Flash bekommt in letzter Zeit ordentlich Gegenwind. Spätestens seit dem Erfolg von iPhone und iPad (die Flash ausdrücklich nicht unterstützen) hat sich herumgesprochen, dass das Format für Animationen und komplexe Anwendungen im Web ein Problem hat. Auf anderen Plattformen wie dem PlayBook von RIM (dem Blackberry-Hersteller) und auf Android laufen Flash-Anwendungen – doch leider oft nicht zufriedenstellend, weil die mobilen Prozessoren mit den gewaltigen Hardware-Anforderungen nicht zurechtkommen. Und auch die Technik von Adobe, Air-Anwendungen in iOS-Anwendungen umzuwandeln, macht Probleme. Selbst für einfache 2D-Animationen sind die Anforderungen an die Hardware enorm, wie der Technik-Blogger John Gruber von Daring Fireball am Beispiel des Spiels Machinarium feststellt.
Microsoft schickt Flash nach draußen
Auch Microsoft macht Adobe Ärger: Windows 8 führt mit dem Internet Explorer 10 eine Version namens „Metro“ ein, die ganz ohne PlugIns auskommt und HTML5 nutzt. Zwar kann der Nutzer zu einer herkömmlichen Variante des Browsers wechseln, unter der auch Flash läuft, voreingestellt soll aber Metro sein. Auch die Aussagen von Microsoft lassen darauf schließen, dass die Flash-Unterstützung als Auslaufmodell gesehen wird. Statt dessen will man JavaScript, HTML5, CSS3 und andere Webstandards voranbringen. Windows 8 wird voraussichtlich Mitte bis Ende 2012 auf den Markt kommen.
Nutzen von Flash
Gegen Flash ist generell nichts einzuwenden. Das Plug-In wird mit den meisten Browsern automatisch installiert, und daher können der Großteil der Web-Benutzer Flash-Inhalte anzeigen. Dennoch gibt es einige, die das nicht können. Zum Beispiel solche in größeren Firmen mit strikten Vorschriften zu erlaubter Software. Und auch mobile Geräte wie Smartphones und Tablets haben meist Probleme mit Flash. Der Anteil der Besucher, die Flash nicht nutzen können, schwankt je nach Zielgruppe stark, liegt aber meist zwischen 10 und 20 Prozent.
PC penetration (Quelle: www.adobe.com )
Und doch kommt Flash oft auf Webseiten zum Einsatz, obwohl man es eigentlich gar nicht braucht. Für animierte Banner, für einfachste Animationen oder sogar nur für die Anzeige von exotischen Schriftarten.
Auch die Stabilität, die Sicherheit und die Geschwindigkeit von Flash wird vor allem unter Mac OS und auf mobilen Geräten kritisiert. Das Flash-Plug-In ist hier für manchen Absturz und für manchen unnötig schnell leergelaufenen Akku verantwortlich. Trotzdem: Mit Flash lassen sich schöne aufwendige Animationen oder interaktive Anwendungen erstellen. Und gerade bei der Entwicklung von Spielen kann es punkten. Diese lassen sich derzeit noch mit Flash meist deutlich schneller erstellen als mit HTML5.
Damit Flash- und HTML5-Anwendungen durchsuchbar sind, man auf deren Inhalte Lesezeichen setzen kann und der Ausdruck vernünftig klappt, muss man das als Entwickler extra berücksichtigen. Auch der Zurück-Button funktioniert nicht immer so, wie erwartet.
Für HTML5 wie für Flash-Anwendungen gilt gleichermaßen: Sehen Sie solche nicht nur vor, weil sie Ihnen gefallen, oder Sie von den technischen Möglichkeiten begeistert sind. Es muss immer ein echter Mehrwert für Ihre Benutzer dabei sein.
Flash Video
Der häufigste Einsatzzweck für Flash ist derzeit Flash-Video. Youtube und andere Videoplattformen bieten Videos im .flv-Format an – wobei Youtube inzwischen parallel auch HTML5 nutzt. Dazu gibt es ein eigenes HTML-Element, video. Wie Sie selbst Video technisch am besten auf Ihren Seiten einbinden, das ändert sich leider ständig. Am besten informieren Sie sich oder Sie nehmen den einfachen Weg und laden Ihre Videos zu Youtube hoch und binden diese dann auf Ihren Seiten ein.
Bei benutzerfreun.de nutze ich übrigens das WordPress-Plugin Universal Video . Für dieses muss man Videos im Theora-Format und als MPEG4 erstellen. Diese werden dann als HTML5 eingebunden. Bei Browsern, die das nicht unterstützen, wird Flash zur Wiedergabe des MPEG4 verwendet. Man braucht also das Programm Flash nicht, um Videos für die Wiedergabe in Flash zu erstellen.
