Die Anzahl digital veröffentlichter Publikationen nimmt weiterhin rasant zu. Verleger und Autoren sehen sich neuen Herausforderungen gegenüber gestellt, wie sie Lesern ihre Werke zugänglich machen können. Aber ist die reine Masse an Angeboten wirklich das Problem? Oder bietet die digitale Landschaft nicht enorme Potentiale in Bezug auf Reichweite und Abverkäufe?
Zu Beginn sollten zunächst die Begrifflichkeiten geklärt werden: Die Begriffe „Discovery“ und „Discoverability“ finden den Weg ins Deutsche oft als Synonyme und werden austauschbar benutzt. Dabei bezieht sich „Discovery“ im Verlagsumfeld auf den Moment, in dem ein Leser auf eine Publikation aufmerksam wird. „Discoverability“, oder Auffindbarkeit, bezieht sich auf den Aufwand des Marketings, einen Leser auf das richtige Buch aufmerksam zu machen.
Das Thema Discovery sollte heute eigentlich aus dem Fokus des Verlegers gerückt sein. Die meisten Leser haben eine lange Liste ungelesener Bücher auf ihren Ebook-Readern oder einen Stapel ungelesener Zeitungen auf dem Nachttisch. Es gibt viel zu lesen, und auch wenn wir die magischen Momente lieben, in denen wir einen Titel finden nach dem wir gar nicht gesucht haben, so sind wir doch gut beschäftigt mit Dingen, über die wir zufällig stoßen oder die uns von Freunden empfohlen wurden.
Discoverability allerdings stellt eine zunehmende Herausforderung für Verleger und Autoren dar. Letztes Jahr wurden alleine in den USA weit über 500.000 neue Bücher veröffentlicht. Nicht zuletzt hat der Trend des Self-Publishings hat dazu viel beigetragen. Auch E-Books haben einen nicht geringen Anteil an dieser Entwicklung. Bücher bleiben immer verfügbar – „wird nicht mehr gedruckt“ gibt es nicht mehr in diesem Raum.
Wenn der Leser nicht zu uns kommt, müssen wir unseren Content zum Leser bringen
Im klassischen Marketing-Trichter Awareness > Lead > Prospect > Sale, wird es also immer schwieriger, den Leser auf ein neues Werk aufmerksam zu machen. Das ist die Herausforderung, die sich im Wesentlichen an die Discoverability richtet. Wenn der Leser nicht zu uns kommt, müssen wir unseren Content zum Leser bringen.
Die Suche auf Google, Amazon oder Barnes & Noble ist dabei nicht die Lösung. Die meisten Leser suchen nach Autor oder Titel, kennen also schon das Werk (Discovery), das sie suchen. Lediglich die Suche nach einer bestimmten Kategorie stellt eine Ausnahme zur Regel dar. Leser finden immer was sie wollen. Die Herausforderung als Verleger oder Autor besteht darin, die richtigen Werke bereitzustellen und dabei permanent den benötigten Aufwand zu reduzieren.
Im Folgenden stellen wir drei wirksame Möglichkeiten vor, wie Verleger und Autoren die Discoverability kosteneffizient erhöhen können:
1) Metadaten
Verlage haben keinen Einfluss auf den Algorithmus der Suchmaschinen, sie können jedoch dazu beitragen die Chancen auf ein gutes Ranking zu erhöhen, indem sie produktrelevante und erweiterte Metadaten ihrer Werke so akkurat und detailliert wie möglich angeben.
Im Jahr 2013 wurden 50 % aller Print-Bücher und 90 % aller E-Books online entdeckt. Ob im Netz zu browsen, über Empfehlungen von Händlern oder über das eigene Social Media Netzwerk – die Wege zur Auffindung von Büchern findet über verschiedene Kanäle statt. Um genau diese „Online-Shopper“ abzuholen, sollten Verleger gezielt auf die richtige Nutzung von Metadaten Wert legen.
Eine große Chance für Verleger und Autoren liegt dabei in der Möglichkeit mehrere Zielgruppen anzusprechen. Während man gedruckte Bücher für eine bestimmte Käufergruppe marketingseitig optimiert, lassen sich online Bücher ohne Limitierungen an verschiedene Gruppen richten. Die Metadaten lassen sich beliebig so steuern, dass man möglichst viele Themen abdeckt, die Leser an einem Werk interessant finden können.
Eine zentrale Herausforderung in Zukunft wird es sein die richtigen Personalentscheidungen im Marketing zu treffen. Die präzise Steuerung der Metadaten erfordert Marketingexperten, welche die notwendige Recherche verstehen und erfolgreich umsetzen können. Welche Begriffe werden online von wem und wann gesucht? Wie lassen sich diese Erkenntnisse in Kundensegmente einteilen? Wie verhalten diese Leser sich online? Verleger brauchen Mitarbeiter im Marketing mit den richtigen Skills, um online die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Neben der Möglichkeit verschiedene Lesergruppen zu erreichen, bieten sich auch in der Gestaltung der Backlists neue Potentiale. Die Bücherregale online bieten unendlich viel Platz. Die Kombination aus endlosem Raum und den richtigen Metadaten gibt einem Buch eine längere „Lebensdauer“. Dabei sollte man bei der Pflege der Metadaten zum Beispiel darauf achten, ob Werke in der Backlist zu aktuellen Themen passen und man sie so aus aktuellem Anlass noch mal attraktiver nach außen bewerben kann.
