Um diese Art von Problemen zu verhindern, ist es vor der Auswahl einer Content-Management-Lösung sinnvoll, ein detailliertes Pflichtenheft zu entwickeln, das als Basis für den Auswahl- und Einkaufsprozess dient. Im Rahmen einer Konzeptionsphase sollten sowohl technische, als auch inhaltliche Rahmenbedingungen definiert und verschriftlicht werden. Ein entsprechendes Dokument hilft so nicht nur bei der Auswahl der passenden Content-Management-Lösung, sondern bietet CMS-Anbietern auch eine Basis für die Erstellung verbindlicher Angebote und kann später als Vertragsbestandteil dienen.
Form und Aufbau eines Content Management Systems
Bei der Strukturierung eines CMS-Pflichtenheftes sind zwei Faktoren besonders wichtig: Präzision und Vergleichbarkeit entscheiden über den späteren Nutzen. Nur wenn Fragen und Anforderungen so definiert wurden, dass eindeutige Antworten möglich sind, können die Angebote der unterschiedlichen Hersteller miteinander verglichen werden.
Daher macht eine tabellenartige Strukturierung, jeweils mit Angaben zur Anforderung, Art der Anforderung (Soll, Muss, Kann) und einer Checkbox für den Anbieter (Anforderung wird erfüllt, wird nicht erfüllt) Sinn. Zudem sollte den Herstellern Platz für Kommentare und Anmerkungen eingeräumt werden.
Oft werden die gewünschten Funktionen und Features einfach in Listenform herunterdefiniert und unstrukturiert abgebildet. Hierbei wird zwischen Ja/Nein-Kriterien (Unterstützt das CMS MySQL 4.2.1?), Anforderungen (Das CMS muss unter dem Datenbanksystem MySQL 4.2.1 laufen) und Fragen (Welche Datenbanksysteme werden unterstützt?) hin und her gewechselt, was eine spätere Vergleichbarkeit und Bewertung der Antworten erschwert.
Content Management System Definition
Letztendlich sollte auf eine präzise Formulierung und einen allgemein verständlichen Sprachgebrauch geachtet werden: Fachbegriffe, die innerhalb einer Organisation oder eines Unternehmens eine bestimmte Bedeutung haben (z.B. Benutzerrolle), können durch den CMS-Anbieter anders interpretiert werden. Sinnvoll ist es daher, unklare Begriffe innerhalb eines anhängenden Glossars zu erläutern und auf dieses zu verweisen.
Sind Form und Aufbau des Pflichtenheftes festgelegt, so gilt es dieses sinnvoll zu gliedern. Hierbei sollten die im Folgenden dargestellten Absätze und Kategorien keinesfalls fehlen. Was den Umfang und die Anzahl der Kriterien betrifft, so hängt dies insbesondere vom Einsatzbereich des Content-Management-Systems und den Gegebenheiten (technische Rahmenbedingungen) ab. Ein Web-CMS für die Verwaltung einer kleinen Microsite muss weniger detailliert beschrieben werden, als eine Enterprise-Content-Management-Lösung, die innerhalb eines ganzen Unternehmens oder einer Firmengruppe eingeführt werden soll.
Allgemeine Rahmenbedingungen
Durch die Definition der allgemeinen Rahmenbedingungen sollte dem CMS-Hersteller ein Überblick über den Stand der Entwicklung seitens des Kunden, den strukturellen Anforderungen (Konstellation der Projektpartner) und der Redaktions- und Arbeitsstruktur geboten werden.
Eine allgemeine Beschreibung des Internet- oder Intranetprojektes, die Darstellung des Status-quo sowie die Festlegung von Zielen (z.B. Synergieeffekten), sollte Bestandteil dieser Einleitung sein. Auch ist es sinnvoll, hier bereits die Zahl und Art der zu verwaltenden Projekte, die Anzahl der Redakteure sowie ein grobes Mengengerüst (Anzahl von Seiten und Dokumente, Zugriffszahlen, Pageimpressions) zu nennen. Letztendlich sollte bereits in diesem Abschnitt erklärt werden, ob die Beschaffung des Content-Management-Systems in Form einer Kauf-Lizenz oder durch ein ASP-Modell (zur Miete) gewünscht ist.
