Die Usability von Websites online zu testen hat viele Vorteile. Daher wird das häufig gemacht – die Nachteile sollte man bei der Auswertung aber nicht vergessen.
Onlinetests für Websites – Die Vorteile
Bei einem klassischen Usability Test sitzt ein Testleiter neben der Testperson, stellt ihr die Aufgaben, die sie auf der zu überprüfenden Site lösen soll und beobachtet. Bei einem Online-Usability-Test bekommen die Testpersonen einen Link und bearbeiten die Aufgaben online. Dabei wird aufgezeichnet, wie lange sie dafür brauchen, welche Seiten sie in welcher Reihenfolge ansehen und was sie anklicken. Meist füllen sie anschließend noch einen Fragebogen aus.
Manche Beratungsfirmen bieten Onlinetests über so genannte Online Panel an. Das sind Pools von Testpersonen, die sich via Internet generell zu Tests bereit erklärt haben und diese dann selbstständig online durchführen.
Ob über Online Panel oder mit handverlesenen Testpersonen – es gibt einige Vorteile, die für das Testen der Usability über das Web sprechen:
Onlinetests sind schnell
Zu Onlinetests müssen die Testpersonen nicht anreisen, und sie können alle gleichzeitig arbeiten.
Onlinetests sind flexibel
Jeder Teilnehmer kann den Test machen, wann und wo es ihm am besten passt.
Onlinetests sind leichter auszuwerten
Dadurch, dass nur die Daten aufgezeichnet werden (können), die auf dem Computer der Testpersonen anfallen, ist die Auswertung recht einfach. Alle Daten liegen in digitaler Form vor, eine manuelle Aufbereitung ist allenfalls nötig, wenn in Fragebögen Felder verwendet werden, in welche die Testpersonen frei formulierten Text eingeben können.
Bei einem klassischen Usability-Test muss der Testleiter seine Beobachtungen und Aufzeichnungen zusammenfassen; möglicherweise müssen auch noch Bildschirmaufzeichnungen oder Ton- und Videoaufnahmen der Testpersonen analysiert werden.
Onlinetests sind kostengünstig
Durch die oben angeführten Pluspunkte sind Onlinetests recht günstig zu haben.
Onlinetest sind repräsentativer
Bei einem Onlinetest spielt es für den Aufwand kaum eine Rolle, wie viele Leute daran teilnehmen. So kann man damit viel leichter eine größere Gruppe von Testpersonen einbeziehen.
Dadurch kann man beispielsweise mehr verschiedene Varianten eines Entwurfs gleichzeitig testen oder öfter Tests durchführen. Je mehr Testpersonen Sie befragen, desto repräsentativer werden die Aussagen, die Sie aus Ihrem Test ableiten.
Außerdem wohnen die Teilnehmer an klassischen Usability-Tests meist in der Nähe des Testlabors. Das kann die Ergebnisse verfälschen – dieses Problem entfällt bei Onlinetests weitgehend.
Onlinetests für Websites – Die Nachteile
Das alles klingt sehr verlockend. Dennoch gibt es einige Nachteile:
Onlinetests brauchen viel Vorbereitung
Klassische Usability-Tests können überall stattfinden. Im einfachsten Fall setzten sich Testperson und Testleiter zusammen vor einen Computer und machen den Test. So haben Sie zwar keine Blickverfolgung, keine Bildschirmaufzeichnung und keine Aufnahme der Kommentare, aber so lassen sich sehr schnell brauchbare Ergebnisse erzielen, was besonders in der frühen Entwicklung nützlich ist.
Für einen Onlinetest müssen Sie besonders sorgfältig planen. Gibt es technische Probleme, müssen Sie im schlimmsten Fall ganz von vorn beginnen und sich sogar neue Testpersonen suchen. Denn wenn diese beispielsweise die Aufgaben auf der Testsite gelöst haben, die Ergebnisse aber wegen einer Panne nicht aufgezeichnet wurden, kennen die Testpersonen die Site schon gut – sie kommen also als Teilnehmer einer Wiederholungsrunde nicht in Frage.
