Schweizer Versicherung gewinnt Intranet Design Annual 2013
Mit dem Livegang des neuen Intranets hat für die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG ein neues Intranetzeitalter begonnen. Technisch und inhaltlich wurde das Intranet komplett überarbeitet mit dem Ziel, Usability sowie Nutzerfreundlichkeit deutlich zu verbessern. Die Nielsen Norman Group bestätigte dem Intranet jetzt mit dem „Intranet Design Annual 2013“ den Projekt-Erfolg.
Im Folgenden erläutert Björn Böller, Intranet Manager der Mobiliar und verantwortlich für die Gesamtkonzeption, Einblicke in den Projektablauf und das neue Intranet-Design.
Ziele des Intranet ReDesigns
Im Februar 2010 ist der Startschuss für das ReDesign-Projekt des Mobiliar-Intranets gefallen. Eigentlich war es viel mehr als ein ReDesign, den sowohl auf technischer wie auch auf fachlicher (Business) Seite blieb kein Stein auf dem anderen.
Eines der obersten Ziele war es, die Usability zu verbessern. Uns war aber auch das ganze Nutzungserlebnis, die sogenannte User Experience, ein sehr wichtiges Anliegen: Das „RedNet“ sollte nicht nur einfach bedienbar sein, es sollte bei der Nutzung auch „Spaß“ machen. Die vor wenigen Wochen verliehene Auszeichnung „Intranet Design Annual 2013 – The Year’s 10 Best Intranets“ der renommierten Nielsen Norman Group, ist sicher eine Bestätigung dafür, dass wir diesen Bereichen ein besonderes Augenmerk geschenkt haben.
Umso mehr freut uns auch die Aussage des Usability-Spezialisten Jakob Nielsen:
Abgesehen von der Usability und der User Experience lag der Fokus auf den folgenden Hauptthemen:
- Personalisierung & Individualisierung (weg vom Gießkannenprinzip): Wir fuhren im alten RedNet einen „one-size-fits-all“ Ansatz, d.h. alle Mitarbeitenden sahen die gleichen Informationen und News. Mit der zunehmenden Spezialisierung der Fachbereiche und der stetig wachsenden Informationsflut hatte dieser Ansatz keine Zukunft mehr. Zudem wurde die Startseite zusehends überfrachtet, da es keine Möglichkeit gab zielgruppengerecht Funktionen oder Informationen aufzuschalten.
- Suche: Wie wahrscheinlich in 95% aller Intranets waren auch bei uns die Mitarbeitenden latent unzufrieden mit der Suche – zu Recht. Dies lag aber nicht an der Technologie, sondern vielmehr an der Inhaltsqualität. Dies war nur ein Grund, warum im Projekt jeder einzelne Inhalt komplett überarbeitet und mit einer Taxonomie versehen wurde.
- Mitarbeiterkollaboration (Communities): Über Standorte und Stockwerke hinweg kollaborativ zusammenzuarbeiten, ist mit den gängigen Tools wie Outlook und Excel kaum sinnvoll möglich. Aus diesem Grund war die Einführung von Wiki & Co. eine wichtige Anforderung an unser neues Intranet. Zusammen mit dem Ausbau des Mitarbeiterprofils ist dies der erste Schritt hinsichtlich einem „Social Intranet“, zu welchem sich das RedNet in den kommenden Monaten und Jahren entwickeln soll.
Intranet-Konzeption und Projektvorgehen
In der Projektkonzeption bzw. beim der Anforderungsanalyse verfolgten wir den User-Centered Design Ansatz (UCD). Dies bedeutet, dass wir den Benutzer bei allen unsern Handlungen ins Zentrum stellten. Bei der benutzerorientierten Gestaltung gibt es verschiedene Ansätze, wir verfolgten den Ansatz nach ISO 9241-210. Der Prozess wird dabei in vier Phasen eingeteilt:
- Phase 1: Verstehen – Methodenbeispiel: Contextual Inquiry
- Phase 2: Konzipieren – Methodenbeispiel: Personas
- Phase 3: Design – Methodenbeispiel: Wireframes
- Phase 4: Evaluation – Methodenbeispiel: Usability Test
Im Gegensatz zum Wasserfallmodell muss nach dem Abschluss einer Phase nicht zwangsläufig die darauffolgende Phase sequentiell angegangen werden. UCD ist vielmehr ein iterativer Ansatz – bis zum finalen Design werden verschiedene Iterationen durchlaufen.