Zusätzlich können in der Einleitung die unterschiedlichen Kriterienarten (Muss, Soll, Kann) sowie das Bewertungsschema (Welche Kriterien werden wie gewichtet) erklärt werden.
Technische Rahmenbedingungen
Bei der Definition der technischen Rahmenbedingungen gilt es so viele Anforderungen wie möglich festzulegen, um eine nahtlose Integration des Content-Management-Systems in die bestehende IT-Landschaft zu erreichen. Neben Server-Betriebssystem, dem gewünschten Datenbanksystem und den nutzbaren Scriptsprachen, sollten in diesem Abschnitt bestehende IT-Systeme und deren Schnittstellen beschrieben werden. Auch können vorhandene Hardware-Ressourcen definiert oder entsprechende Anforderungen abgefragt werden. Letztendlich sollten die vom CMS angebotenen Schnittstellen durch den Anbieter detailliert erläutert werden.
Zusätzlich sollte die Hard- und Software-Struktur seitens der Clients (Redaktionsarbeitsplätze) sowie mögliche Einschränkungen beschrieben werden. Liegt beispielsweise eine Linux- oder MacOS-basierte Struktur vor, so scheitern viele Content-Management-Systeme an dieser Herausforderung. Gleiches gilt für die Installationsmöglichkeit von Plug-Ins oder für Einschränkungen seitens der Browser und genutzten Versionen (Internet-Explorer, Mozilla).
Die wichtigsten technischen Rahmenbedingungen sollten als Muss-Kriterien definiert werden, da es einerseits für den CMS-Anbieter wenig Sinn macht, den Kriterienkatalog weiter auszufüllen und zudem ein späteres Auswahlverfahren verkompliziert.
Bedienung
Die Bedienungsfreundlichkeit einer Content-Management-Software ist in der Regel eine recht subjektive Empfindung. Erfahrene, computeraffine Anwender können sich schnell in die Bedienung neuer Software-Systeme einarbeiten. Ungeschulte Redakteure haben hingegen Schwierigkeiten mit komplexen Benutzeroberflächen und sollten daher in den Auswahlprozess mit einbezogen werden.
In diesem Abschnitt sollten daher anwenderrelevante Fakten, wie beispielsweise das Vorhandensein einer Online-Hilfe, die Darstellung von Fehlermeldungen, die verfügbaren Systemsprachen oder die Konfigurations- und Anpassungsmöglichkeiten der Benutzeroberfläche abgefragt werden.
Sinn macht es zudem Screenshots für wichtige und häufig genutzte Funktionen (z.B. Anlegen von Inhalten, Erstellen von Navigationspunkten, Hochladen von Bildern) abzufordern und diese als Bestandteil einer Anlage zu wünschen.
Funktionalität für die Content Management System Definition
Beim Funktionsumfang des Content-Management-Systems gilt es zwischen Nutzen und Kosten abzuwägen und gleichzeitig einen Blick auf kommende Herausforderungen zu haben. Auch auf dem Markt der Content-Management-Systeme ist die „eierlegende Wollmilchsau“ noch immer Utopie. Jedes Content-Management-System hat seine Stärken sowie Schwächen und natürlich seinen Preis. Viele Funktionen sind zudem reine Verkaufsgimmicks und funktionieren nur in gut vorbereiteten Präsentationen oder sind schlechtweg nicht alltagstauglich.
Daher sollte die Funktionswunschliste realistisch sein und bei der Erstellung stets ein Blick auf das Projektbudget geworfen werden. Wichtige Funktionen, beispielsweise eine Trennung von Layout und Inhalten, die Möglichkeit Inhalte über einen so genannten WYSIWYG-Editor (What you se eis what you get) zum Formatieren oder multimediale Inhalte im CMS abzulegen, bietet jede Content-Management-Lösung.
Weitergehende Funktionen, die den Redakteuren den Arbeitsalltag erleichtern, sollten gezielt ausgewählt und nicht willkürlich, frei nach dem Motto „das System muss alles können“ abgefordert werden. Auch sollte darauf geachtet werden, dass entsprechende Funktionen konfigurierbar und über ein Rechtesystem nur bestimmten Anwendern freigeschaltet werden können. Nichts überfordert einen Redakteur mehr und sorgt für Bedienungsfehler, als eine überladene Benutzeroberfläche mit Funktionen, die so gut wie nie genutzt werden.
