Das Intranet im Prozess des Employer Brandings


Das Intranet ist nur Instrument – Der Prozess „Employer Branding“ muss neu definiert werden

Hochqualifiziertes und motiviertes Personal ist für jeden Unternehmer ein knappes Gut. Von dem so viel beschriebenen Fachkräftemangel sind nicht nur internationale Konzerne betroffen. Auch die „hidden champions“ des Mittelstands sehen sich den Herausforderungen gegenüber, die eigene Arbeitgebermarke in Kombination mit den Standort des Unternehmens so attraktiv wie möglich zu gestalten und entsprechend zu präsentieren. Will ich die „Generation Y“ streuverlustarm erreichen, komme ich an dem Distributionskanal Social Media nicht herum. Und schon sind wir beim zweiten Thema, dass sich mit Employer Branding auf zig Marketing-Veranstaltungen, von PR- und Kommunikationsagenturen inflationär getrieben, zu platzieren versucht.

Alle sprechen darüber und vor allen Dingen wollen viele ihre Dienstleistungen bei Unternehmen an den Mann bringen. Da stellt sich doch zuerst die Frage, ob das Thema „Arbeitgebermarke“ und vor allem die Bandbreite des Ansatzes den Unternehmen überhaupt bewusst ist? Viele Unternehmen haben noch nicht mal ihren Markenkern sauber definiert und jetzt sollen sie auch noch eine „Arbeitgebermarke“ erfinden? Reicht es denn nicht, wenn wir den Karriere-Bereich auf unserer Seite mit ein paar neuen Bildchen aufhübschen?

Employer Branding auf Recruitment zu verkürzen, ist schlichtweg falsch

Das größte Missverständnis in Bezug auf Employer Branding ist die isolierte Betrachtung auf Maßnahmen der Personalbeschaffung (Recruiting). Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Employer Branding als „den Aufbau und die Pflege von Unternehmen als Arbeitgebermarke“ mit dem Ziel, sich „angesichts des zunehmenden Personal- und Fachkräftemangels sowie Talentwettbewerbs vieler Branchen und Unternehmen (…) gegenüber Mitarbeitern und möglichen Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren“. (Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/employer-branding.html#definition)

Was nahezu alle schon verstanden haben, die sich mit dem Thema „Personalmarketing“ beschäftigen:

  • Der Fachkräftemangel wird sich in den kommenden Jahren deutlich verschärfen
  • Es kommen grundsätzlich immer weniger Bewerber (qualitativ, quantitativ)
  • Die Generation Y hat neue Ansprüche, die nichts mit den Ansprüchen älterer Generationen gemein haben
  • Das Mediennutzungsverhalten hat sich grundlegend verändert

Wer heutzutage noch die Einstellung vertritt, dass eine ausreichende Entlohnung die Produktivität des Unternehmens sichert, hat sich mit den Anforderungen künftiger „High Potentials“ noch nicht auseinandergesetzt. Weiche Faktoren wie flexible Arbeitszeitmodelle, die Anwesenheit im Unternehmen, Weiterbildungsmöglichkeiten und Förderung, betriebliche finanzielle und gesundheitliche Vorsorge oder die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit rücken bei jungen Arbeitnehmern in den Fokus. Es geht heutzutage nicht mehr allein nur ums Geld. Bei den richtig guten Talenten gilt es, die richtigen Rahmenbedingungen zu erfüllen, die eine persönliche Entfaltung auch im Arbeitsleben möglich macht. Für die Änderungen der Rahmenbedingungen müssen Unternehmen handeln und Veränderungsprozesse anstoßen. Und zwar von Innen nach Außen.