Mit der Software Balsamiq Mockup lassen sich Wireframes und Prototypen erstellen, die handgezeichnet aussehen – User sind in diesem Stadium kritischer und geben deshalb besseres Feedback ab als bei einem fixfertig ausgearbeitetem Screendesign
Als Veranschaulichung, hier wie das im RedNet-Projekt aussah:
- Iteration 1: Contextual Inquiry (Phase 1) – Personas (Phase 2) – Wireframes (Phase 3) – Usability Walkthrough (Phase 4)
- Iteration 2: Umfrage (Phase 2) – Low-Fidelity Prototyp (Phase 3) – Usability Test (Phase 4)
- Iteration 3: High-Fidelity Prototyp (Phase 3) – Usability Test (Phase 4)
- Iteration 4: Anpassungen High-Fidelity Prototyp (Phase 3) – Interface Design (Phase 3) – Usability Test (Phase 4)
Mit diesem Ansatz gelang es uns ganz genau, ins Unternehmen hinein zuhören und die gewonnen Erkenntnisse in brauchbare Funktionalitäten zu transferieren bzw. zu übersetzen.
Funktionen im neuen RedNet
Personalisierung & Individualisierung
Im neuen Rednet unterscheiden wir grundsätzlich zwischen Personalisierung und Individualisierung. Bei der Personalisierung werden auf Ebene von Mitarbeitergruppen (i.d.R. auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Organisationseinheit oder dem Arbeitsort) Voreinstellung vorgenommen. Es ist somit für einzelne Mitarbeitende nicht möglich, diese Defaulteinstellungen anzupassen – eine News beispielsweise sehen entweder alle oder niemand der Abteilung Marketing. Diese Informationen (Einstellungen) sind in über dreißig Profilen festgelegt.
Bei der Individualisierung hingegen hat jeder Mitarbeitende die Möglichkeit, für sich selbst Einstellungen vorzunehmen, beispielsweise ein Widget auf der Startseite zu platzieren oder einen Applikationen zu seinen persönlichen Favoriten hinzuzufügen.
Startseite «Mein RedNet». Diese ist in den Bereichen News, Widgets und Applikationen (Flyout links) für alle Mitarbeitenden personalisiert, auf die Zugehörigkeit zu einer Organisationseinheit oder Funktion. Widgets und Applikationen können zudem durch die User selbständig individualisiert werden, d.h. Widgets können platziert werden oder Applikation zum Flyout hinzugefügt werden.
Diese Unterteilung war für die Mobiliar wichtig, da man von Anfang an davon ausgegangen ist, dass nie alle Mitarbeitenden individuelle Einstellungen vornehmen möchten. Das Credo war stets allen Mitarbeitenden eine RedNet zur Verfügung zu stellen, mit dem sie nach dem Livegang sofort arbeiten können, egal ob sie dieses komplett oder gar nicht individualisiert haben. Natürlich hat man mit der Individualisierung einige weitere Vorteile, aber alleine mit der Personalsierung sollte das RedNet schon mit den grundsätzlichsten Funktionen „ausgestattet“ sein.
News
Es wird zwischen drei verschiedenen News-Bereichen unterschieden, die auf der RedNet-Startseite eingeblendet werden. Einige News werden automatisch bei allen Mitarbeitenden auf der RedNet-Homepage „Mein RedNet“ angezeigt. Andere werden je nach Fachbereich der Mitarbeitenden angezeigt oder können freiwillig abonniert werden.
Die News werden in drei Bereichen auf der Startseite dargestellt, diese grenzen sich auch rein optisch von einander ab.
Sämtliche verfügbaren News sind zudem in einem Archiv zentral aufgelistet. Zur Förderung des Dialogs können News von den Mitarbeitenden kommentiert oder bewertet werden.
- Mobiliar-News – In diesem Bereich werden unternehmensübergreifende Informationen angezeigt, die für alle Mitarbeitenden der Mobiliar relevant sind. Grundsätzlich ist dieser Bereich für alle Mitarbeitenden gleich, es ist jedoch zusätzlich möglich standortspezifisch News zu publizieren. Diese Pflicht-News können nicht abbestellt werden.
- News-Channels – Im News-Channel werden Mitteilungen eingeblendet, die fürs Tagesgeschäft relevant sind – je nach Organisationseinheit, der man angehört. Diese News werden automatisch angezeigt und können nicht abbestellt werden.
- Abonnierte News – Zusätzlich zu den vorgängig erwähnten Pflichtnews, die allen Mitarbeitenden standardmäßig eingeblendet werden, gibt es die Möglichkeit, weitere Meldungen zu abonnieren. Diese können aus sämtlichen existierenden News-Kanälen der Mobiliar ausgewählt werden. Dazu gehören z.B. News aus anderen Organisationseinheiten.
Flyouts
Flyouts sind die Funktionen am linken Bildschirmrand. Fährt man mit der Maus über diese Elemente, erscheint der vollständige Inhalt. Flyouts werden auf allen Seiten im RedNet permanent angezeigt.
