yellow Pages – die Liste der Bedürfnisse war lang. Darüber hinaus standen auch konkrete Business Ziele auf dem Plan, allen voran die Förderung des Zusammenwachsens der bisher heterogenen Unternehmensteile zu einem gemeinsamen, globalen „One Brand“.

Das die Terminvorgabe trotz dieser herausfordernden Ausgangslage eingehalten werden konnte – und das Projekt dadurch wohl zur bisher schnellsten Umsetzung eines anspruchsvollen Intranets auf Basis von MOSS 2007 (SharePoint) wurde – schreiben die Verantwortlichen vor allem drei grundlegenden Faktoren zu:

  • Eine offene Kultur, die die Umsetzung von Änderungen aktiv unterstützt
  • Ein starkes Management, das eine unternehmensweite Zusammenarbeit über Bereichs- und Funktionsgrenzen hinweg aktiv fördert
  • Förderung von Web 2.0 durch die Unternehmensleitung, die die darin liegenden Potentiale für das Unternehmen erkannt hat und sich aktiv dafür einsetzen, um eine positive Veränderung des Unternehmens herbeizuführen.

Zwischen Startschuss und Launch des neuen Aviva Intranets lagen nur 100 Tage

Foren, die in Zeiten von Blogs und Wikis meist nur noch wenig Aufmerksamkeit geniessen, wird bei Aviva ein hoher Stellenwert als Medium zur Verbreitung von Ideen und Beantwortung von Fragen beigemessen. Dadurch konnten bereits klar belegbare Prozessbeschleunigungen beobachtet werden. So stellte zum Beispiel das Intranet-Team selber einen Post zur Generierung von Ideen zur Optimierung der „People Search“-Funktion in das Forum und erhielt innerhalb von nur zwei Tagen 40 qualifizierte Antworten. Früher dauerte ein solcher Prozess mehrere Wochen bis zum Vorliegen der Ergebnisse.

Einstieg in die Foren mit neuesten Posts und Suchfunktion

In Zeiten von Social Media ist auch für interne Anwendungen immer seltener die „perfekte Lösung“ gefragt. Werden die Mitarbeiter dazu befähigt, Teil der Lösung zu werden, dann entwickeln sie das Medium selber weiter.

Bei Aviva ist das beispielsweise dadurch geschehen, dass ein Mitarbeiter in Eigeninitiative eine neue Einstiegsseite für den Blog-Bereich des Intranets erstellte und dem Projektteam zur Verfügung stellte. Dadurch konnte die Übersicht über die existierenden Blogs und neuesten Postings verbessert werden. Tanya Williams, Knowledge Management & Collaboration Lead bei Aviva ist überzeugt: „Wenn man Mitarbeitern die Möglichkeiten dazu gibt, sind sie zu ungeahnter Kreativität fähig.“

Nach diesem dynamischen Start warten bereits die nächsten Herausforderungen auf das Team:

  • Einführung der Mehrsprachigkeit mit insgesamt 12 Landessprachen. Dies stellt in SharePoint nach wie vor eine Schwierigkeit dar und Aviva arbeitet mit Microsoft an einer gemeinsamen Lösung
  • Erhöhung der Performance des komplett extern gehosteten Intranets
  • Planung des Umstiegs auf MOSS 2010. Heute werden einige Funktionen noch über Systeme von Drittanbietern gelöst, so zum Beispiel das Tagging von Content. Die aktuelle „Wartehaltung“ wirft immer wieder die Frage auf, ob ein heute ungelöstes Bedürfnis beispielsweise noch über eine Eigenentwicklung adressiert werden soll oder ob damit auf die nächste Version der SharePoint-Plattform gewartet werden soll.

