Internationalisierung im E-Commerce


Das Wesen des E-Commerce wird entscheidend durch ständige Erreichbarkeit und Unabhängigkeit vom Standort geprägt: zwei Eigenschaften, die sonst nur dem theoretischen Modell des „vollkommenen Marktes“ zugeschrieben werden. Diese beiden Eigenschaften sorgen dafür, dass der Kundenkreis, unabhängig von den angebotenen Waren oder Dienstleistungen, nicht lokal begrenzt, sondern prinzipiell weltumspannend ist. Mit dem Betrieb eines Onlineshops wächst die Zahl der potenziellen Kunden also um ein Vielfaches.

Sollen Waren und Dienstleistungen allerdings über Landesgrenzen hinweg in das angrenzende oder sogar weltweite Ausland gehandelt werden, stehen Shopbetreiber vor besonderen Herausforderungen. Dass die Expansion der E-Commerce Aktivitäten ins Ausland lohnenswert oder zumindest von der eigenen Konkurrenz angestrebt ist und damit schon allein zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit nötig sein kann, zeigt eine Umfrage des Statistischen Bundesamtes. 77% aller deutschen Onlineshops liefern bereits ins Ausland. Von den verbleibenden 23% planen ganze 81% ebenfalls bald eine Ausweitung ihrer Aktivitäten ins Ausland[1]. Onlineshops in Deutschland die ausschließlich im Inland tätig sind, werden in Zukunft also eine Ausnahme darstellen.

Kuchendiagramm

Auch eine Studie der OC&C Strategy Consultants in Kooperation mit Google zeigt das Potenzial der Internationalisierung, besonders für Deutschland. Im Jahr 2013 wurden 18,6 Mrd. Euro von den sechs größten E-Commerce Exporteuren umgesetzt, wobei Deutschland den dritten Platz belegt, mit einem Handelsüberschuss von 26.1 Mio. Euro. Damit liegt Deutschland weit abgeschlagen hinter Großbritannien (746 Mio Euro) und den USA (134 Mio. Euro). Für das Jahr 2020 wird ein Umsatz von ca. 97 Mrd. Euro erwartet, was die Wachstumsmöglichkeiten des internationalisierten E-Commerce hervorhebt[2].

Vermutete und tatsächliche Schwierigkeiten

Die Gründe für die fehlende Aktivität im Ausland sind vielfältig. Eine Befragung durch das Beratungs- und Forschungsinstitut ibi Research von über hundert E-Commerce Unternehmen die (bisher) nicht im Ausland aktiv sind hat ergeben, dass vor allem rechtliche Unsicherheiten beim Verkauf an ausländische Kunden als das größte Hemmnis wahrgenommen werden. Daneben werden Schwierigkeiten beim Kundenservice in der jeweiligen Landessprache, Unsicherheiten bei der Zahlungsabwicklung und ein aufwendiger Versand als abschreckende Gründe genannt[3].

Tatsächlich decken sich die erwarteten Komplikationen mit denen, welchen sich bereits internationalisierte Onlineshops konfrontiert sehen, wie eine Befragung des statistischen Bundensamtes zeigt. Die bereits genannten, rechtlichen Unsicherheiten sind das vorrangigste Problem von Unternehmen mit mehr als 500.000.- € Umsatz, dicht gefolgt von Schwierigkeiten des Angebots von Serviceleistungen in Landessprache. Genau umgekehrt stellt sich die Situation für kleinere Unternehmen mit weniger als einer halben Million Euro Umsatz dar. Sie haben vorrangig mit sprachlich angepasstem Service zu kämpfen und erst nachrangig mit rechtlichen Unsicherheiten, dicht gefolgt von aufwendiger Versandabwicklung. Letzteres ist durchaus plausibel, angesichts des Aufwands der für internationale Logistikprozesse betrieben werden muss (Koordination verschiedener Dienstleister, Berücksichtigung von länderspezifischen Auflagen bezüglich Lagerung, Verpackung, Kennzeichnung, etc.).

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind – wie eine Umfrage von Deloitte aus dem Jahr 2008 ergab – kulturelle Unterschiede zwischen dem bereits bekannten, heimischen Markt und dem zu erschließenden, neuen Auslandsmarkt[4].