Alternativen zu Flash
Für Animationen kann man statt Flash in vielen Fällen HTML5, Javascript und CSS3 einsetzen (im Folgenden kurz als HTML5 bezeichnet). Mit HTML5 können wir Websites bauen, die schön gestaltet sind, Interaktivität bieten und dabei aus gut strukturiertem HTML bestehen. Das erleichtert das Erstellen, die Wartung und die korrekte Anzeige auch auf zukünftigen Browsern und Geräten. Die alternativen Technologien Silverlight (Microsoft) und Java konnten sich für interaktive Inhalte und Animationen dagegen nicht durchsetzen.
Tabelle: Vor- und Nachteile von Flash und HTML5, stark vereinfacht.
Ein Beispiel für eine interaktive Anwendung mit HTML5: Eine schicke Visualisierung von Twitter-Nachrichten ( canvas.9elements.com ).
Welches die Technik sein wird, die in Zukunft eingesetzt wird, ist Einschätzungssache. Ich glaube, dass Flash als PlugIn-Format mittelfristig verschwinden wird. Das Programm wird es aber vielleicht weiter geben – etwa, um HTML5-Inhalte zu erstellen. Das wäre nicht das Schlechteste, denn damit ließen sich die Vorteile der beiden Technologien verbinden. Erste Schritte in die Richtung gibt es schon. Wobei Adobe derzeit auf ein eigenes Programm zu setzen scheint.
Flash-Killer von Adobe?
Adobe arbeitet an einem Programm namens „Edge“ (so der vorläufige Codename). 2012 soll die endgültige Version des Programms erscheinen. In ihm kann man mit einer grafischen Benutzeroberfläche HTML5-Animationen erstellen, ganz ohne selbst Code schreiben zu müssen.
Das Programm setzt anders als Muse (HTML-Editor von Adobe, mit dem HTML-Seiten ohne HTML erstellt werden können. Die Beta-Version ist bis zum Erscheinen des entgültigen Produktes kostenlos.) nicht auf die Plattform Air und fühlt sich so nach einem echten Programm an.
Das Programm Edge von Adobe
Mir gefällt die Oberfläche, sie wirkt aufgeräumt und man findet sich auch ohne Handbuchlektüre schnell zurecht. (Vorausgesetzt, man hat schon einmal irgendein Programm verwendet, das mit einer Timeline für die Animation arbeitet.) Allerdings liegt die Übersichtlichkeit auch daran, dass Edge noch nicht allzu viele Funktionen bietet. Die Arbeit geht leicht von der Hand, und in wenigen Minuten bewegen sich die ersten Elemente im Browser.
Schön: Edge speichert nicht in einem eigenen Format, sondern direkt HTML-, CSS- und JavaScript-Dateien. Der exportierte Code ist sauber, allerdings packte Edge bei meinem Test den Fließtext mit in die JavaScript-Datei, statt in die HTML-Datei. Was zum Beispiel für die Sichtbarkeit in Suchmaschinen katastrophal ist. Aber vielleicht kann man das irgendwo ändern – ich habe nur eben schnell mal ein bisschen herumgespielt mit dem Programm. Außerdem ist es noch in der Beta-Phase, es kann sich bis nächstes Jahr zur fertigen Version noch Einiges ändern.
Fazit zu Edge
Das Programm hat Potenzial, und ich empfehle jedem, der derzeit noch Flash nutzt, um einfache Animationen zu erstellen, es sich näher anzusehen. (Bis die endgültige Version erscheint ist es kostenlos, und man kann auch produktiv damit arbeiten.) Allerdings wäre es für mich logischer gewesen, mit Flash einen ordentlichen HTML5-Export zu realisieren, anstatt hier mit einem neuen Programm ganz von vorn anzufangen. Das wäre sicher ein gewaltiges Projekt geworden und auch nicht ohne Risiken, insofern verstehe ich, warum Adobe das nicht gemacht hat.
Links
- interessanter Pro-Flash-Artikel (englisch) mit schönen Diagrammen aber nicht unstrittigen Daten. Bitte auch die Kommentare lesen! www.now.periscopic.com
- John Gruber über das Spiel Machinarium und die enormen Anforderungen von portierten Flash-/Air-Projekten unter iOS (englisch): www.daringfireball.net
- t3n zum geplanten Internet Explorer ohne Flash: www.t3n.de
- Bei den Adobe Labs kann man sich den HTML5-Animations-Editor Edge für Windows und Mac kostenlos herunterladen (bis die finale Version erscheint): www.labs.adobe.de
- Kurzbesprechung des schönen Programms Hype, mit dem man HTML5-Animationen ohne Programmierung erstellen kann: www.benutzerfreun.de
Anmerkung der Redaktion
Mittlerweile hat Adobe bekanntgegeben, das mobile Flash-Plugin einzustellen: Heise.de berichtet
Smartphone- und Tablet-Hersteller RIM (Research in Motion) setzt weiterhin auf den mobilen Flash-Player. RIM Blog
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