Digitales News-Publishing: Vermarktungswege abseits der eigenen Plattform


Zwischen 30 und 50 Prozent der Zugriffe auf Nachrichtenseiten kommen von mobilen Endgeräten. Mit diesem Trend verringert sich gleichzeitig die Anzahl der genutzten Quellen im Vergleich zum Desktop. 55% der Leser konzentrieren sich auf dem Smartphone auf eine einzige News-App. Man könnte auch sagen: Je kleiner der Bildschirm, desto höher ist die Konzentration auf die großen Medienhäuser.

In Deutschland, wo das regelmäßige Lesen der einen oder anderen Tageszeitung als eine Art Ausdruck der Persönlichkeit und Politischen Meinung gilt, ist diese Loyalität zu einzelnen Nachrichtenquellen besonders hoch. Umso schwieriger ist es für Nachrichtenverlage, neue Leser über die treue alte Leserschaft hinaus für sich zu gewinnen.

Unter der jungen Generation befindet sich die Art, Nachrichten zu konsumieren jedoch ohnehin in einem starken Wandel. Wie das Reuters Institute im Digital News Report 2016 konkludiert, wird der Konsum von Nachrichten über soziale Netzwerke und sogenannte Aggregatoren (auch Feedreader oder Newsreeder genannt) durch den Anstieg der mit dem Internet verbundenen Geräte immer beliebter. Der Report weist auch auf einen beispiellosen Umbruch in der Medienbrache hin, der die Geschäftsmodelle und Formate der Zeitungsverleger nachhaltig verändern wird. Geschuldet ist dies laut Report einer Kombination aus aufstrebenden sozialen Netzwerken, dem verstärkten Wechsel hin zu mobilen Geräten und der wachsenden Ablehnung von Online-Werbung durch die Leser.

Es gilt also ein Netzwerk aufzubauen, um den Nutzern eigene Inhalte da zur Verfügung zu stellen, wo sie sich am meisten aufhalten – auf den Plattformen der führenden Apps. Angebote wie Facebook‘s Instant Articles oder Apple News bieten den Content-Erstellern neue attraktive Formate. Dazu müssen die Unternehmen die Inhalte auf eine smarte Art und Weise eigens auf die jeweilige Anwendung zuschneiden. Das Ziel: Eine optimale Experience für die User schaffen, ohne dabei zu viel kostbare Zeit für die Content-Anpassung aufzuwenden.

Social Media

Die Hälfte der im Rahmen des Reuters Digital News Reports befragten Menschen gab an, wöchentlich soziale Medien als Quelle für Nachrichten zu nutzen. Für zwölf Prozent ist es sogar die Hauptquelle für Nachrichten – dabei ist Facebook allen um Weiten voraus. In der jüngeren Zielgruppe, wo Social Media das Fernsehen als präferierte Nachrichtenquelle erstmals überholt, ist diese Tendenz sogar noch stärker.

Facebook Instant Articles

Die Betreiber von Facebook-Seiten haben seit einiger Zeit die Möglichkeit, Medieninhalte direkt auf dem Sozialen Netzwerk zu Veröffentlichen. Personen, die der Seite folgen (Fans) können diese Inhalte direkt im Newsfeed der Facebook-App lesen, ohne auf eine Drittseite weitergeleitet zu werden. Die Inhalte sind also instant abrufbar. Der Vorteil für die Seitenbetreiber ist vor allem, dass die lästigen Ladezeiten deutlich reduziert werden und den Lesern somit eine erhebliche Hürde genommen wird. Leser sind längst nicht mehr ohne weiteres bereit, um die 10 Sekunden auf die Weiterleitung zur Hauptseite zu warten.

Die Vermarktung überlässt Facebook dabei den Publishern ohne Beteiligung, alternativ übernimmt das soziale Netzwerk das auch, streicht dann allerdings 30 Prozent der Werbeeinnahmen ein.

