Märkte im Wandel durch Mobile und Social-Media


Wir schreiben das Jahr 1999. Damals von den meisten Unternehmen müde belächelt und als Übertreibung, Aufruf zur Anarchie und Science Fiction abgetan, erlangte das Cluetrain-Manifest jedoch immer mehr Aufmerksamkeit. Die Kernaussage des Manifestes lautete: „Märkte sind Gespräche. Wir sind keine Zielgruppen oder Endnutzer oder Konsumenten. Wir sind Menschen – und unser Einfluss entzieht sich eurem Zugriff.“

Damit proklamierten die Verfasser bereits vor über 10 Jahren, dass aufgrund der weltweiten Vernetzung aller Menschen die Grenzen zwischen Unternehmen und Zielgruppen zunehmend schwinden. Die einseitige Marketing-Kommunikation der Unternehmen verpufft zunehmend.

Verpasst man nun die Chance dieser Gespräche und des Dialogs mit den zunehmend emanzipierter werdenden Kunden und nimmt sie nicht ernst, wird man selbst nicht ernst genommen. Mit fatalen Folgen. Gerade jetzt in der heutigen, vernetzten Welt hat das Cluetrain-Manifest und wie jeder einzelne Kunde das Unternehmen sieht, eine besondere Aktualität.

Das Trichtermodell eines Kaufes

Schon vorher, als Begriffe wie Social-Media und Facebook überhaupt noch nicht existierten, haben viele Unternehmen die Macht der neuen Consumer schmerzhaft kennenlernen müssen. Sie haben die vernetzten Kunden unterschätzt, ignoriert oder nicht wahrgenommen. Die Klassiker sind dabei Intel mit ihrem fehlerhaft rechnenden Pentium Prozessoren oder auch Daimler Benz mit dem weltweit bekannten Elchtest.

Daimler hatte damals allerdings ein besseres Krisenmanagement und die bessere Öffentlichkeitsarbeit. Der Automobilhersteller war sehr besonnen und hatte die Möglichkeit erkannt, die negative öffentliche Meinung zum Image-Vorteil zu nutzen und Kritik als Chance zum authentischen Dialog mit dem Markt zu begreifen. Fehler wurden zugegeben. Aus ihnen wurde gelernt um dann glaubhaft ein überarbeitetes, noch besseres Produkt anzubieten. Mit Erfolg auf allen Ebenen der Markenkommunikation.

Dann kamen die ersten Blogs, RSS-Feed, das Web 2.0 und user-generated content, Facebook, Twitter und Co. und damit auch der Begriff „Social Media“. Berufsbezeichnungen wie „Social Marketing Manager“ entstanden. Die Unternehmen fingen an sich mit dem „neuen“ Markt zu beschäftigen. Allerdings ohne den Markt zu verstehen oder in der Lage zu sein, die Reaktionen aus dem Markt aufzunehmen und zu verarbeiten.

Consumer Decision Journey Modell

Ungeschickt werden Social Media-Plattformen lediglich als kostengünstige Advertising-Möglichkeit missbraucht und es wird weiter versucht, einseitige Kommunikation in einer vom Consumer geschaffenen, dialogbasierten Umgebung zu betreiben. Marketing-Versprechen werden nicht gehalten und wer Kritik an der Unternehmens-Kommunikation äußert, wird ignoriert, exekutiert und bestenfalls mundtot gemacht – aber wieder wehrt sich die Community in diesen Fällen kollektiv und vernichtend bei den Spielverderbern. Immerhin haben solche uneinsichtigen Unternehmen die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Community, denn viele Unternehmen werden vielfach gelangweilt von der Community ignoriert.

Wo stehen wir heute?

Heute nehmen Unternehmen die Auswirkungen der Entwicklungen im Internet und die weitergehende Vernetzung durch mobile Endgeräte ernster und suchen Ihr eigenes Potential und die bestmöglichste Strategie, um an diesen Kommunikations-Channels gewinnbringend teilzunehmen. Die meisten Unternehmen möchten allerdings immer noch ohne Konzept und Sinn „einfach nur dabei sein“.

Dies ist verständlich, denn außer Internet, Mobile, TV und Social-Media verlieren alle anderen Kommunikationskanäle immer mehr an Bedeutung.

Die Herausforderungen sind für alle Unternehmen gleich!