Die Expansion des eigenen Onlineshops in neue Märkte außerhalb des nationalen Einzugsgebiets bedarf folglich genauer Planung um die Hürden zu überwinden. Diese ergeben sich in jedem Fall, ob KMU oder Großkonzern.

Grundvoraussetzungen erfüllt?

Die grundlegenden Voraussetzungen für erfolgreichen Handel im Ausland sind im Allgemeinen auf einige einfache Punkte reduzierbar. Zunächst gilt: Wer im Inland stabilen Erfolg und entsprechenden Umsatz hat, dem gelingt die Internationalisierung eher als Unternehmen mit schwankenden Umsätzen und unklaren Zukunftsprognosen.

Darüber hinaus lässt sich festhalten, dass Firmen, die getrieben von sogenannten „Push-Faktoren“, also Umweltfaktoren die sie aus dem einheimischen Markt drängen, ins Ausland expandieren, dort weniger erfolgreich sind als Unternehmen, die Aufgrund von „Pull-Faktoren“ international werden. Letztere „ziehen“ Unternehmen ins Ausland, beispielsweise aufgrund einer guten konjunkturellen Lage insgesamt steigender, internationaler Nachfrage, und eröffnen so neue Marktchancen[5].

Ein weiterer Faktor, der über Erfolg oder Misserfolg der Ausweitung unternehmerischer Bemühungen entscheidet, ist im Prinzip ein offensichtlicher: In einer Studie der BDO Deutsche Warentreuhand von 2011 haben annähernd 70% der befragten Unternehmen angegeben, dass schlicht die Qualität und der Service Ihrer Produkte auf dem neuen Markt entscheidend waren. Dabei ist eine „gesunde Mischung“ aus etablierten und neuen Produkten auf dem neuen Markt die favorisierte Aufteilung[6].

Analyse der Gegebenheiten

Eine allgemeingültige Strategie gibt es für die Internationalisierung nicht; kein Markt ist wie der andere. Das gilt selbst bei benachbarten Ländern mit gleicher Landessprache. Sind die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, müssen als nächstes die Gegebenheiten und Erfordernisse des zukünftigen Zielmarktes untersucht werden. Dazu müssen sowohl Markt-, als auch Wettbewerbs- und Kundenanalysen durchgeführt werden.

  • Analysen des Absatzmarktes geben Aufschluss über dessen Volumen, in welche Segmente der Markt unterteilt ist, wie sich die Preispolitik darstellt, mit welchem Wachstum man zu rechnen hat, ob es andere rechtliche Rahmenbedingungen als im Heimatmarkt zu beachten gilt und vieles mehr.
  • Eine Wettbewerbsanalyse zeigt auf, mit welchen Konkurrenzverhältnissen im neuen Markt zu rechnen ist: ob sich der Markt zwischen wenigen großen Anbietern aufteilt, ob es einen unbestrittenen Marktführer gibt oder welche Nische innerhalb des Marktes von welchem Konkurrenten bedient wird. Dadurch lassen sich Marktchancen identifizieren.
  • Bezüglich der Kunden muss man sich mit den länderspezifischen Vorlieben auseinandersetzen. Zunächst auf Produktebene: Welche Produkte sind auf dem neuen Markt gefragt? Was wird sich voraussichtlich gar nicht verkaufen? Muss man gegebenenfalls Änderungen vornehmen, usw.?

Was muss der Onlineshop im Ausland können?

Neben der Abstimmung des Produktportfolios muss natürlich der Onlineshop auf die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Kunden abgestimmt werden. Dabei müssen sowohl technische als auch nutzerseitige Aspekte berücksichtigt werden. Ziel sollte sein, den Nutzern im Ausland ein auf Ihre Sprache und Kultur zugeschnittenes Einkaufserlebnis zu bieten.

Für jedes Land die passende Sprache

Zunächst sollte der jeweilige Onlineshop in die entsprechende Landessprache übersetzt werden. Nur selten sind Kunden gewillt in einem „internationalen“ Shop in englischer Sprache einzukaufen. Daher ist es aus technischer Sicht notwendig, ein Back-End zu haben mit dem Produktdaten und verschiedene Produktportfolios, Rechnungsdokumente und Preise dem Zielland entsprechend ausgeliefert werden können.