Metadaten sollten als Basis für eine gute Discoverability verstanden werden. Ohne die richtigen Metadaten greifen alle anderen Online-Bemühungen fast ins Leere. Und eine zu niedrige Auffindbarkeit im Vergleich zur Konkurrenz spiegelt sich direkt in niedrigen Verkaufszahlen wider.
2) Inbound Marketing
Neben den Metadaten sollten Verleger für eine Verbesserung der Discoverability auf eine ausgereifte Inbound Strategie setzen. Das Ziel von Inbound Marketing ist es, Leser durch hochqualitativen Content über Suchmaschinen auf die eigene Website zu leiten und in Kontakt mit den Produkten zu bringen. Beispiele für Content sind Blog Posts, Calls-to-Action, Newsletters, Podcasts, Videos oder Social Media. Ist der Content zielgerichtet auf die Interessen der Leser abgestimmt, erzielen die Anbieter einen Pull-Effekt hin zu ihren Produktangeboten.
Neben dem eingesetzten Personal gilt es vor allem das richtige Tool zu nutzen. Inbound Marketing Kampagnen kann man mit einfachen Tools wie WordPress und Mailchimp umsetzen, oder mit ausgereifteren Lösungen wie die Inbound Marketing Software von Hubspot oder die Marketing Suite von Contentpepper.
Inbound Marketing verfolgt dabei den Ansatz den User nicht zu stören, sondern ihm durch guten Content zur richtigen Zeit am richtigen Ort einen attraktiven Mehrwert zu bieten. Aus potentiellen Kunden sollen durch die vier Schritte im Sales Funnel „Attract“, „Convert“, „Close“ und „Delight“ am Ende idealerweise Markenbotschafter werden, welche die eigenen Produkte an Dritte weiterempfehlen.
Für Verleger stellt die eigene Website ein wichtiges Tool im Direktvertrieb dar. Im Gegensatz zu Amazon oder Social Media Seiten, haben sie nur hier volle Kontrolle über Themen wie die SEO-Optimierung oder die Darstellung ihrer Inhalte. Inbound Marketing soll Leser auf die Seite holen, die Conversion Rate erhöhen und damit direkten Einfluss auf die Verkaufszahlen haben.
Darüber hinaus bietet sich Verlegern über diesen Weg auch die Möglichkeit eine direkte Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen. Typischerweise verkaufen Verleger ihre Werke an Großhändler, diese an die Händler, und die Händler haben den Direktkontakt zu den Kunden und damit die Hoheit über die Kundendaten. Da Daten und Kundenloyalität im digitalen Wettbewerb immer wichtiger werden, ist die Präsenz mit einer eigenen Website, optimiert mit Inbound-Taktiken, aktuell eines der wichtigsten Instrumente für Verleger.
Die Recherche über die Eigenschaften und Interessen der potentiellen Leser, die man im Rahmen der Metadaten-Optimierung normalerweise bereits vorgenommen hat, spielt dabei auch im Inbound Marketing eine wichtige Rolle. Nur wer seine Leser genau versteht, kann auch Content erstellen, der sie interessiert. Schafft man es den Leser für seinen Content zu begeistern, steigt über diesen positiven Erstkontakt die Wahrscheinlichkeit, dass der Leser am Ende im eigenen Webshop oder bei Drittanbietern wie Amazon die Werke des Verlegers kauft.
Die Discoverability bei gedruckten Büchern besteht zu ungefähr gleichen Teilen aus Leads, die online entstehen und Leads, die offline in der realen Welt ihren Ursprung haben. Ebooks werden zum größten Teil online entdeckt. Daher sollten Verleger über eine eigene Webpräsenz mit gutem Content versuchen, potentielle Leser schon früh im Sales Funnel zu erreichen und dort nachhaltige Kundenbeziehungen mit ihnen aufzubauen.
3) Social Media
Die richtigen Metadaten und ein strategischer Inbound Marketing Ansatz stellen für die Discoverability so etwas wie die notwendige Basis dar. Erst wenn diese beiden Bereiche professionell aufgestellt sind, sollten sich Verleger auch über andere Plattformen Gedanken machen.
Social Media ist ein komplexes Feld und betrifft verschiedene unternehmerische Ziele. Bezüglich der Discoverability von Inhalten geht es zum einen um den direkt generierten Traffic auf die eigentliche Website. Zum anderen bietet Social Media die Möglichkeit mit potentiellen Lesern zu interagieren und sie durch eine Konversation mit der Marke oder einzelnen Werken vertraut zu machen. Statt die eigenen Aktivitäten also auf den direkten Verkauf zu richten, geht es eher um einen nachhaltigen Aufbau von Kundenbeziehungen.