Gewusst wer: erste Erfahrungen mit dem „Colleague Finder“ bei Thomson Reuters

Der Zusammenschluss von Reuters und Thomson zu Thomson Reuters stellte das neue Unternehmen vor die Herausforderung, dass schnellstmöglich ein Weg geschaffen werden sollte, um die Mitarbeiter aktiv und bedarfsgerecht miteinander zu vernetzen. Denn woher sollte ein ehemaliger Reuters-Mitarbeiter beispielsweise wissen, wer bei Thomson über bestimmte Skills verfügt, die für ein Projekt benötigt werden.

Die Lösung für dieses Problem nennt sich „Colleague Finder“ und wurde nur zwei Wochen vor der Präsentation bei Intranets Live gelauncht.

Aufgeräumt und mit persönlichem Touch: dem Finden von Ansprechpartnern wird bei Thomson Reuters eine hohe Bedeutung beigemessen

Die Einführung des im eigenen Hause realisierten Tools wurde von einer Reihe unterstützender Maßnahmen begleitet. So konnte von Anfang an eine hohe Aufmerksamkeit und Akzeptanz für diese wichtige neue Anwendung geschaffen werden. So zum Beispiel durch:

  • Content Feeding (Vorbefüllen von Profilinformationen vor dem Launch)
  • Networking mit vielen der zukünftigen Anwendern
  • Kommunikationskampagne (die auch einen Video-Beitrag zur Bedeutung des „Colleague Finders“ für das Unternehmen durch den CEO beinhaltete
  • Ambassador-Programm mit ca. 100 Mitarbeitern, die unternehmensweit in ihren jeweiligen Bereichen für die Förderung und Verbreitung des „Colleague Finders“ mobilisiert wurden

Dank dieser Maßnahmen konnte gleich nach dem Start bereits eine zufriedenstellende Beteiligung der Mitarbeiter beim Ausfüllen der eigenen Profile beobachtet werden.

Die Programm-Managerin für das Enterprise Portal, Cheryl Lesser, äußert sich zufrieden über die Erfahrungen der ersten 14 Tage seit dem Launch: „Es haben sich bereits über 600 Gruppen mit mehr als 7.000 Mitgliedern gebildet – und das obwohl einige Funktionen, die wir den Gruppen zur Verfügung stellen wollen, noch gar nicht verfügbar sind.“

So ist geplant, dass Email-Listen und Microblogging-Funktionen den laufenden Austausch und die Kommunikation in den Gruppen fördern sollen.

Zentral für das Auffinden von Personen und Gruppen sind die überall im Colleague Finder verfügbaren „Tags“. Damit können Profile und Gruppen mit beschreibenden Schlüsselwörtern versehen werden. Dadurch wird die themenbezogene Findbarkeit über Suche oder Tag-Navigation ermöglicht.

Vorschlagsfunktionen, die direkt beim Tippen eines Tags angezeigt werden („auto complete“ bzw. „type ahead“) helfen dabei, dass bei den verwendeten Tags kein Chaos ausbricht. Zusätzlich wird die Tag-Library (die alle verwendeten Tags enthält) wöchentlich von einer zentralen Stelle geprüft und optimiert (z.B. Schreibfehler behoben und inhaltlich gleiche Tags zusammengeführt). Dieser Prozess ist wichtig, aber zeitaufwendig, sodass man sich bei Thomson Reuters derzeit auf solche Tags beschränkt, die mindestens von 20 Mitarbeitern vergeben wurden.

Die Mitarbeiter werden bei der Vergabe von Tags für ihre Profile durch automatische Vorschläge unterstützt

Ein Klick auf einen Tag zeigt alle anderen Mitarbeiter, die diesen Tag ebenfalls in ihrem Profil verwenden sowie Gruppen, die den Tag in ihrer Beschreibung vergeben haben. So lassen sich einfach Mitarbeiter und Gruppen mit ähnlichen Interessen und Themengebieten finden.