Analog zum System der Produktdatenverwaltung (z.B. PIM Product Information Management) muss auch das Shopsystem des expandierenden Unternehmens in der Lage sein, Produktbezeichnungen und-beschreibungen in verschiedenen Sprachen darstellen zu können. Gegebenenfalls muss das Shopsystem auch UTF-8 Codierung unterstützen, um Sprachen mit Zeichen außerhalb des lateinischen Alphabets zu unterstützen (etwa kyrillische Buchstaben).

Um dem Kunden die für ihn passende Sprachvariante und Währung präsentieren zu können, bietet sich die Nutzung von IP-Detection an. Die Sprache und Währung wird dann dem aktuellen Standort entsprechend der GEO-IP angepasst. Für den Fall, dass der Standort nicht korrekt erkannt wird, sollte immer auch eine Sprachumschaltung für die Kunden möglich sein.

Bei international abweichenden Produkten (beispielsweise aufgrund rechtlicher Restriktionen oder eines bewusst unterschiedlichen Sortiments) kann es sinnvoll sein, den Kunden mittels eines Banners auf den Shop in seiner eigenen Sprache aufmerksam zu machen. Auf diese Art verweist etwa amazon.com bei einem Zugriff aus Deutschland auf amazon.de.

Sprachabfrage amazon
Abbildung 1: Banner zur Weiterleitung von amazon.com auf amazon.de

Hosting, Domains und URL-Struktur

Das Hosting des Shops kann entweder lokal im Zielland der Expansion oder vom Heimatland aus erfolgen. Aus Gründen der Suchmaschinenoptimierung (SEO) empfiehlt sich das Zielland als Hosting-Standort.
Google erkennt die Ausrichtung eines Onlineshops anhand mehrerer Faktoren, wozu insbesondere die ccTLD (country code Top Level Domain wie .de, .co.uk, .fr), die Einstellung für die geografische Ausrichtung (für generische TLD wie .org und .com) sowie der physische Serverstandort via IP-Adresse zählen. Der Faktor des physikalischen Standortes ist jedoch nicht immer die beste Wahl für die Content-Ausrichtung, da einige Websites in einem anderen Land aufgrund besserer Infrastruktur oder mittels Content Delivery Networks, also einem Netz lokal verteilter Server, gehostet werden[7]. Auch Virtualisierungsaspekte können ausschlaggebend sein. Welche Lösung die sinnvollste ist, muss im Einzelfall abgewogen werden.

Wie die oben genannten Faktoren schon nahelegen, hat die URL-Struktur entscheidenden Einfluss auf die geografische Ausrichtung des Onlineshops und deren Sichtbarkeit. Google nennt verschiedene Methoden, um mittels URL Struktur die Ausrichtung des Shops identifizieren zu können, die jedoch alle Vor- und Nachteile aufweisen[8].

  • Länderspezifische URLs mittels ccTLDs (de, beispielshop.it) sind eindeutig in Sachen Ausrichtung und optimal für SEO-Aspekte. Allerdings auch kostspieliger in der Verwaltung und bei der Umsetzung von Publizierungsaspekten aufwendiger. Die diversen Sprachversionen können durch verschiedene Verzeichnisse geregelt werden (beispielshop.de/de/, (beispielshop.de/en/). Diese Struktur bietet sich an, wenn es für jedes Land, in dem verkauft wird auch eine passende ccTLD gibt und diese realisierbar ist.
  • Subdomains von generischen TLDs (beispielshop.com, fr.beispielshop.com) sind leichter und günstiger einzurichten, einfacher zu verwalten und auch Publizierungsprozesse sind einfacher zu realisieren. Zusätzlich lässt diese Kombination verschiedene Serverstandorte zu und Subdomains können nach Ländern ausgerichtet werden – allerdings nicht unbedingt eindeutig für Nutzer (Subdomain für Land oder Sprache?). Diese Struktur bietet sich vor allem dann an, wenn international oder in Wirtschaftsbereichen vertrieben wird. Auch hier werden die diversen Sprachversionen in Verzeichnissen realisiert. Eine Liste aller generischen TLDs wird von Google zur Verfügung gestellt: https://support.google.com/webmasters/answer/1347922
  • Unterverzeichnisse von generischen TLDs (com/de/, beispielshop.com/fr/) sind zwar ebenfalls leicht einzurichten, jedoch in Kombination mit den abzubildenden Sprachversionen sehr unübersichtlich. Insbesondere durch die Sprachebene, die dann mittels zusätzlicher Verzeichnisstruktur abgebildet werden muss (beispielshop.com/de/en/) oder Land und Sprache mittels einer einzigen Verzeichnisstruktur abgebildet wird (beispielshop.com/de_en). Da Verzeichnisstrukturen aus Suchmaschinensicht eher unkompliziert gehalten werden sollten und sich die Länderausrichtung in den Webmaster-Tools nicht optimal realisieren lässt, ist dies keine effektive Lösung.
  • Von URL-Parametern wird abgeraten (com?loc=de) da dort die geografische Ausrichtung für Google nicht erkennbar ist, auch nicht durch Deklaration in den Webmaster-Tools.