Flyout «Mein Applikationen». Häufig benutzte Applikationen können auf einer zentralen Liste zu diesem Flyout hinzugefügt werden. Alle Mitarbeitenden starten mit einem „Grundsetup“ auf Grund Ihrer Funktion oder der Zugehörigkeit zu einer Organisationeinheit.
- Meine Favoriten – Unter „Meine Favoriten“ können alle Inhaltsseiten als Lesezeichen abgelegt werden. Favorisierte Seiten können an gleicher Stelle wieder entfernt, der Titel bearbeitet und die Reihenfolge verändert werden.
- Meine Applikationen – Je nach Organisationseinheit sind Applikationen, die man für die tägliche Arbeit benötigt, standardmäßig unter „Meine Applikationen“ erfasst. Zusätzlich können von jedem Mitarbeitenden weitere Applikationen hinzugefügt werden (über die alphabetische, thematische oder standortbezogene Auswahl). Klickt man auf eine zuvor hinzugefügte Applikation, so startet diese in einem neuen Fenster.
- Meine überwachten Seiten – Lässt man eine Seite überwachen, so erhält man im Flyout „Meine überwachten Seiten“ einen Hinweis, sobald es eine inhaltliche Änderung auf der Seite gibt
Widgets
Widgets sind „Verknüpfungen“ (Funktionen) auf der RedNet-Startseite, die den direkten Zugriff zu regelmäßig verwendeten Applikationen ermöglichen. Es gibt einerseits Widgets, die für alle Mitarbeitenden automatisch eingeblendet werden (z.B. Systemstatus). Andererseits sind weitere Widgets standardmäßig – je nach Fachbereich – auf der Startseite integriert. Und es können weitere Widgets auf der Startseite hinzugefügt werden (z.B. Fahrplan der SBB).
Mein RedNet organisieren
Hier können Mitarbeitende ihr persönliches RedNet organisieren und ihren Bedürfnissen anpassen. Es gibt die Möglichkeit, Spracheinstellungen vorzunehmen, das Profil einzurichten sowie Widgets, Favoriten, Channels, überwachte Seiten und Applikationen zu bearbeiten.
Mein RedNet organisieren – Mitarbeitende haben hier die Möglichkeit, sich eine individuelle Startseite zu erstellen
Mitarbeiterprofil
Zusätzlich zur Organigramm-Ansicht verfügen alle Mitarbeitenden über ein eigenes Mitarbeiterprofil mit Foto. Dieses kann mit weiteren Informationen wie den persönlichen Spezialgebieten oder der aktuellen Tätigkeit angereichert werden. Des Weiteren kann das persönliche XING- und/oder Linkedin-Profil verknüpft werden.
Communities
Communities (Collaboration Rooms) ermöglichen Gruppen von Mitarbeitenden den Austausch und die Zusammenarbeit. Sobald man einer Community angehört, wird dies im Bereich „Meine Communities“ angezeigt. Zusätzlich hat man die Möglichkeit, eigene Communities zu verfassen und weitere Mitarbeitende hinzuzufügen. Es wird zwischen Projekt-, Themen- und Organisations-Communities unterschieden.
Die Communities sind komplett an das Layout des restlichen RedNet angelehnt. Der User merkt durch die durchgängige Integration nicht, dass er sich eigentlich an einem „andern Ort“ befindet
Zudem hat jede Generalagentur im Bereich „Meine GA“ die Möglichkeit, mit den gleichen Community-Funktionen intern kollaborativ zusammenzuarbeiten. Funktionalitäten von Communities sind beispielsweise Blog, Wiki, Dokumenten-Upload, etc.
Suche
Die Suche im RedNet funktioniert mit automatischer Vervollständigung. Das heißt, dass bei der Eingabe des Suchbegriffs Vorschläge generiert werden – wie man das von Google bereits kennt. Dies gestaltet den Suchvorgang schneller und effizienter.
- Inhaltssuche – Die Suche erlaubt die gezielte Suche nach Themen, aus bestimmten Bereichen, und nach Formaten (Word, PDF etc.). Auf der linken Seite werden dynamische Kategorien angezeigt. Häufig verwendete Suchabfragen können von den Nutzern gespeichert werden. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, nach verwandten Themen zu suchen. Da auch alle Informationen aus den Mitarbeiterprofilen von der Suche indexiert werden, werden bei den Suchergebnissen gleichzeitig „Experten“ zum entsprechenden Suchbegriff angezeigt. So entsteht eine Verbindung zwischen Mitarbeitenden und Content.
- Mitarbeiter-Suche – Mitarbeitende können nach unterschiedlichen Kriterien (Name, Standort, E-Mail, U-Nummer etc.) gesucht werden.
