Die Debatte zum Urheberrecht in Form der Artikel 11 und 13 ist beendet – zumindest politisch. Am Dienstag hat das Europaparlament mehrheitlich der EU-Urheberrechtsreform zugestimmt. Kommen jetzt die gefürchteten Uploadfilter?
In Straßburg hat das Europaparlament am Dienstag dem Reformvorschlag für ein europäisches Urheberrecht mehrheitlich zugestimmt – auch wenn die Wahl eng ausfiel. 348 Abgeordnete stimmten für die Reform, 274 waren dagegen. 36 Parlamentarier enthielten sich der Abstimmung. Ein Antrag, der Änderungen zu einzelnen Artikeln erlaubten sollte, war zuvor nur um wenige Stimmen gescheitert.
Teil der neuen Richtlinien sind unter anderem die hitzig diskutierten Artikel 11 und 13, die auch Hauptgegenstand des abgelehnten Antrags waren. Artikel 11 sieht die Einführung eines EU-Leistungsschutzrechts vor. In Deutschland existiert bereits seit 2013 ein solches Leistungsschutzrecht. Dieses gilt allerdings als dysfunktional, weil es bis heute zu keinen nennenswerten Zahlungen kam. Im Kern umreißt Artikel 11 ein Leistungsschutzrecht für Presse- und Zeitungsverlage. Qua Gesetz müssen beispielsweise Suchmaschinen wie etwa Google künftig für angezeigte Artikelausschnitte im News-Bereich Zahlungen an die Verlage leisten. Besonders kleinere Verlage sind laut Kritikern aufgrund der deutlich schlechteren Verhandlungsbasis besonders benachteiligt.
Artikel 13, der im finalen Gesetzesentwurf Artikel 17 heißen wird, war zuletzt und vor allem in Deutschland omnipräsent. Gegen die Copyright-Reform demonstrierten vergangenes Wochenende Zehntausende in mehreren deutsche Städten, unter anderem in Berlin und Köln. Auch in Polen, Tschechien, den Niederlanden Schweden und Österreich trieb es die Menschen auf die Straßen. Reform-Befürworter argumentieren dagegen, dass Plattformen, die mit Content, die das Urheberrecht verletzen, Geld verdienen, so zu einer fairen Lizenzierung gezwungen werden. Die Reform soll demnach das geistige Eigentum von Künstlern, Kreativen und Autoren schützen. Die einzelnen EU-Staaten müssen nun die EU-Richtlinien innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.
Warum wird das Urheberrecht so emotional geführt?
Kritiker befürchten vor allem die Einführung von sogenannten Uploadfiltern. Als Konsequenz könnte daraus eine Zensur des freien Internets folgen. Das endgültige Ausmaß der neuen EU-Richtlinien ist aktuell nur schwer einzuschätzen. Nach Ansicht der Kritiker lässt sich nämlich die große Masse an Inhalten durch Plattformen wie YouTube überhaupt nicht überprüfen. Durch den Einsatz von Uploadfiltern bestehe zudem die Gefahr, dass diese nicht eindeutig zwischen urheberrechtlich geschütztem Content und legalen Inhalten wie Parodien oder Memes unterscheiden können. Dies hätte zur Folge, dass mehr aussortiert werde als nötig. Mit der Urheberrechtsreform könnte sich die Europäische Union womöglich einen Bärendienst erwiesen haben.
Stimmen vom Bitkom und BVDW
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder bewertete die Abstimmung in einem Statement: »Mit der heutigen Entscheidung verliert die EU ihren Status als Vorreiterin der Meinungsfreiheit. Wer im eigenen Land jeden Inhalt vor dem Hochladen ins Internet prüfen und im Zweifelsfall blockieren lässt, der macht sich im weltweiten Kampf für die Freiheit der Meinung und auch der Kunst unglaubwürdig. Die in scharfem Ton geführten Diskussionen rund um Upload-Filter haben eine gesellschaftliche Spaltung zwischen vornehmlich jüngeren und internetaffinen Menschen und großen Teilen des politischen Establishments offenbart. Diese Risse können sich dann schließen, wenn sich die politisch engagierten jüngeren Menschen aus den sozialen Netzwerken in die politischen Parteien und Institutionen bewegen. Zunächst einmal werden wir uns von der bekannten Freiheit im Internet ein stückweit verabschieden müssen. Gleichzeitig erschwert es die Richtlinie jungen europäischen Unternehmen, zu großen Plattformen zu wachsen. Nun gilt es in Deutschland Wort zu halten und Upload-Filter zumindest bei uns tatsächlich auszuschließen. Positiv an der Reform ist allein, dass ein Text-und-Data-Mining nun auch für die Wirtschaft möglich ist. Damit ergeben sich neue Wege für Innovationen der Künstlichen Intelligenz.«
Auch BVDW-Präsident Matthias Wahl veröffentlichte einen Kommentar : »Es ist unstrittig, dass wir für die EU dringend ein modernes Urheberrecht brauchen, das den heutigen Anforderungen gerecht wird. Im Großen und Ganzen ist die heute verabschiedete Richtlinie dafür eine solide Basis. Mit der Upload-Filter-Regelung aber untergräbt die EU die Werte, für die wir als Staatengemeinschaft in Europa seit jeher einstehen. Die Meinungsfreiheit ist gerade in schwierigen politischen Zeiten das höchste Gut, das nun einer Urheberrechtsregulierung untergeordnet wird. Das ist eine besorgniserregende Tendenz der Politik.«
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