Die Google Webmastertools bieten die Möglichkeit einer zuvor verifizierten Seite ein geografisches Ziel zuzuordnen. Dazu zählt auch jede Subdomain als eigenständige Domain bzw. Webporperty; jedoch kann je nur ein Land pro Websiteproperty zugeordnet werden.

Da auch Versionen wie beispielurl.xx, www.beispielurl.xx und auch die https-Versionen eigenständige Webproperties sind, sollten diese auch in den Webmaster-Tools eingerichtet werden. Per 301 Anweisung (für den Zugriff) und in den Webmaster-Tools (für die Ausrichtung) kann dann von allen Versionen eine bevorzugte Domain definiert werden und Zugriffe auf die eigentliche Domain weitergeleitet werden.

rel=“alternate“ hreflang=“ “ href=

Nachdem die Struktur der Seite geregelt ist, kann man nun alternative Sprachversionen anbieten. Seit 2011 stellt Google Webmastern zudem den Marker (kein Befehl!) rel=“alternate“ hreflang=“…“ zur Verfügung, mit dem Google Informationen über die Existenz verschiedener internationaler Seiten und länderbasierter Sprachvariationen gegeben werden können.
Der Wert des hreflang=“ “ kann allgemein eine Sprache sein (gekennzeichnet mit dem gängigen ISO639-1 Länderkürzel, z.B. hreflang=“de“) oder eine Kombination aus Sprache und Land, um unterschiedliche Muttersprachler innerhalb eines Landes besser ansprechen zu können (bspw. hreflang=“ch-de“ für deutschsprachige Schweizer in und hreflang=“ch-fr“ für französischsprachige Schweizer). Eine allgemeine Version, die ausschließlich die Sprache behandelt, empfiehlt es sich allerdings parallel, z.B: neben en-us und en-gb auch noch eine generelle Version en, zu deklarieren, um diese für Sprachumschaltungen im restlichen englischsprachigen Raum bereit zu halten. Wird die Sprachumschaltung aktiviert, wird der Nutzer nicht durch Länderkürzel in der URL irritiert.

Sollte eine Seite automatisch zu einer Sprachversion weiterleiten, oder über eine Sprachauswahlliste verfügen, empfiehlt es sich über die Kennzeichnung mit hreflang=“x-default“ festzulegen, dass eine Variante – beispielsweise eine generische .com Domain mit internationaler Ausrichtung – für diejenigen Länder verwendet werden soll, für die keine Seite in Landssprache existiert.

Das hreflang-Tag wird auf allen Seiten eingesetzt, entweder in der Sitemap, dem http header oder im head–Bereich der Seite als HTML-Link-Element. Dabei müssen auf jeder Seite alle alternativen Seiten sowie die Seite selber mit dem rel=“alternate“ hreflang=“…“ Tag versehen werden.Nachfolgendes Beispiel soll diese Vorgehensweise für zwei unterschiedliche Sprachvarianten mit gleicher Währung verdeutlichen. Auf der Seite in deutscher Sprache gibt es zum einen das hreflang-Tag für die Seite selbst und zum andern das hreflang-Tag für den Verweis auf die französischsprachige Seite. Auf der französischen Seite sind ebenfalls beide Tags enthalten.

href_lang_tag

Häufiges Shop-Problem: duplicate content

Neben dem Verweis auf alternative Sprachvarianten ist es empfehlenswert, bei unterschiedlichen URL Varianten mittels des „canonical“-Tags auf doppelte Inhalte hinzuweisen. Dadurch wird einer Herabstufung im Suchmaschinen-Ranking aufgrund von „duplicate content“, also mehrfach vorhandenen Inhalten, vorgebeugt. Doppelte Inhalte lassen sich manchmal nicht umgehen, beispielsweise wenn ein Onlineshop einerseits eine Standardressource http://www.beispielshop.de/beispielprodukte.htm beinhaltet, für jede Session aber eine neue ID erzeugt, die in die URL übernommen wird http://www.beispielshop.de/beispielprodukte/?session_id=1234.htm. Über den canonical Tag im Head-Bereich der Webseite derjenigen Seite, die den dublicate content produziert, kann der Shopbetreiber Suchmaschinen mitteilen, welche der beiden Seiten die bevorzugte ist und in den Index aufgenommen werden soll.