Es reicht nicht aus, ein neues und schönes Leitbild zu formulieren oder bisherige Maßnahmen schön hübsch zu machen. Employer Branding fängt im Unternehmen an und ist im ersten Schritt ein umfassender Erhebungsprozess des Status Quo – bei den Mitarbeitern, bei Kunden und Lieferanten. Einzelinterviews, Fokusgruppen und Gruppendiskussionen und quantitative und qualitative Erhebungen helfen, das „Fremdbild“ mit den eigenen Vorstellungen abzugleichen. Die Erkenntnisse fließen in zweiten Schritt in die Situationsanalyse mit ein, aus der eine „Arbeitgebermarke“ entwickelt wird. Vor der Umsetzung eines angepassten Maßnahmenkataloges steht die Information und Schulung der Belegschaft im Fokus, idealerweise mit ersten Empfehlungen für die Optimierung des Arbeitsalltags der Mitarbeiter. Also für die Menschen, die bereits im Unternehmen arbeiten und für die die neue Arbeitgebermarke direkt einen Mehrwert erkennen lässt.

Interne Kommunikation als Schlüssel erfolgreichen Employer Brandings

Entscheider wissen ohne eine qualifizierte Analyse nicht, an welchen Stellen im Unternehmen optimiert werden kann oder sogar muss. Noch weniger wissen sie genau, wo Sie überhaupt suchen sollen.

Beispiel: Meetings

Die Meetingkultur in den meisten Unternehmen ist vielfach überbordend und folgt nur selten klaren, effizienten Regeln. Hier wird nicht nur viel Zeit und Geld verpulvert, es ist auch schlichtweg demotivierend für alle Beteiligten. Auf Basis einer klar definierten und intern verankerten (Arbeitgeber-)Marke in Kombination eines strukturierten Maßnahmenfahrplans können hier über 30 Prozent der Zeit und damit Tausende von Euro je Mitarbeiter/Jahr eingespart und im Gegenzug die Motivation und Produktivität erhöht werden.

Viele Intranets sind nicht mehr als ein digitales schwarzes Brett – wenn überhaupt

Ich stelle die These auf, dass 90 Prozent aller so genannten Intranets deutscher Unternehmen einer Datenwüste gleichen und mit nicht vorhandener Pflege der Initiatoren, Funktionalität oder Interaktion seitens der Zielgruppe glänzen. Jeder Betreiber sollte sich die Frage stellen, ob er auch seine A-Kunden auf das Intranet loslassen könnte. Sind die Mitarbeiter es nicht wert, mindestens genauso gut behandelt zu werden wie die Besucher der eigenen Website? Soziale Netzwerke machen es vor, doch die Angebote, Arbeitsgruppen zu bilden, den (Daten-)Austausch zwischen den Abteilungen zu vereinfachen oder zu intensivieren, bleiben leider aus. Viele Intranets sind nicht mehr als ein digitales schwarzes Brett und die Mitarbeiter ziehen es vor, sich die relevanten Informationen dann doch analog zu beschaffen, weil das Angebot zu kompliziert ist. Von „Markenführung“ kann hier nicht die Rede sein, von „Mitarbeiterführung“ gleichermaßen ebenso wenig. Ein Intranet muss immer auf die individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens einzahlen und wer kann das besser bestimmen als die Mitarbeiter? Es muss folglich eine Bestandsaufnahme der Bedürfnisse und Analyse dessen erfolgen, bevor es an die Ausgestaltung geht. Dem Entwicklungsteam sollten alle möglichen Freiheiten eingeräumt werden, die aktuelle Lage zu scannen. Des Weiteren sollte ein Intranet responsiv gestaltet sein, also auf allen Endgeräten benutzerfreundlich anwendbar. Damit wird auch die Vertriebsmannschaft oder Außendienstler aktiv eingebunden. Zuletzt sollte das Intranet so gestaltet sein, dass es Mitarbeiter nicht überfordert. Intuitive Bedienung, beispielsweise durch einfache Drag & Drop-Funktionen oder die Implementierung von Funktionen bekannter sozialer Netzwerke, machen den Einstieg leicht. Oberste Priorität: Der Nutzen für den Anwender. Denn die Mitarbeiter entscheiden über Erfolg oder Misserfolg eines Intranets.

Transparenz funktioniert nur von Innen nach Außen

Nach Sprenger wäre schon vielen Unternehmen geholfen, wenn diese sich nicht auf kurzfristige Incentives oder Motivationskampagnen fokussieren, sondern einfach nur das weglassen, was demotiviert (z.B. mangelndes Feedback, überbordende und unsinnige/ziellose Meetings, komplizierte und langwierige Prozesse etc.). (Quelle: Sprenger, Reinhard K.: Mythos Motivation. 2010.)