Onlinetests sind blind und taub
Viele wichtige Informationen finden Sie heraus, wenn Sie bei einem klassischen Usability-Test neben der Testperson sitzen und sie beobachten. Wann verzieht sie das Gesicht? Wann stöhnt sie auf, weil sie mit etwas nicht zurecht kommt? Wann flucht sie oder sagt begeistert „Wow!“?
Sie als Testleiter können in solchen Momenten nachfragen: „Was ärgert Sie?“ oder „Warum gefällt Ihnen diese Seite?“ Bei Onlinetests merken Sie nicht einmal, dass die Testpersonen emotional reagieren, von der Möglichkeit Nachzufragen ganz zu schweigen.
Gerade wenn sich eine Testperson mehrfach ärgert oder von mehreren Seiten beeindruckt ist, wird sie sich beim abschließenden Fragebogen wahrscheinlich nicht an alle Beobachtungen erinnern.
Onlinetests sind Usability-Fallen
Onlinetests sind besonders anfällig dafür, dass Sie nicht Usability-Probleme der getesteten Site, sondern solche des Tests selbst finden. Um das auszuschließen, sollten Sie einen klassischen Usability-Test mit dem Online-Test machen, bevor Sie diesen freischalten. So merken Sie rechtzeitig, wenn die Testpersonen Probleme bei der Arbeit mit dem Test haben, die nichts mit der getesteten Site zu tun haben.
Ein Beispiel: Wenn die Testpersonen beispielsweise das Feld übersehen, in das sie die Ergebnisse einer Aufgabe eintragen müssen, bekommen Sie lauter „Fehler“ für diese Aufgabe. Diese liegen in dem Fall aber nicht daran, dass die Aufgabe mit der Site so schwer zu beantworten ist, sondern nur daran, dass die Benutzer die Lösung nicht eintragen konnten.
Onlinetests sind unkontrolliert
Sie wissen nicht, was am Computer der Testpersonen passiert. Arbeiten sie konzentriert allein? Sind sie im Großraumbüro oder toben die Kinder hinter dem Rücken? Beantworten sie alle Fragen nacheinander, oder gehen sie dazwischen einen Kaffee trinken?
Onlinetests sind nicht direkt
Nach einem Test selbst ausgefüllte Fragebögen können keine Tests ersetzen, bei denen ein Betreuer neben der Testperson sitzt. Er kann nach Dingen fragen, die der Testperson gar nicht bewusst sind. Außerdem ist es normal, dass man kleinere Probleme schnell wieder vergisst und sie so nicht auf dem Fragebogen auftauchen. Schließlich kommt noch hinzu, dass die meisten Menschen Fragebögen tendenziell zu positiv ausfüllen. Sie entsprechen so dem sozialen Druck, den sie fühlen. Sie glauben mehr oder weniger bewusst, dass sich die Auftraggeber freuen, wenn das Testergebnis positiv ist. Direkte Beobachtung ist besser als jeder Fragebogen.
Klassische Usability-Tests über das Netz
Es gibt auch eine Variante von Onlinetests, die näher am klassischen Usability-Test ist: Dabei sitzt die Testperson am eigenen Schreibtisch und ist über eine Breitband-Internetverbindung sowie per Telefon mit dem Testleiter verbunden. Das ist technisch recht aufwändig, daher wird die Methode selten angewandt. Die Verbindung lässt sich über spezielle Dienstleister wie Webex.com herstellen. Dadurch können Sie mitverfolgen, was der Benutzer auf seinem Bildschirm macht. Das lässt sich auch aufzeichnen, ganz wie bei einem klassischen Usability-Test.
Fazit über Online Tests für Webseiten
Online-Tests eignen sich hervorragend, um mehrere Varianten einer Site schnell zu testen. Wird das häufiger gemacht und ist die Technik dafür etabliert, lohnt sich das durchaus.
Ich denke dennoch, dass man mit klassischen Usability-Tests immer einige Probleme entdeckt, die in einem Onlinetests nie zutage getreten wären. Deshalb ist eine Kombination sinnvoll: Gerade zu Anfang eines Projekts sind klassische Tests meiner Meinung nach besser geeignet, weil man die schwerwiegenden Probleme viel schneller findet. Ist die Site schon recht ausgereift und soll eine größere Menge von Testpersonen oder eine größere Zahl von Varianten getestet werden, können Onlinetests eine sinnvolle Ergänzung sein.
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