Auf jeden Fall sollte man sich im Rahmen der Expansion die ausländischen Domains des eigenen Shops sichern, auch wenn man ansonsten den Shop mit einer generischen Domain (bei Onlineshops meist .com) betreibt. Andernfalls riskiert man unnötige Auseinandersetzungen im Zuge von Domain-Hijacking oder Domain-Grabbing.

Des Weiteren sollte die Hardware des Shops auf den zusätzlichen Traffic, der durch die Erschließung internationaler Märkte entsteht, zugeschnitten sein. Aufgrund der etwaigen Zeitverschiebung zwischen den Ländern und den deshalb abweichenden „Einkaufszeiten“ ist eine verlässliche Verfügbarkeit 24/7 ein weiterer wichtiger Aspekt. Möchte man die Zugriffswege gering halten, sollte das Hosting durch einen Anbieter vor Ort in Erwägung gezogen werden. Performante Lösungen können vor allem dann realisiert werden, wenn sowohl die Shopsoftware als auch der Betrieb des Shops von ein und demselben Anbieter kommen.

Länderspezifische Besonderheiten

Abgesehen von den unternehmerischen und technischen Herausforderungen einer Expansion in andere Märkte, werden Unternehmen auch mit länderspezifischen Besonderheiten konfrontiert. Sollte das notwendige Spezialwissen nicht in-house vorhanden sein, empfiehlt es sich einen Country Manager zu aquirieren oder mit einer Agentur mit dem entsprechenden Wissen zusammenzuarbeiten. Da beispielsweise SEO nicht nur die Optimierung auf den eigenen Seiten bedeutet, können so auch besser relevante Faktoren identifziert werden, die das Umfeld, PR, Drittseiten, etc. betreffen und mithelfen können, den Shop im Ausland zu vermarkten. Man hat sozusagen einen Insider vor Ort.

Bezüglich der Besonderheiten kann man eine Unterscheidung treffen zwischen Anpassungen, die für einen funktionierenden E-Commerce unabdingbar sind und denjenigen, die zwar empfehlenswert aber keineswegs zwingend notwendig sind.
Zu den unabdingbaren Modifikationen (oder sogar neu einzurichtenden Features) des Onlineshops gehören alle Prozesse, die direkt mit dem Einkaufsprozess des Kunden zu tun haben. Ohne sie ist der Warenverkauf über das Internet im Ausland schlicht nicht möglich.

Wie bereits erwähnt, müssen die Sprache und die Währung dem Zieland der Expansion angepasst werden. Zwar kann man auch mit einem englischsprachigen Shop das Ausland bedienen, was allerdings spätestens bei den Zahlungsmodalitäten für den Kunden ernüchtend sein kann, wenn seine Währung nicht akzeptiert oder sein bevorzugtes Zahlungsmittel nicht verfügbar ist. Der Kundenservice und -support sollte ebenfalls in der Landessprache angeboten werden, da Kunden, wenn sie auf Hilfe angeweisen sind, nicht auf fremdsprachige FAQs oder Service-Hotlines zurückgreifen wollen.

Doch nicht nur Sprache und Zahlungsmittel müssen dem jeweiligen Land entsprechend gestaltet werden. Gleiches gilt auch für Größen bei Textilien und Schuhen. Umrechnungstabellen, etwa als Link neben der verfügbaren Größenangabe, können dem Kunden zwar helfen,die für ihn passende Größe zu finden, wirken jedoch unbeholfen und unterbrechen den Kunden beim Einkaufsprozess. Umso wichtiger ist der Einsatz eines Product Information Management (PIM)-, Warenwirtschafts- oder Enterprise Resource Planning-Systems, in dem Produktdaten- und -preise in den Landessprachen und auch mit den entsprechenden Werten (Schuhgrößen, Kleidergrößen, etc.) gepflegt werden können.