Ob Facebook, Twitter, Pinterest oder Instagram – eine erfolgreiche Social Media Strategie zu implementieren ist in der Praxis oft schwieriger, als allgemeinhin angenommen. Es ist einfach einen Verkauf mit dem Umsatz zu verknüpfen, der Zusammenhang zwischen einem „Like“ oder „Retweet“ zur Bottom Line ist deutlich diffiziler. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Auswahl der Ziele und der entsprechenden Kennzahlen. Diese sind von Plattform zu Plattform unterschiedlich, generell gelten Markenbekanntheit, Traffic auf die eigene Website, Anzahl der wiederkehrenden Besucher, und natürlich die Conversion Rate als gute Ansatzpunkte.
Die Auswahl der richtigen Plattform richtet sich nach der Zielgruppe und der Größe der Plattform. Eine junge Zielgruppe tummelt sich heute auch auf Instagram und Snapchat. Um einen Startpunkt zu haben, sollten Verleger zunächst aber die großen drei berücksichtigen: Facebook, Twitter und LinkedIn. Diese vereinen eine große Anzahl an Usern, eingebaute Werbemöglichkeiten, eine gute Auswahl an verfügbaren Daten, eine hohe Reichweite und ein potentiell hohes User Engagement.
Mit über 1,19 Milliarden registrierten Nutzern ist Facebook sicherlich die bedeutendste Plattform für Verleger, gerade im B2C-Bereich. Das neueste Feature „Instant Articles“ könnte dabei zu einer weiteren Verbesserung des Verhältnisses zwischen Facebook und Content-Erstellern führen. Wenngleich man mit den unbezahlten Basics einiges erreichen kann, geht der Trend für gewerbliche Marken hin zu einem „Pay-to-Play“-Ansatz, der ein gewisses Budget erfordert. Werden Kampagnen richtig ausgeführt (richtige Zielgruppe, Key Words etc), kann man mit seinem Marketing-Budget auf Facebook heute viel erreichen.
Besonders die Unternehmensziele Markenbekanntheit und die Interaktion mit potentiellen Lesern, lassen sich auf Facebook gut umsetzen. Hoch qualifizierte Lead-Generierung ist deutlich schwieriger – Facebook füllt also eher den oberen Teil des Sales Funnels.
Für einen nachhaltigen Aufbau von B2B-Beziehungen empfiehlt sich die Nutzung von LinkedIn. Verlage mit Business-relevanten Inhalten treffen ihre Zielgruppe am richtigen Ort: Während die User Facebook immer noch vermehrt öffnen, wenn sie etwas Privates erledigen wollen, sind die User auf LinkedIn im Business-Modus. Dies führt zum schnelleren Aufbau von Kundenbeziehungen und zur Entscheidungsfindung. Das eigene Sales Team kann LinkedIn zudem nutzen, in dem es potentielle Werbekunden identifiziert, sie im Entscheidungsprozess abholt und direkt zum Aufbau der eigenen Sales Pipeline nutzt.
Ein weiterer Vorteil für Verleger liegt in der Tatsache, dass User auf LinkedIn gerne ihr professionelles Image erhöhen wollen und fleißig relevantes und nützliches Wissen teilen (im Idealfall das Wissen aus Veröffentlichungen des eigenen Verlages!).
Schließlich bieten die bezahlten LinkedIn Werbeprodukte zwar ein niedrigeres Engagement als Facebook, die Leads sind aber in der Regel deutlich qualifizierter, weil man Werbung an eine spezielle Industrie oder an bestimmte Job-Bezeichnungen richten kann.
Twitter ist bezüglich der Frage B2B vs. B2C in etwa zwischen LinkedIn und Facebook angesiedelt. Twitter bietet die Möglichkeit mit einer höheren Anzahl an Touch Points (Posts) und sowohl eigenem als auch ausgewählten Content, verschiedene Marketingziele gleichzeitig anzustreben. Dazu gehören Thought Leadership in der eigenen Branche, Engagement und Conversion, Customer Service oder Lead Generation.
Das hohe Volumen und die Echtzeit-Natur von Twitter, machen die Plattform zu einem idealen Ausgangspunkt für Kundenbeziehungen und einem effektiven Tool, um Traffic auf die eigenen Inbound-Inhalte zu leiten.
Fazit
Egal welche der drei Plattformen am sinnvollsten für die eigenen Produkte geeignet ist, generell lässt sich festhalten, dass es in der Praxis oft sinnvoller ist sich auf eine oder zwei zu konzentrieren, und diese richtig bespielt, als auf allen Hochzeiten nur halb zu tanzen. Wie bereits erwähnt liegt die entscheidende Frage, welche Unternehmensziele vorrangig erreicht werden sollen.
Weitere Insights aus dem Verlagswesen finden Sie auch hier in unserem kostenlosen Whitepaper „Publizieren im Wandel – Digitalisierung, Crossmedia und Technologie im Verlagswesen“.
Bildquellen
- Discoverability im Verlagswesen: Contentpepper®
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