Innovation in der Redaktion: Wie Technologien den Journalismus verändern


„Der Journalismus ist tot – es lebe der Journalismus“ titelte 2015 die internationale Zeitschrift für Journalismus „Message“ in ihrem Blog über die Tagung „Digitaler Journalismus“ in Hamburg. Sie bringt damit die gegenwärtige Entwicklung des Presse- und Kommunikationswesens in Zeiten der digitalen Revolution auf den Punkt: Die konventionellen Formen der Informationsbeschaffung und ihres Austausches werden durch die neuen Technologien der fortschreitenden Digitalisierung in Frage gestellt und restrukturiert.

Der Journalismus heute hat nur noch wenig mit dem vor 20 Jahren gemeinsam, als der Online-Journalismus das erste Mal die bestehenden Publikations- und Redaktionsformen revolutionierte. Er ist heute weit mehr als nur ein Digitalisat der Printausgabe von Zeitungen, Journalen und Magazinen in Kombination mit Audio- und Videomaterial. Der Journalismus hat sich weiterentwickelt: Umfang, Aktualität, Format und Erreichbarkeit sind mit enormen Ausmaß gewachsen.

Technologische Innovationen im Journalismus

Die maßgebenden Entwicklungen gehen dabei von technologischen Innovationen aus. Durch die digitale Bereitstellung und die gleichzeitige Archivierung von Texten bieten sich neue Möglichkeiten, Daten zu kumulieren und aus diesen Big Data Inhalte zu generieren. Weiterentwicklungen der künstlichen Intelligenz stellen dazu ein nützliches Werkzeug zur Verarbeitung und Auswertung von großen strukturellen Datenmengen zur Verfügung und bieten eine eminente Arbeitserleichterung für journalistische Prozesse. Damit einher geht eine enorme Beschleunigung der Informationsgewinnung, die sich auf die Art und Weise der Veröffentlichung auswirkt. Neue Publikationsformen ergeben sich, die dieses Tempo adaptieren und die Perspektiven für größtmögliche Aktualität und Erreichbarkeit, aber auch Varianz bereitstellen: Über Blogs, Vlogs, Kanäle auf Videoportalen, Chat-Apps oder Microblogging-Dienste wird publiziert, ebenso wie über soziale Netzwerke oder durch „klassische“ Digitalisate von Printmedien. Die Informationsformate passen sich dabei den jeweiligen Publikationsplattformen an und stellen redaktionelle Inhalte von prägnant und pointiert bis detailliert und vertiefend bereit. Eine Vernetzung von unterschiedlichen Distributionskanälen komplettiert das Angebot.

Redaktioneller Nutzen der digitalen Novationen

Die Technologien ändern nicht nur die Art und Weise der Kommunikation und des Informationskonsums, sondern stellen auch einen Nutzen für redaktionelle Handlungsprozesse dar. Big Data bietet enorme Informationsmengen mit einer großen Varianz an Daten und Beiträgen. Der schnelle Zugriff erleichtert einerseits die Recherche, erschwert andererseits die Selektion von relevanten, vertrauenswürdigen Quellen. Neue Techniken und eine Reorganisation der Datenrecherche erweitern daher das redaktionelle Aufgabenfeld.

Gleichzeitig bieten die neuen Verbreitungskanäle eine rezipientenorientierte Abstimmung des bereitgestellten Contents. Je nach Art der Inhalte können so die Inhalte in ihrer Präsentation und Formulierung der Zielgruppe genau angepasst werden. Der Trend ist bereits in den Redaktionen angekommen. Eine Entwicklung, die sich in hohen prozentualen Nutzungswerten der Verlage von Social Media-Plattformen wie beispielsweise Facebook und Twitter zeigt. Über die Nutzung der sozialen Medien entsteht zugleich ein direkter und schneller Austausch mit den Usern, die durch Kommentare, Forenbeiträge oder kommentierte Retweets die Redaktion beeinflussen.

Risiken und Chancen

Die letztgenannten Reaktionsmöglichkeiten deuten die Risiken an, die mit den Innovationen einhergehen. Usergenerated Content ist in manchen Kontexten gewollt, zeigt in Bezug auf die redaktionelle Arbeit jedoch die Problematik der unqualifizierten Recherche auf. Neben professionell erarbeiteten Informationen wächst die Menge an tendenziösen und subjektiven Inhalten. Die Technologien bilden so nicht nur die Grundlage für interpretativen oder Meinungsjournalismus, sondern stellen durch Multimedialität und die Vielzahl digitaler Publikationsmöglichkeiten auch die nötigen Verbreitungswege. Gerade in Form des Aufkommens von Influencern in den sozialen Medien steigt die Relevanz dieser Problematik.

Diese Aspekte sollten jedoch nicht über die sich bietenden Chancen der neuen Technologien für den modernen Journalismus wegtäuschen, sondern sie höchstens in Relation setzen: Big Data und künstliche Intelligenz stellen eine enorme Arbeitserleichterung durch Zeitersparnis, Auswahl- und Recherchemöglichkeiten dar, dazu erweitern sie die Optionen der redaktionellen Arbeit. Soziale Netzwerke und die neuen Möglichkeiten des digitalen, multikanalen Publishings bieten sowohl schnellen, progressiven Informationsaustausch, als auch eine Vergrößerung des qualitativen, adressatenorientierten Contentangebots, von dem Rezipient und Produzent gleichermaßen profitieren.

Fazit

Die technologischen Innovationen beeinflussen den heutigen Journalismus in vielerlei Hinsicht. Phänomene, wie das Generieren großer Datenmengen oder die Nutzung von künstlicher Intelligenz, stehen dabei noch in einer frühen Entwicklungsphase und die damit einhergehenden Veränderungen für das journalistische und redaktionelle Arbeiten sind längst nicht abgeschlossen. Die sich eröffnenden Chancen sind verbunden mit einer Reihe von Risiken, denen sich der moderne Journalismus jedoch stellen muss und die gleichzeitig die Rolle qualitativer, professioneller Redaktionsarbeit betonen. Die technologischen Innovationen müssen dazu adaptiert und in die bestehenden Redaktionsprozesse eingebunden werden, um einen größtmöglichen Nutzen aus ihnen zu ziehen.

Weitere Insights aus dem Verlagswesen finden Sie auch hier in unserem kostenlosen Whitepaper „Publizieren im Wandel – Digitalisierung, Crossmedia und Technologie im Verlagswesen“.

Bildquellen

  • technologie-und-journalismus: Contentpepper
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2 Comments

  1. Nico
    4. Juni 2018
    Antworten

    Guter Artikel. Ist das am Ende verlinkte Whitepaper noch zu haben? Führt leider zu einem 404…

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