Der Checkout-Prozess

Mit der reinen sprachlichen Anpassung des Checkout-Prozesses ist es meistens nicht getan wenn es um den Shopbetrieb im Ausland geht.

Formularfelder sind im Ausland häufig anders angeordnet (z.B. Reihenfolge der Abfrage von Nach- und Vorname und umgekehrt, erst PLZ, dann die Stadt und umgekehrt), teils werden auch abweichende Angaben abgefragt. Beispielsweise werden in Japan Präfekturen und in China Provinzen abgefragt, während die Angabe des Bundeslands in Deutschland meist optional ist. Die Anpassung der Formularfelder ist nicht nur aus Gründen der Versand- und Bezahlabwicklung sinnvoll. Unerwartete Formularstrukturen führen dazu, dass der Kunde im Checkout abgelenkt wird, was wiederum die Ausstiegsrate erhöhen kann. Ebenso müssen rechtliche Vorgaben beachtet werden, wenn es beispielsweise um die Zustimmung zu AGBs geht, oder die Platzierung der Informationen zum Datenschutz.

Was für die Adresseingabe gilt, gilt auch für die angebotenen Zahlungsmittel. Benutzt wird, was bekannt ist. Fehlt das bevorzugte Zahlungsmittel, wird der Einkaufswagen an der Kasse stehen gelassen. Daher sollten Zahlungmittel den örtlichen Präferenzen angepasst werden. In Deutschland dominiert die Bezahlung per PayPal oder auf Rechnung, während schon in den Nachbarländern Schweiz und Österreich die Zahlung per Kreditkarte beliebter ist[9]. Gleiches gilt für die USA. In Südamerika ist die Bezahlung per elektronischer Geldbörse oft genutzt, während in Finnland die Hälfte aller Bestellungen auf Rechnung erfolgt. In den Niederlanden (iDEAL) und Polen (Przelewy24) sind Online-Payment Verfahren in Echtzeit bevorzugt[10].

Allgemeingültig ist, dass Versandkosten für Auslandslieferungen nicht erst am Ende des Checkout-Prozesses deklariert oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt werden sollten, sondern am besten schon zu Beginn des Einkaufsprozesses gut sichtbar sind. Ist der Versand in manchen Ländern oder im Ursprungsland kostenfrei, sollte damit auch geworben werden.

Interface-Design

Eine international funktionierende Webseite ohne Angleichung des Interface, also der visuellen Schnittstelle zwischen Onlineshop und Kunde, ist kaum möglich. Deshalb sollte im Kontext der Internationalisierung bei der Abstimmung des Designs auf die jeweiligen Konventionen des Ziellandes geachtet werden.

Die Gestaltung des Interface unterteilt sich in die zwei Bereiche der kulturabhängigen und der kulturunabhängigen Elemente. Kulturunabhängige Elemente haben Allgemeingültigkeit und können in mehreren Kulturkreisen verwendet werden. Bestes Beispiel dafür sind Piktogramme, die durch ihre reduzierte Form und neutrale Darstellung in den meisten Kulturen verstanden werden. Je mehr kulturunabhängige Elemente im Interface-Design Anwendung finden, desto weniger muss lokal angepasst werden. Soll dennoch eine Anpassung erfolgen, um den Kunden ein angenehmes Einkaufserlebnis zu bieten, ist es empfehlenswert die kulturunabhängigen Elemente bereits bei der Erstellung so anzulegen, dass sie beispielsweise textlich oder gestalterisch ohne Probleme verändert werden können. Texte sollten dafür nach Möglichkeit nicht in Bilder integriert und grafische Elemente in einzelne Ebenen unterteilt sein, um jederzeit Bestandteile verändern zu können.

Trotz der Kulturunabhängigkeit einiger Interface-Komponenten, sollten einige Bestandteile in jedem Fall angepasst werden. Neben dem Datumsformat, der Währung, den Größen, Telefonnummern und Adressformaten muss auch die Leserichtung stimmen (z.B. im Arabischen von rechts nach links, im Japanischen und Chinesischen von oben nach unten).