Von Innen nach Außen bedeutet aber auch die Aktivierung von Interner und Externer Kommunikation. „Tue Gutes und rede darüber“, der Leitsatz der Öffentlichkeitsarbeit passt wie kein anderer zum Personalmarketing der heutigen Zeit. Transparente Kommunikation unterstreicht die Glaubwürdigkeit und erhöht die Attraktivität einer Arbeitgebermarke nachhaltig. Dabei gilt es, den Basic Consumer Benefit (das Nutzenversprechen) auszuarbeiten, Alleinstellungsmerkmale in den Fokus zu rücken, den Reason Why (die Begründung) zu liefern und diese durch Beweise und Fakten zu bestätigen. Über die Story und die Antworten auf Fragen, wen es zu inszenieren gilt und ob Maßnahmen interaktiv, dialogisch oder informativ sein sollen, werden letztendlich die Kanäle ausgewählt, die Arbeitgebermarke intern und extern zu kommunizieren. Die Kanäle reichen intern vom Personalschriftwechsel über Mitarbeitermagazin und Intranet bis zum Mitarbeiter-Blog. Extern von der Personalimageanzeige und der Neustrukturierung des Bewerberschriftverkehrs bis zu Recruiting-Videos auf YouTube. Und nicht auf dem eigenen Player der Homepage, denn dieser schließt die zweitgrößte Suchmaschine der Welt automatisch aus.

Die Stellenanzeige ist tot, Crossmedia ist die Lösung

Da werden Batterien von Agenturen gebrieft, wunderschöne Anzeigen, Kampagnen, Filmchen oder Karrieresites zu entwickeln, die wenig bis gar nicht der Wirklichkeit im Arbeitsalltag entsprechen. Unternehmen müssen umdenken, nicht nur, weil sich auch die Mediennutzung der potentiellen Fachkräfte verändert hat. Wer glaubt, mit der Stellenanzeige in Printtiteln wie der klassischen Tageszeitung die richtige Zielgruppe zu erreichen, ist auf dem Holzweg. Wer meint, es würde ausreichen, die offenen Stellen auf der Homepage zu präsentieren, ist es ebenfalls. Unternehmen müssen ihr Schaffen und die dafür angebotenen Rahmenbedingungen in einen Kontext stellen. Kein Kontext ohne Konversation und keine Konversation ohne Inhalt. Personalmarketing geht heute nicht mehr ohne eine Contentstrategie. Und diese Strategie muss crossmediale Kriterien erfüllen. Eben um der Mediennutzung der Zielgruppe zu entsprechen. Die zeitliche, formale und inhaltliche Integration in die Unternehmenskommunikation, die Vernetzung, die Ansprache und Interaktion sind Faktoren erfolgreichen Employer Brandings. Und zwar von Innen nach Außen. Der Impuls muss von innen nach außen greifen und nicht umgekehrt. Es gilt zu analysieren, wie das Unternehmen als Marke bei den Mitarbeitern ankommt und wie die Arbeitsrealität der Mitarbeiter erlebt wird. Dieser Prozess zeigt auf, wie weit Fremd- und Selbstbild auseinander liegen und welche Maßnahmen erforderlich sind, die Waage wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Was nützt ein Imagevideo der Arbeitgebermarke, wenn sich die Mitarbeiter dort nicht wiederfinden. Wenn die eigenen Mitarbeiter sagen: „Bei dem Unternehmen würde ich auch gerne mal arbeiten“, dann ist der Lack ab. In Zeiten sozialer Netzwerke und Bewertungsplattformen wie kununu ist die Schieflage schnell öffentlich und die Glaubwürdigkeit dahin.

Das Pfeiflein macht gar süßes Spiel, wenn es den Vogel fangen will.

