Die Normen – Teil 1


VDI-Richtlinie 5005 – Software-Ergonomie in der Bürokommunikation

Die Richtlinie der Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) verlangt diese Eigenschaften von einer Anwendung:

Kompetenzförderlichkeit
Das System soll den Benutzer fördern und ihm erlauben, den Umgang mit ihm leicht zu erlernen. Sein erworbenes Wissen soll er auch auf neue Aufgaben, die er mit dem System erledigt, übertragen können.

Handlungsflexibilität
Aufgaben sollen sich auf mehreren Wegen erledigen lassen. Je nach Erfahrung des Benutzers sollte es unterschiedliche Möglichkeiten anbieten – z.B. einen sehr schnellen für erfahrene Nutzer und einen mit viel Hilfestellung für Neulinge. Auch sollte die Arbeitsweise mit dem System gleich bleiben, wenn sich die Aufgabe ändert.

Aufgabenangemessenheit
Die Aufgabe muss sich rein technisch mit dem System durchführen lassen. Das sollte schnell und ohne Probleme möglich sein.

DIN EN ISO 9241 – Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten

Die mit Abstand wichtigste Norm für Websites ist die DIN EN ISO 9241. Sie besteht aus 17 Teilen, die, neben einer Einführung, Anforderungen an Tastaturen, Displays, die Arbeitsplatzgestaltung und die Arbeitsumgebung enthalten. Teile 10 bis 17 beschäftigen sich mit den für Software- und Website-Entwicklung bedeutendsten Punkten. Sie beschreiben eine benutzerfreundliche Anwendung mit folgenden Eigenschaften:

der Aufgabe angemessen
Die Anwendung soll das leisten, was der Benutzer von ihr erwartet. Dabei soll sie ihn unterstützen und schnell zum Ziel führen. Die eingesetzte Technik soll für den Nutzungsfall angemessen sein.

selbst beschreibend
Die Anwendung soll dem Benutzer deutlich machen, wie er sein Ziel erreicht. Klare Navigation und verständliche Anweisungen bei jedem Schritt sind dazu Voraussetzung.

steuerbar
Der Benutzer soll die Anwendung steuern, nicht umgekehrt. Das heißt, dass Animationen abgebrochen und erneut gestartet werden können, es immer einen Weg zurück gibt und bei Ton die Lautstärke reguliert werden kann.

erwartungskonform
Die Anwendung soll den Benutzer nicht überraschen. Konsistenz innerhalb der Anwendung ist daher Pflicht, aber auch die Berücksichtigung weit verbreiteter Konventionen.

fehlertolerant
Das System soll mit falschen Benutzereingaben umgehen können und bei Fehlern klare Rückmeldung geben. Der Korrekturaufwand für den Benutzer soll minimal sein.

individualisierbar
Der Benutzer soll die Möglichkeit haben, die Anwendung an sein Vorwissen bzw. an seine Vorlieben anzupassen. Üblicherweise wird das mit „Personalisierbarkeit“ bezeichnet, z.B. indem eine Website die Voreinstellungen bzw. Angaben des Benutzers speichert, so dass er sie beim nächsten Besuch nicht erneut eingeben muss.

lernförderlich
Die Anwendung soll den Benutzer dabei unterstützen, den Umgang mit ihr schrittweise zu erlernen.

Die Norm gibt keine konkrete Anleitung, wie die Gebrauchstauglichkeit geprüft werden kann. Deshalb hat die DATech (Deutsche Akkreditierungsstelle Technik e.V.) ein Handbuch dazu erstellt: das „DATech-Prüfhandbuch Gebrauchstauglichkeit – Leitfaden für die software-ergonomische Evaluierung von Software-Erzeugnissen auf der Grundlage von DIN EN ISO 9241, Teile 10 und 11“. Diese ist jedoch extrem umfangreich und für nicht-Geschulte kaum zu verwenden. Hilfestellung für alle, die nicht zu Experten werden möchten, gibt die Site von IBM.

Man kann die Gebrauchstauglichkeit von Anwendungen durch von DATech akkreditierte Prüflabors zertifizieren lassen, wovon bisher aber noch sehr wenige Unternehmen Gebrauch gemacht haben (v.a. öffentliche Verwaltung, Banken, Versicherungen).

DIN 66234 – Bildschirmarbeitsplätze, Grundsätze ergonomischer Dialoggestaltung

Die DIN 66234 wurde eingearbeitet in die gerade beschriebene DIN EN ISO 9241 und ist daher nicht mehr relevant.

ISO 14915 – Software-Ergonomie für Multimedia-Benutzungschnittstellen

Hierbei wird besonders eingegangen auf die Eigenheiten von Multimedia – also etwa die Besonderheiten beim Umgang mit Animationen, Film und Ton, was bei den Normen, die sich auf Büro-Software beziehen, naturgemäß nicht vorkommt. Es finden sich Gestaltungsgrundsätze, Rahmenbedingungen und Empfehlungen zur Kombination von Medien, zur Steuerung/Navigation und zur Gestaltung.

DIN EN ISO 13407 – Benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme

Diese Norm beschreibt, wie Software entwickelt werden sollte. Kernpunkt dabei ist die Beteiligung der zukünftigen Nutzer. Deren Erwartungen und Ziele müssen von Anfang an berücksichtigt werden, um ein benutzerfreundliches System erstellen zu können.

Die Sicherung der Benutzerfreundlichkeit bei der Softwareproduktion wird oft als „Usability-Engineering“ bezeichnet. Die Entwicklung soll „iterativ“ sein, das heißt, sie soll mehrere Zyklen von Test/Beurteilung und Verbesserung des Systems umfassen. Wie das genau realisiert wird, dazu macht die Norm keine Angaben. Das kann von einer einfachen Befragung weniger potenzieller Benutzer bis zu ausführlichen Usability-Tests mit Prototypen reichen.

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