 Technische Sicht

Aufwändiger Einsatz von IT-Systemen ist nötig um Kontrolle zu halten (Monitoring, Auswertung der Meinungen, Konversation, Publishing, Targeting, Personalisierung, etc.). Dem spricht jedoch folgendes entgegen:

  • Publishing-Divergenzen auf allen Ebenen der Ausgabe durch die stetige Zunahme an Ausgabekanälen, der Ausgabegeräte und der Ausgabeformen, die konsistent bedient werden müssen. Gerade in dem Bereich Social Media ist hier noch Optimierungsbedarf
  • Unvermögen und Fragmentierung bei den IT-Systemen bezüglich der Aufnahme und Verwertung von unstrukturierten Informationen aus dem authentischen, organisch entstandenen Social-Content. Einer kollektiven Intelligenz, die Ihre eigenen Kanäle sucht

Beides zusammen ist aber vor allem beim Social-Media-Marketing für eine dialogbasierte Kommunikation nötig. Alles muss zum Kontext des Nutzers und der jeweiligen Community passen, Möglichkeiten für Informationsrichtlinien bieten und authentisch bleiben. Gerade dieser Rückwärts- und Aufnahmekanal und die Informationsverwertung besteht noch aus unreifen Workflows mit enorm hohen Monitoring & Interaktionsbedarf.

Unternehmenskulturelle Sicht

  • Angst vor Kontrollverlust (negative Kritik) / Angst zu Teilen (Informationen, Wahrheit?)
  • Förderung von eigenverantwortlicheren Mitarbeitern als Schnittstelle zu Social Media
  • Bedarf an Regeln, Roadmaps, Social Media geschulten Mitarbeitern mit passender Tonalität
  • öffentliche Kommunikation in beide Richtungen
  • wenig Erfahrung und schnelle Entwicklung
  • Umdenken bei der Corporate Culture, der Corporate Behaviour und der Tonality
  • Umdenken bei der Unternehmensorganisation

Marketingsicht

  • Klassische Werbung wird zunehmend als Störung empfunden (störende Overlay-Bannerwerbung, störende Werbe-Intros bei Videocontent, etc.) und Verweigerungstechniken nehmen zu (Pop-Up-Blocker, Commercial-Free TV & Radio, HD-Rekorder)
  • Zunahme des sozialen Rauschens und Initiativen (Bürger setzen kollektiv Interessen bei Unternehmen und in der Weltpolitik durch)
  • Kunde ist Hybrid-User und nutzt diverse, nicht nachvollziehbare Kanäle zur Kaufentscheidung und beim Kauf
  • Grenzen und Hierarchien werden vom Benutzer gebrochen. Kommunikation und Meinungsaustausch finden schneller, unkomplizierter, persönlicher, authentischer und ohne soziale Hierarchien statt
  • Der emanzipierte Kunde informiert sich zunehmend selbst, glaubt der Werbung nicht und boykottiert bei erkannter Beeinflussung oder Unwahrheit
  • Kunden wollen zunehmend bei Inhalten und Werbung selbst aktiv werden und sich selbst verwirklichen. Kunden werden zunehmend Meinungsbildner ( Consumer wird zum Prosumer)
  • Kunde sozialisiert sich in Gruppen mit gleichen Bedürfnissen und gestaltet so selbst neue Marktplätze. In klassische Zielgruppen ordnet er sich weniger ein
  • Kunde ist vernetzt, liebt Leidenschaft und ist emotional – reziprok dazu sinkt jedoch die Aufmerksamkeitsspanne wenn Leidenschaft und Emotionalität seitens der Unternehmen fehlt / Kunde will sofort bedient werden und das mit Enthusiasmus
  • Kunden vergleichen Marketingaussagen mit den tatsächlichen Handlungen der Unternehmen und informieren sich über Dritte. Er ist sozio-infogen und will authentisch behandelt werden
  • Zahlungsbereitschaft ist wohlüberlegt und mehr denn je nutzenorientiert

Zukunftsaussichten

  • Soziale Netze verbinden sich zu Social-Hubs / Die fest installierten Schnittstellen zu anderen Systemen und zu Endgeräten nehmen dabei zu
  • Kunden besitzen universelle Identitäten
  • Zunahme der Personalisierung in der Werbung / Je persönlicher desto effektiver
  • Einbindung von lokalen Informationen und lokalen Informationsdiensten
  • personalisierte Werbung erreicht die intimsten Bereiche durch gesteigerte soziodemografische Informationen über Kunden, durch Mobile Media und durch interaktives, digitales Fernsehen
  • Zusätzliche, hochkomplexe Anforderungen an IT-Systeme durch unterschiedlichsten bidirektionalen Content

 

Unternehmen müssen schnell Social-Media als eigenen und bidirektionalen Kommunikationskanal und als Teil der Corporate-Culture und der Corporate-Behaviour begreifen, der nicht isoliert werden kann.

Previous Open Source Firmen-Wikis - Die neue Generation
Next OpenCms im Überblick

No Comment

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

20 − 19 =