Der Wettbewerb um Fachkräfte findet für viele Unternehmen nicht in der eigenen Branche statt. Die Gefahr, nur die zweite oder dritte Geige zu spielen, lauert schon auf der Straße gegenüber. Kleine und mittelständische Unternehmen stehen in Konkurrenz zu regional benachbarten Firmen, die den gleichen Bedarf an Fachkräfte oder Berufsanfänger haben. Andere wiederum haben als Marke genug Strahlkraft, sehen sich aber in Konkurrenz zu anderen Standorten. Für Adidas mag Herzogenaurach der Nabel der Welt sein, für den frischen Hochschulabsolventen ist es dann doch eher Hamburg, Frankfurt oder München. Das Pfeiflein muss hier schon ganz besonders schön spielen, wenn es den Vogel, nicht selten mit Familie, fangen will.

Employer Branding benötigt Struktur und Zuständigkeit

Wie alle unternehmerischen Maßnahmen muss auch Employer Branding fest verankert sein. Wie verträgt sich die Arbeitgebermarke mit den Zuständigkeiten. Wer ist überhaupt zuständig? Die Geschäftsführung? Die Personalabteilung? Das Marketing? Untersuchungen im Mittelstand zeigen hierbei große Defizite auf und unterstreichen das Silodenken zwischen HR, Marketing und Vertrieb. Die Arbeitgebermarke ist Sache der Unternehmensführung (Steuerung) unter Hinzunahme abteilungsübergreifender Entscheider. Employer Branding ist eine ganzheitliche, umfassende Führungsaufgabe und bedarf der gleichen Pflege wie „Marke“ an sich.

Was ist der Return-On-Invest? Mehr Bewerbungsmappen auf dem Schreibtisch?

Mehr Bewerbungen heißt auch mehr Absagen und mehr bürokratischen Aufwand. Ein beliebtes Argument innovationsfeindlicher Personaler. Doch tatsächlich bedeuten mehr Bewerbungen auch einen Anstieg qualitativ geeigneter potenzieller Kandidaten. Employer Branding auf nur diesen Erfolgsfaktor zu reduzieren ist falsch. Es geht, gerade im Hinblick auf die Mitarbeiter im Unternehmen, um niedrigere Krankheitsquoten, Erhöhung der Motivation, des Commitments oder gesteigerte Arbeitseffizienz durch bessere Rahmenbedingungen. Abseits des schwarzen Brettes liegen gigantische Potentiale für das Personalmanagement, die quasi vor der Tür liegen. Laut Gallup-Studie sind nahezu zwei Drittel der Belegschaften nur mäßig motiviert. Zwei Drittel von 42,14 Millionen Beschäftigten in Deutschland (Stand Juni 2014)!

Der ROI eines Employer-Branding-Prozesses sind effizientere Maßnahmen in Bezug auf interne und externe Kommunikation. Durch die Optimierung von Rahmenbedungen im Unternehmen kann die Produktivität und Motivation gesteigert werden. Die neuen Strukturen führen zu einer effizienteren Auslastung der Mitarbeiter ohne die Gesamtarbeitsleistung zu erhöhen.

Effiziente externe Maßnahmen führen zu einer streuverlustarmen Ansprache der Dialoggruppen. Weniger Streuverlust bedeutet auch weniger Mediaeinsatz und damit weniger Kosten. Dazu kann durch den Einsatz sozialer Netzwerke die Gesamtreichweite nachweislich erhöht werden.

Der Imagegewinn durch Empfehlungsmarketing und durch den professionellen Auftritt als attraktiver Arbeitgeber ist das i-Tüpfelchen erfolgreicher Employer Brandings.

Deutschen Unternehmern ist der Handlungsbedarf bewusst. Meist von großen Konzernen angetrieben wächst auch die Nachfrage im Mittelstand. Einige „hidden champions“ setzen bereits auf ein strukturiertes Employer Branding. Sie haben verstanden, dass Employer Branding von „oben“ gesteuert werden muss, einer klaren Analyse und Struktur folgt und die Umsetzung abteilungsübergreifend koordiniert werden muss – sonst bleibt es wirklich eine (hoffentlich) hübsche Verkaufslackierung.

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