Soll die Angleichung an kulturelle Besonderheiten im Interface-Design über das Mindestmaß hinausgehen, müssen weitere Aspekte berücksichtigt werden. Nicht jede Farbgestaltung ist international auf die gleiche Weise gebräuchlich. Weiß ist im asiatischen Raum die Farbe der Trauer und als Hauptfarbe für Websites eher weniger geeignet. In Deutschland kennt man sie als Farbe der Reinheit und in Ägypten steht sie in Verbindung mit Frohsinn. Rot ist in Deutschland als Warn- und Signalfarbe bekannt, in Ägypten steht sie für Trauer und Tod, während man in China Glück und Heiterkeit mit ihr verbindet.
Einen zusätzlichen Beitrag zur Anpassung kann, vor allem im Bereich Fashion, die Verwendung von Fotos mit Models aus dem gleichen ethnischen Raum zu der die angestrebete Zielgruppe zählt, leisten. Zum einen bekommt der Kunde eine bessere Vorstellung davon, wie die Kleidung an ihm aussehen wird. Zum anderen signalisiert der Shopbetreiber, dass er sich auf die Bedürfnisse der Kunden einstellt und diese auch versteht. Das ist ein wichtiger Schritt für die Kundenbindung.

Generell lässt sich festhalten, dass minimalistische Standards in westlichen Ländern Verwendung finden können, während in vielen asiatischen Ländern eine genauere Auseinandersetzung mit den spezifischen Anforderungen erfolgen sollte.

Online-Marketing anpassen

E-Commerce im Ausland erfordert auch ein entsprechendes Online-Marketing. Die verfügbaren Kanäle varriieren dabei im Vergleich zum Heimatmarkt sowohl in ihrer reinen Anzahl als auch in Ihrer Relevanz und Ausprägung. Beispielsweise hat Google nicht in jedem Land den gleichen quasi-monopolistischen Stellenwert, sondern ko-existiert neben nationalen Suchmaschinen wie z.B. Baidu (China) oder Yandex (Russland). Das bedeutet zusätzliche Aufwände in den Bereichen SEO und SEM und erfordert Wissen um die landesspezifischen Anforderungen an Inhalt und Gestaltung.
Der Aufwand kann sich lohnen, da Suchmaschinenoptimierung und -marketing gut dazu geeignet sind, die eigenen Waren und Dienstleistungen im Ausland bekannt zu machen. Empfehlenswert ist die Zusammenarbeit mit einem ortsansässigen Unternehmen, das über das nötige Expertenwissen bezüglich der landesspezifischen Gepflogenheiten und rechtlichen Rahmenbedingungen (beispielshalber in Bezug auf E-Mail-Marketing) verfügt. Darüber hinaus kann ein lokaler Kooperationspartner die Erstellung von Suchmaschinenanzeigen (z.B. AdWords) in Landessprache gewährleisten. Zudem verfügt ein ortsansässiger Dienstleister über umfangreiche Marktkenntnisse, wenn es etwa um die Koordination von Online-Marketing mit markttypischen Gegebenheiten geht. Beispielshalber muss der Verkauf von Saisonartikeln, wie Textilien, an die klimatischen Gegebenheiten des Landes angepasst werden. Je nach Klimazone muss der Verkauf von Saisonartikeln früher oder später als im Heimatmarkt beworben werden.

Smartphone und Tablet sind die Assistenten unseres Lebens und unseres Lifestyles

Die Expansion ins Ausland konfroniert E-Commerce Unternehmen oftmals auch mit einer anders gelagerten Endgeräte-Infrastruktur und einer entsprechend unterschiedlichen Akzeptanz der Geräte.

Wie eine Studie des Statistik-Portals Statista zeigt, ist der Anteil der Smartphone-Nutzer, die ihre Mobilgeräte zum Online-Einkaufen nutzen, in Großbritannien doppelt so hoch wie in Deutschland, in Indosnesien sogar fast dreimal so hoch[11]. Die absolute Verbreitung von Smartphones, auch für die Zukunft prognostiziert, ist in China am höchsten (derzeit 422 Mio. Geräte in 2014) und damit mehr als doppelt so hoch wie z.B. in den USA. Daher ist es ratsam, die Webpräsenz responsive, also sich selbst an unterschiedlichste Endgeräte anpassend, zur Verfügung zu stellen. Damit wird Nutzern, vor allem in Ländern mit hoher Mobilgeräteverbreitung, das Einkaufserlebnis ermöglicht, das ihren Gewohntheiten entspricht.

