Während sich die Gesellschaft und das Zusammenleben in jeglicher Hinsicht durch digitale Technologie und Smartphones verändert hat, kann die Paymentbranche bislang nicht mit dem Tempo der Veränderung schritthalten. Als 2011 die meisten Kreditkarten bereits über das Logo für kontaktloses Bezahlen verfügten, war Mobile Payment noch weit davon entfernt ein massentaugliches Zahlungsmittel zu sein.
Zu Mobile Payment werden alle Bezahlmethoden gezählt, die von einem mobilen Endgerät getätigt werden. Anstatt mit Bargeld, Kredit- oder Debitkarte zu zahlen, wird also ausschließlich das Smartphone gezückt. In Entwicklungsländern mit niedriger Bankfilialen- und Geldautomatendichte aber hoher Verbreitung von Smartphones, stellt dies eine enorme Erleichterung dar. Auch, weil es in diesen Ländern eine teils hohe Rate an Menschen ohne eigenem Bankkonto gibt. Eine Studie ergab, dass geschätzt die Hälfte der volljährigen Menschen weltweit „unbanked“ sind, also über kein Bankkonto verfügen.
Verzögerter Durchbruch und unrealistische Prognosen
Trotz der Vorteile und der mittlerweile zahlreichen komfortablen Möglichkeiten, konnte Mobile-Payment bisher entgegen der seit Jahren vorausgesagten Prognosen, nicht die zu erwartende Beliebtheit und Verbreitung erlangen.
Banken und Kreditkartenfirmen, die den Fortschritt im kontaktlosen Bezahlen kontinuierlich vorantreiben, sehen sich inzwischen jedoch in Konkurrenz zu den Großen Technologiefirmen. Apple, Google, Samsung und PayPal sind mit ihren Technologien zunehmend in der Lage, echte Wettbewerber in der Bezahlindustrie zu werden.
Neue Voraussagen (Allied Market Research) gehen nun davon aus, dass die weltweite Mobile-Payment-Branche bis 2022 die drei Billion US-Dollar Marke überschreiten wird. Die US-Amerikanische Forschungsfirma geht davon aus, dass der Fortschritt von der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsregion angeführt wird und die dominierenden Technologien weiterhin SMS- und Wireless Application Protocol (WAP)-basierte Bezahlsysteme sein werden. Auch die Anzahl der NFC (Near Field Communication) Bezahlmöglichkeiten sollen steigen. Brachenseitig, sieht die Studie die größten Potenziale im Transport- und Gastronomiewesen, während der Einzelhandel weiter der wichtigste Wachstumstreiber bleibt.
Sicherheitsbedenken
Ein Großteil der Konsumenten hat bislang noch starke bedenken, was die Sicherheit beim Bezahlvorgang mit dem Smartphone angeht. Und das, obwohl das Eintippen der Bezahlkarten-Pins zu den gravierendsten Sicherheitslücken im Bezahlvorgang gehört und Mobile Payment eine Möglichkeit ist, dies durch Technologie zu umgehen. Ein Grund, warum die Wachstumsprognosen des Sektors in den letzten Jahren nicht eintrafen, ist die mangelnde Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen zwischen Banken, Kreditkartenfirmen, Mobilfunkbetreibern und dem Gesetzgeber. Man war davon ausgegangen, dass die Parteien gemeinsam Sicherheitsstandards entwickeln, was bisher ausblieb.
Dennoch, während Internet-Betrugsfälle jeder Art, nicht nur bei Bezahlungen, immer schlimmer werden, ist die Betrugsrate bei kontaktlosen Bezahlen erwiesenermaßen immer noch sehr niedrig.
Schlusslicht Deutschland
Während es in anderen europäischen Ländern, vornehmlich Frankreich und Großbritannien, nicht an mobilen Bezahlmöglichkeiten und interessierten Nutzern mangelt, sieht das in Deutschland noch ganz anders aus. Nur vier Prozent der deutschen Mobilfunknutzern zahlen von Zeit zu Zeit ihre Einkäufe mit dem Smartphone und liegen damit im europäischen Vergleich weit zurück. Die zwei Hauptgründe für das fehlende Interesse sind zum einen Sicherheitsbedenken und zum anderen, dass die Konsumenten schlicht weg keinen wahrnehmbaren Zusatznutzen in der Bezahlmethode sehen. Ein weiterer Grund ist, dass fast 20% der Konsumenten nicht die technischen Voraussetzungen dazu haben.
Damit sich das Konzept durchsetzt müssen die Anbieter also zwei Dinge besonders herausstellen: Sicherheit und Nutzen für den Konsumenten.
Mehr Nutzen durch Treue- und Bonusprogramme
Die „Mobile Wallets“, die schon seit einiger Zeit auf den meisten mobilen Geräten verfügbar sind, ermöglichen das bequeme bezahlen mit zuvor hinterlegten Kredit- oder Debitkarten. Durch die mangelnde Integration von Geschenkkarten, Gutscheinen, Coupons, Treue- und Bonuskarten, konnte der virtuelle Gelbeutel den echten derweil nicht ersetzen.
Das ändert sich nun: Anbieter wie Apple Pay und Samsung Pay integrieren andere Bezahl-, Bonus- und Treuemechanismen in ihre bisherigen Angebote. Der Nutzen für die Konsumenten als auch für die Händler wird wesentlich höher sein und es wird sich lohnen, auf die alternative Bezahlmethode umzusteigen. Es müssen keine Bonus- und Gutscheinkarten mehr hergestellt, versendet und vom Konsumenten umhergetragen werden.
Wenn ein Käufer beispielsweise eine Bezahlung zu einem Teil mit einem Gutschein und zum anderen Teil mit seiner Kreditkarte tätigen will und darüber hinaus noch einen Rabattcode einlösen möchte, musste er bisher drei Karten einsetzen. Mit der Mobile-Wallet-Lösung wird die gesamte Transaktion mit einem Swipe getätigt. Die praktische Lösung mit zusätzlichem Nuten könnte von Konsumenten wesentlich schneller adaptiert werden als bisher, wenn die Händler ausreichen Anreize bieten. Schließlich profitieren nicht zuletzt sie davon, indem sie sich vermehrt auf einer digitalen Ebene mit ihren Kunden vernetzen können.
Starbucks ist ein beliebtes Beispiel dafür, die ihr Treueprogramm, Gutscheine und eine Bestell- und Bezahlfunktion in ihre Smartphone-App integriert haben und damit erfolgreich sind. Aber auch Samsung als Drittanbieter im Bezahlvorgang konnte die Zahl der Transaktionen seines Dienstes Samsung Pay fast verdoppeln, seit sie eigens ein Bonussystem eingeführt haben.
Fazit
Durch das verbesserte Einkauferlebnis und den Zusatznutzen durch die Integration der Bonusprogramme könnte man tatsächlich eine Verhaltensänderung bei den Konsumenten erzielen, was das mobile Bezahlen angeht.
Wenn es nach den früheren Prognosen der Branchen-Analysten geht, würden wir den Durchbruch des Mobile Payment aber schon längst im Rückspiegel betrachten. Nicht nur deshalb sind Prognosen zum Durchbruch mit Vorsicht zu genießen. Wenn man das Ziel allerdings als solches definiert, dass es eine beliebtere Option zum Bezahlen unter den Konsumenten ist, sind wir schon sehr nah dran und haben es in spätestens drei Jahren erreicht.
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Bildquellen
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