Darstellung der Suchtreffer. Auf der linken Seite, sind die Kategorien der Faceted Search zu sehen. Auf der rechten Seite, sind die Ergebnisse aus der Mitarbeitersuche und die verwandten Suchtreffer zu sehen
Navigation/Informationsarchitektur
Fährt man mit der Maus über die Hauptnavigation, so öffnet sich ein großes Ausklappmenü. Dadurch werden die einzelnen Menüpunkte gut strukturiert und für den Benutzer übersichtlich dargestellt. Alle Inhalte wurden neu strukturiert und entsprechend der neuen Informationsarchitektur abgelegt und verortet. Durch einen sog. multidimensionalen Zugang ist es über verschiedene Wege (je nach Präferenz des Users) möglich, zu den einzelnen Bereichen und Informationen zu gelangen.
Technologie – Von Apache zu OpenText
Mitunter ein wichtiger Grund für das ReDesign-Projekt war die nicht mehr zukunftsfähige technische Infrastruktur. Das von der Apache Foundation stammende CMS Lenya sowie das darunterliegende Portal Cocoon hatten während mehreren Jahren bei der Mobiliar ihren Dienst getan, waren jedoch nicht mehr auf dem aktuellsten Releasestand. Eine größere „Revision“ wäre somit unbedingt nötig gewesen, um weiterhin zukunftsfähig zu bleiben. Da die darunterliegende technische Infrastruktur (Server) sowieso ihren Zenit überschritten hatte und kaum mehr wartbar war, hat man sich für einen kompletten Neuanfang entschieden, um den neuen und zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Nach einer mehrmonatigen Evaluation, die zusammen zwischen der IT (Berücksichtigung der IT-Strategie) und dem Business stattgefunden hat, hat sich die Mobiliar für das Produkt Website Management der Firma OpenText entschieden. Wobei hier noch zu erwähnen ist, dass die Ownerschaft des Intranets im Marketing (Fachbereich E-Services) liegt.
Im internen Evaluationsprozess wurden die verschiedensten Szenarien geprüft – natürlich stand auch bei uns das Thema Portal vs. CMS (oder beides) im Zentrum der Überlegungen. Schlussendlich ist der Entscheid aber in Richtung CMS gefallen, da die hohen Anforderungen aus redaktioneller Sicht, an alle Facetten des Managements von Content, überwiegten. Als Beispiel hierfür darf sicher die Erstellung eines neuen Widgets erwähnt werden. Dieses kann komplett im CMS erstellen und wie eine „normale“ Inhaltsseite publizieren werden – selbstverständlich versehen mit den nötigen Gruppenberechtigungen (Anbindung an das Active Directory).
Im Bereich Suche war schon seit einigen Jahren Microsoft FAST ESP bei der Mobiliar im Einsatz. Auf Grund der komplexen Anforderungen hinsichtlich „Faceted Search“ war der Einsatz von FAST nicht in Frage gestellt. Es werden nicht nur Intranet-Inhalte indexiert sondern auch Dokumente die aus einem File-Share stammen. Dem zu Grunde liegt eine zentrale Taxonomie, welche dafür sorgt, dass Inhalte egal welcher Herkunft in der Suchtrefferliste durchmischt (sortiert nach Relevanz) und facettiert (in Kategorien) dargestellt werden.
Für die Communities wurde ein weiteres Produkt der OpenText Palette eingesetzt, OpenText Social Communities (ehemals Vignette Collaboration). Die Communities sind komplett in das RedNet integriert, was für den User eine einheitliche User Experience (gleiches Look & Feel) bedeutet.
Fazit und Blick in die Zukunft
Nach einem herausfordernden und fast zweieinhalb Jahre dauernden Projektes ist mit dem Livegang des neuen RedNets ein neues Intranetzeitalter eingeläutet worden: Weg vom statischen Informationsmedium, hin zum personalisierten und individualisierten (Zusammen-) Arbeitsinstrument. Die Reise hat sich gelohnt, unsere Mitarbeitenden können sich gar nicht mehr an die alten Tage erinnern.
Kürzlich wurde ich gefragt, ob wir den nun am Ziel seien, da wir ja von der Nielsen Norman Group ausgezeichnet wurden. Ganz im Gegenteil habe ich erwidert, die Reise hat eigentlich erst so richtig angefangen: Nach fast einem Jahr im Betrieb haben wir nun die nötigen Anhaltspunkte um Feinjustierungen vorzunehmen und um die nächsten Schritte in Angriff zu nehmen. Die Themen sind vielfältig, das mobile RedNet und der weitere Ausbau hinsichtlich „Social Intranet“ sind nur zwei davon.
Die Screenshots dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG nicht kopiert, weiterverwendet oder reproduziert werden.
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