Fazit und Ausblick

Die Expansion ins Ausland war auch in Zeiten vor dem Aufkommen des Internet ein aufwendiges und risikobehaftetes Unterfangen. Daran hat sich, trotz neuer Möglichkeiten und technischem Fortschritt, nicht viel geändert. Die Ausweitung der eigenen Geschäftsaktivitäten will wohl überlegt sein und sollte aus der richtigen Intention heraus erfolgen. Nicht Push-Faktoren sollten Treiber des grenzübegreifenden Handels sein, sondern Pull-Faktoren und damit das selbstbestimmte Wahrnehmen von Chancen im Ausland.

Um E-Commerce in ausländische Märkte auszuweiten, müssen sowohl Prozesse als auch technische Voraussetzungen und benötigte Inhalte neu erstellt oder aber an neue Gegebenheiten angepasst werden. Der ausländische Kunde sollte die gesuchten Inhalte in seiner Muttersprache auffinden, in seiner Landeswährung mit ihm bekannten Zalhlungsmethoden bezahlen und für den gesamten Prozess diejenigen Endgeräte verwenden, an die er gewöhnt ist. Zusätzlich kann das User-Interface entsprechend den kulturellen Besonderheiten des neu erschlossenen Marktes angepasst werden.

Auch zukünftig wird internationaler E-Commerce mit einem nicht unwesentlichen Aufwand einhergehen, insbesondere aufgrund der von Land zu Land verschiedenen Gewohnheiten, die nicht automatisierte, sondern individuelle Anpassungen erfordern.

Die Verbreitung von mobilen Endgeräten und neuer Services wird dafür sorgen, dass internationaler E-Commerce vor allem dann erfolgreich ist, wenn er sich den technischen Anforderungen des Zielmarktes anpasst. Sei es durch responsive Design, native Apps, WebApps oder die Implementierung neuer Services, wie Near Field Communication, Augmented Reality oder Virtual Reality (Stichwort: Oculus Rift oder Windows HoloLens).

Der Ausbau der Netzinfrastruktur, auch im Ausland, wird dafür sorgen, dass die genannte Problematik des Hostings einen deutlich geringeren Stellenwert, zumindest hinsichtlich der Performance, haben wird, als es momentan noch der Fall ist. Darüber hinaus werden durch sattelitengestütze Internetverbindungen abgeschiedene Regionen informations-technologisch erschlossen, wodurch sich potenzielle neue Märkte ergeben.

Letzen Endes lässt sich sagen, E-Commerce, besonders im Ausland, ist und bleibt weiterhin eine Herausforderung mit enormem Entwicklungspotenzial für den Handel.

 

[1] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/188839/umfrage/lieferung-der-produkte-deutscher-Onlineshops-ins-ausland/ Abruf (12.08.2014)

[2] http://www.occstrategy.com/news-and-media/2014/01/global-retail-empire Abruf (14.08.2014)

[3] http://www.ecommerce-leitfaden.de/geschaefte-ohne-grenzen-e-commerce-international-2012.html Abruf (13.08.2014)

[4] http://www.deloitte.com/assets/Dcom-UnitedStates/Local%20Assets/Documents/us_tax_goingglobal_030509(1).pdf Abruf (14.08.2014)

[5] http://www.auwi-bayern.de/export-geschaefte/Markterschliessung/Anhaenge/Erfolgsfaktoren-fuer-Auslandsinvestitionen-IKB-.pdf. Abruf (14.08.2014)

[6] http://www.bdo.de/dateien/user_upload/pdf_publikationen/studien/BDO_Ambition_Survey_Broschuere.pdf Abruf (14.08.2014)

[7] https://support.google.com/webmasters/answer/182192?hl=de&ref_topic=2370587 Abruf: (21.08.2014)

[8] https://support.google.com/webmasters/answer/182192?hl=de&ref_topic=2370587 Abruf (22.08.2014)

[9] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/4392/umfrage/bevorzugte-zahlungsverfahren-der-kunden-von-webshops/ Abruf (29.08.2014)

[10] http://www.e-commerce-magazin.de/fachartikel/payment-so-kann-grenzenloser-e-commerce-funktionieren Abruf (29.08.2014)

[11] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/191731/umfrage/anteil-der-smartphone-nutzer-die-mit-ihrem-geraet-online-eingekauft-haben/ (Abruf: 28.01.2015)

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