Zudem muss bei Funktionalität klar zwischen Frontend- und Backendfunktionen unterschieden werden. Anforderungen wie Barrierefreiheit, Diskussionsforen oder eine Seite-Empfehlen-Funktion, können zwar vom Content-Management-System unterstützt werden, sind aber letztendlich Funktionen, die im Template, sprich im Frontend der Webseite, realisiert werden.
Anforderungen an die Templates
Daher empfiehlt sich bei der Auswahl des Content-Management-Systems auch auf die geplanten Funktionalitäten der Internet- oder Intranetseiten zu achten. Soll eine Webseite beispielsweise barrierefrei realisiert werden, so muss das CMS unter anderem in der Lage sein, validen HTML-Code zu erzeugen. Diese Funktion lässt sich klar als Kriterium definieren, wohingegen die Anforderung „Barrierefreiheit“ einen komplexen Aspekt der Konzeption und Entwicklung von Internetseiten darstellt.
Wichtiger sind flexible Script- und Templatesprachen, dokumentierte APIs (Programmierschnittstellen) und ein umfangreiches Netzwerk von Integrationspartnern, die bei der Entwicklung von Templates aktiv zur Seite stehen können.
Auch das Themengebiet der Suchfunktionalität betrifft im Wesentlichen das Frontend, sprich die Templates. Hier gilt es zu definieren, welche Funktionen das Content-Management-System standardmäßig bieten soll und welche Dokumententypen zu indizieren sind.
Dokumentation und Support
Letztendlich sollte besonderer Wert auf die Themen Dokumentation, Schulung, Support und Software-Pflege gelegt werden. Hier zeigt sich, ob das Content-Management-System professionell entwickelt ist. Auch kann eine Entwicklungsroadmap abgefragt werden, die bei kommerziellen CMS-Anbietern umfangreich sein und mindestens einen Blick von zwölf Monaten in die Zukunft erlauben sollte.
Beim Thema Support und Software-Pflege sollten konkrete Aufwandsangaben durch den CMS-Anbieter abgefragt werden. In der Regel basieren diese auf einem Prozentsatz der Lizenzkosten und werden jährlich abgerechnet. Auch Reaktionszeiten können hier definiert und bei kritischen Intranet-/Internet-Projekten als Muss-Kriterium festgelegt werden.
Anforderungen für komplexe Projekte
Die Definition des Content Management Systems:
Steigt der Komplexitätsgrad des geplanten Intra- oder Internetprojektes, so werden zwangsläufig weitergehende Funktionen seitens des Content-Management-Systems benötigt, die es zu definieren gilt. Hierzu zählen Möglichkeiten des Workflow-Managements, sprich Module, die es ermöglichen Arbeitsprozesse im CMS zu definieren und auszuführen. Auch die Themen Archivierung, Versionierung und Protokollierung sind für umfangreiche Projekte essentiell: Hier sollten Sicherheitsanforderungen, beispielsweise für eine revisionssichere Ablage der Daten, geklärt und verschriftlicht werden.
Letztendlich sollte das Thema Benutzer- und Rechtemanagement vorab durchleuchtet werden: Welche Benutzertypen und Rollen sind geplant? Wie sehen klassische Freigabeprozesse aus? Diese und ähnliche Fragen müssen intern beantwortet werden können und anschließend als Muss-Kriterien in das Pflichtenheft einfließen. Zusätzlich sollte definiert werden, ob bestehende Benutzerverzeichnisse (LDAP-Server, Active Directory) an das Content-Management-System anzubinden sind.
Mitwirkung aller Parteien notwendig
Bei der Erstellung eines umfangreichen Pflichtenheftes sollten Personen aus unterschiedlichen Abteilungen mitwirken. Neben klaren Parametern seitens der Technik, sind auch Einkauf (Lizenzbedingungen, Software-Pflege), die Redakteure und Anwender sowie das Marketing (Funktionalität im Frontend) gefragt. Oft macht es zudem Sinn, sich aktiv durch einen herstellerneutralen Berater oder einen in diesem Bereich erfahrenen Projektleiter unterstützten zu lassen. Die Fehlinvestition in ein Content-Management-System betrifft nicht nur die Lizenzkosten, sondern erfordert meist eine erneute Umsetzung des gesamten Projektes sowie hohen Migrationsaufwand.
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