Organisch gesteuerte Informationsflüsse bei Nokia

Der erfolgreiche Einsatz von Social Media führt unweigerlich zu einer Zunahme der Informationsmenge. Wie kann diese gesteuert werden, damit die Mitarbeiter nicht von dieser erneut angestiegenen Informationsflut erschlagen werden?

Bei Nokia setzt man zu diesem Zweck darauf, „Informationsflüsse organisch statt hierarchisch zu steuern“, wie Molly Schonthal, Benchmarking Lead bei Nokia, erläutert. Dafür werden verschiedene Aktivitäten der Benutzer ausgewertet und für die Inhaltslenkung verwendet. So werden in der Blog Community „Blog Hub“ beispielsweise die besten Ratings, die am häufigsten kommentierten Posts oder die aktivsten Kommentarschreiber als Kritieren für die Promotion von Inhalten herangezogen:

Die linke Spalte der Blog-Einstiegsseite dient zum Hervorheben von populären Inhalten

Damit dreht sich der Informationsfluss stärker um Personen, die einem Inhalt bspw. durch einen Kommentar ein Gewicht geben und somit als Informationsfilter für andere Benutzer fungieren. Auch dadurch werden wieder Anknüpfungspunkte zum Vernetzen von Mitarbeitern mit gemeinsamen Interessen geschaffen. Nokia aggregiert dazu alle Aktivitäten eines Benutzer, sodass man bspw. über einen Kommentar zu einer Übersicht der Aktivitäten einer Person im Intranet gelangt:

Transparenz wird bei Nokia groß geschrieben: alle Aktionen, die ein Mitarbeiter im Intranet durchführt, sind mit seinem Profil verlinkt

Lessons learned für Social Media im Intranet

Die Live Touren, aber auch die immer wieder aufkommenden Diskussionen unter den Gästen im virtuellen Studio, führten zur Herausbildung einiger unternehmens-übergreifend wichtiger Punkte, die beim Einsatz von Social Media berücksichtigt werden sollten:

  • Die verschiedenen „Rollen“, die ein Mensch einnimmt (z.B. Privatleben, hierarchische Position im Unternehmen, Funktion in einem Projekt etc.) lassen sich immer weniger voneinander trennen. Social Media muss dies berücksichtigen und dabei helfen Brücken, zu schlagen.
  • Starre, aufwendige Verbindungen zwischen Systemen sind in einer Zeit rasanter Veränderungen nicht mehr tragfähig. Lose, flexible Verbindungen treten an ihre Stelle, auch wenn sie manchmal nicht perfekt sind.
  • Die radikalen Veränderungen des Arbeitsumfeldes erfordern einen Zustand permanenter persönlicher Weiterentwicklung jedes einzelnen durch eigene Initiative.
  • Mobile Intranets werden nun endlich Realität: einerseits durch die Verfügbarkeit entsprechender Endgeräte, andererseits durch die neuen Anwendungen, die Intranets nun bereitstellen. So ist zum Beispiel Microblogging für den mobilen Einsatz prädestiniert.

Die nächste Episode: alles rund um SharePoint

Am 6. Oktober dreht sich bei Intranets Live alles um den Einsatz von MOSS als Intranet-Plattform. Neben Live Touren durch die Intranets von Hess und Scana sind mit Martin White und Jane McConnell prominente Intranet-Experten im Studio vertreten.

Weitere spannende Veranstaltungsrückblicke:

– Episode 9: Blogs statt News bei Adidas, Self-Service bei British Airways

– Episode 7/8: Content Branding, Wiki-Intranet und Portal Roadmap

– Episode 6: Suchprobleme auch im Intranet von Google?

– Episode 4: Werkzeugkasten bei Nokia und Knowledge Sharing bei der BBC

– Episode 3: Deloitte’s Social Network ‚D-Street‘

– Episode 1: Shell und Westminster Abbey bei Intranets Live

Bildquellen

Previous Designer nerven, Programmierer auch und Konzepter erst recht
Next Der große Parteien-Website-Test

No Comment

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 × drei =