LinkedIn’s Pulse

Mit den neuen Publishing-Angeboten von Linkedin erfreut sich das Netzwerk auch über die Talentsuche hinaus zunehmender Beliebtheit. Mit rund 400 Millionen Nutzern weltweit ist das Publikum der Plattform zwar keiner als Facebook und co., das anspruchsvolle, vorwiegend B2B-orientierte Publikum ist aber durchaus interessant.
Mit Puls haben die Mitglieder die Möglichkeit, Inhalte direkt im Netzwerk zu publizieren und zu teilen. Das Format ist zwar derzeit nur für persönliche Profile zugänglich, es kann aber trotzdem interessant sein, Führungskräfte für sich sprechen zu lassen und so letztendlich Traffic auf der eigenen Medienplattform zu generieren. Da Pulse zum Influencer-Programm gehört, haben Autoren von Beiträgen die besonders gut ankommen die Chance, in den Influencer-Kreis aufgenommen zu werden, in dem mehr Reichweite und Sichtbarkeit zu erwarten ist.
Vorteil: Die Beiträge werden nicht nur von einem anspruchsvollen Publikum gesehen und bestenfalls geteilt, sondern sind auch für jeden anderen Interessenten im Netz auffindbar.

Snapchat‘s Discover

Beobachter sehen im neuen News-Format “Discover” von Snapchat bereits die Zukunft der Nachrichten. Das neue redaktionelle Angebot der Social-App, die bisher noch eine sehr junge aber nicht kleine Nutzerschaft aufweist, ist bestens auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten. Die News, die teils aus kurzen Texten aber auch aus Videos und Musik bestehen, können, wie man es von der persönlichen Nutzung der App gewohnt ist, durch Wischen und Tippen navigiert werden. Der Clou: Die sorgfältig redaktionell erarbeiteten Inhalte sind auf sechs pro Anbieter beschränkt und werden, getreu dem Motto der App, nach 24 Stunden automatisch gelöscht.
Die in der Regel weniger an Nachrichten interessierten Nutzer konsumieren so also überaus komprimiert und effizient nur die wichtigsten Inhalte, ohne sich vorher, wie in anderen sozialen Medien oder Pattformen, durch die Masse der Texte zu scrollen. Durch das „Ablaufdatum“ der begrenzten Inhalte haben die Nutzer erstmal das Gefühl, etwas „fertig“ konsumiert zu haben.

Newsreader aka. Feedreader aka. Aggregatoren

Zugegeben: Das Modell der News-Aggregatoren ist nicht neu. Angebote wie Feedly oder Flipboard erfreuen sich schon seit einiger Zeit großer Beliebtheit. Und das nicht ohne Grund.

Regelmäßig diverse Websites auf der Suche nach bestimmten News und Inhalten zu durchforsten ist mühsam. Bei der Nutzung einer einzigen Quelle ist hingegen nicht immer der aktuellste oder passende Beitrag enthalten. Die Aggregatoren vereinen die Inhalte mehrerer Websites und Medien in einer übersichtlichen Oberfläche. Sie reduzieren nicht nur die Zeit und den Aufwand, stets auf dem Laufenden zu bleiben, sie kreieren durch die Personalisierung und Einstellung der präferierten Themen ein persönliches kleines Nachrichtenangebot.

Es gibt unzählige Newsreader auf dem Markt, hier seien nur die wichtigsten aufgelistet.

Google News

Google News ist bereits seit 2003 in Deutschland verfügbar und ist eine automatische Zusammenstellung von Nachrichten aus mehr als 700 Quellen. Die Seite beinhaltet allerdings, abgesehen von kurzen Anreißern, keine eigentlichen Inhalte sondern lediglich Links zu den jeweiligen Nachrichtenportalen.

Um bei Google News gelistet zu werden, ist eine spezielle Registrierung notwendig, außerdem müssen gewisse Richtlinien eingehalten werden. Die Ergebnisse bei der Suche nach einem bestimmten Thema werden automatisch generiert, wobei sich die von Google berechnete Relevanz unter anderem aus der Anzahl der Aufrufe ergibt und ständig aktualisiert wird. So werden zu jedem Zeitpunkt die aktuellsten News gefunden. Optional kann das Suchergebnis personalisiert und Push-Benachrichtigungen (Google-Alterts) eingerichtet werden, hierfür ist eine Anmeldung mit einem Google-Konto erforderlich.

Einer der Hauptvorteile von Google News ist, dass Google als meistgenutzte Suchmaschine die jeweiligen Artikel bei entsprechender Relevanz auch in die allgemeinen Suchergebnisse integriert, so also die Chance besteht, besonders hohen Traffic auf die eigene Seite zu lenken.

Apple News

Apple News ist ähnlich wie Google News eine Aggregation von Nachrichteninhalten verschiedener Medienhäuser und derzeit nur in USA, Großbritannien und Australien verfügbar. Stellt man die Landeseinstellungen eines mobilen Apple-Geräts entsprechend um, taucht die App auch hierzulande auf. Im seit iOS 10 neuen Sperrbildschirm ist nun allerdings ein News-Widget verfügbar, das stets vier der aktuell wichtigsten Schlagzeilen unterschiedlicher Quellen anzeigt. Eine praktische, wenn auch sehr abgespeckte Version der eigentlichen App.

Apple News ist die zentrale Nachrichtenquelle für iOS Geräte und war zu Anfang nur für ausgewählte Verlage nutzbar. Inzwischen hat sich Apple für alle Verlage und auch Blogger geöffnet. Über eine Apple-News-API können Artikel veröffentlicht, aktualisiert und entfernt werden, außerdem sind entsprechende Plug-Ins für die CMS WordPress und Drupal verfügbar. Um auf Apple News publizieren zu könnten, ist eine Anmeldung als Publisher nötig. Zudem ist eine einmalige Freigabe durch Apple erforderlich. Die Monetarisierung kann optional vom Publisher selbst oder von Apple abgewickelt werden.

Flipboard

Flipboard ist ein Aggregator, der Inhalte aus sozialen Netzwerken, Nachrichtenseiten, Foto-Sharing-Seiten und anderen Websites aggregiert und in einer Art Magazin-Format präsentiert. Nutzer können einfach durch die Artikel, Bilder und Videos blättern (engl. flip) und diese auf eigenen Flipboards speichern. Der kostenlose Dienst kann entweder über einen Webbrowser, oder aber auch über eine App genutzt werden. Mit nach eigenen Angaben 90 Millionen aktiven Nutzern zählt der Dienst zu den größten seiner Art.

Feedly

Als Google 2013 seinen Dienst Google Reader einstellte, war der Aufschrei zunächst groß. Google begründete dies mit der Abwanderung auf soziale Netzwerke und der daraus resultierenden schrumpfenden Nutzerzahl. Feedly, ein Cloud-Dienst konnte damals einen Großteil der ehemaligen Leser für sich gewinnen. Feedly bietet (neben vielen anderen) Gratis-Apps für iOS und Android sowie Add-Ons für die Browser Chrome, Firefox und Safari an. Der Reader ermöglicht es, RSS- und Newsfeeds in vielen übersichtlichen Kategorien zu lesen. Diese werden wahlweise als Liste-, Magazin, Kachel- oder Volltextansicht dargestellt und bieten Filter-Einstellungen, die beispielsweise bereits gelesene Artikel automatisch ausblenden. Zudem lassen sich Artikel für später speichern und nach Wunsch auch in sozialen Netzwerken teilen.

Nutzer loben neben dem ansprechenden minimalistischen Design der Anwendung besonders die vielen Möglichkeiten der Personalisierung.

Die kostenpflichtige Premium-Version integriert eine umfangreiche Suchfunktion in den Dienst, und bringt Unterstützung für Evernote, Pocket, Buffer, Dropbox und weitere Dienste mit. Außerdem sollen Feeds deutlich schneller abgerufen werden als in der kostenlosen Variante. Die Premium-Version kostet entweder monatlich 5 $ oder jährlich 45 $.

Fazit

Die Omnichannel-Strategie ist für News-Verleger angesichts des Nutzungsverhaltens der Leser ein Muss. Neben der Distribution der Inhalte über Soziale Medien und News-Aggregatoren sollten auch Kanäle wie eigene Apps (die Push-Notifications ermöglichen), eigene Newsletter, Smartwatch-Apps und Apps für den SmartTV nicht außer Acht gelassen werden.

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Bildquellen

  • newspaper-machine: Contentpepper®
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