Schreiben fürs Hören


Schriftart

Schreiben fürs Hören: Websites, die ungefragt die Besucher über eine Audio-Botschaft begrüßen sind glücklicherweise fast ausgestorben. Mit wenigen Ausnahmen sollten Sie Sound nur auf direkte Anforderung des Benutzers starten.

Über die Hälfte der deutschen Webnutzer gehen über einen Breitband-Anschluss online. Somit ist Audio von der Leitungskapazität her kein Problem. Im Folgenden einige Tipps, wie Sie auch die inhaltlichen Hürden bei Audio im Web meistern.

Ob Sie einen Podcast planen oder Audio, das auf Ihrer Website als Flash direkt abrufbar sein soll – wenn Sie Text schreiben, der vorgelesen wird, müssen Sie anders schreiben, denn gesprochener Text

  • Ist persönlicher
  • Kann nur schwer nebenbei genutzt werden
  • Lässt sich nicht überblicken
  • Lässt sich nicht überfliegen
  • Lässt sich schwer navigieren (Bewegung im Text)

Der Einstieg zählt beim Schreiben fürs Hören

Sogar noch stärker als bei Web-Texten bestimmen die ersten Sätze, ob ein gesprochener Text zu Ende gehört (bzw. gelesen) wird. Schreiben Sie diese dementsprechend spannend. Beginnen Sie mit etwas, das den Hörer interessiert.

Informationsaufbereitung

Achten Sie auf die so genannte „Situierung“ zu Beginn. Das heißt, fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus, sondern holen Sie den Hörer ab. Beliebt ist zum Beispiel der Einstieg mit einer Situation, die jeder kennt. Wählen Sie lieber einen Einstieg, der wenig originell ist, als keinen. Bei Hörtexten verzeiht man das Ihnen leichter. Erklären Sie dem Hörer, warum das Folgende für ihn relevant ist.

Beispiel: Statt „Die neue Zeitmanagement-Lösung XY EasyPlan ermöglicht es, alle Mails übersichtlich zu verwalten und abzuarbeiten…“, könnten Sie schreiben „Sie kennen das: Morgens kommt man ins Büro, voller Tatendrang. Doch ein Blick auf den PC zeigt: 79 ungelesene E-Mails. XY EasyPlan hilft Ihnen…“

Bringen Sie nur eine neue Information pro Satz. Lassen Sie dem Hörer genug Zeit, diese Information zu verarbeiten und springen Sie nicht gleich zum nächsten Thema, auch wenn es auf dem Papier so aussieht, als müsste die Information schnell zu verarbeiten sein.

Verständlichkeit durch Redundanz

Zentrale Aussagen wiederholen Sie am besten. Strukturieren Sie längere Texte durch Zusammenfassungen und stellen Sie wichtige Zusammenhänge eventuell auf unterschiedliche Art und Weise dar. Das gibt dem Hörer die nötige Orientierung im Text.

Akustische Gliederung

Verraten Sie dem Hörer gleich am Anfang, welche Themen ihn erwarten und wie lange das Audiostück sein wird.

Jedes Mal, wenn Sie ein Thema abgeschlossen haben, leiten Sie deutlich zum nächsten Thema über und machen Sie klar, dass jetzt etwas Neues beginnt. Gut ist an dieser Stelle auch eine Zusammenfassung des bisher Erzählten oder eine Wiederholung der wichtigsten ein, zwei Punkte.

Wortwahl – einfach (ist) besser

Gesprochener Text ist Umgangssprache. Je gebräuchlicher und einfach die Wörter sind, die Sie gebrauchen, desto leichter verständlich wird der Text. Anders als Viele glauben, sind nicht die hoch trabenden, komplizierten Wörter die kraftvollen, sondern die kurzen, einfachen Wörter. Mit kurzen Wörtern und Sätzen setzen Sie Fakten. Sie vermitteln Glaubwürdigkeit. Mit langen, gewundenen Sätzen, die viele Fremdwörter und komplizierte, lange Wörter enthalten bewirken Sie, dass der Leser bzw. Hörer sich stark konzentrieren muss, um zu verstehen, was Sie meinen, was letztlich zu einer Schwächung der Aussage führt und im schlimmsten Fall dazu, dass Sie nicht verstanden werden. Genau wie beim vorigen Satz, den Sie gerade gelesen haben (47 Wörter!). Und bei gesprochenen Sätzen fällt das noch viel mehr auf.

Bei gesprochener Sprache müssen Sie auch keine Angst vor unperfekten Sätzen haben. Schreiben Sie so, wie Sie sprechen. Und dabei ist es ganz normal, wenn einmal die Grammatik nicht ganz stimmt. Das wirkt authentisch und ungekünstelt. Was natürlich nicht heißt, dass Sie mit Absicht oder aus Ungenauigkeit grammatikalisch falsche Sätze produzieren sollen – setzen Sie „fehlerhafte“ Umgangssprache nur als Stilmittel und mit Bedacht ein.

Wortwahl – Wiederholungen erwünscht

Wichtige Begriffe sollten Sie nicht variieren, sondern wiederholen. Es gilt: lieber verständlich als schön. Geht es um Japan, sprechen Sie wo immer nötig von Japan, nicht „vom Land der aufgehenden Sonne“, nicht vom „Land des Lächelns“ und auch nicht von „Nippon“. Der Hörer muss solche Begriffe erst gedanklich decodieren und wird von den eigentlichen Inhalten abgelenkt.

Das Verb nach vorn

Achten Sie bei Sprechertext darauf, das Verb möglichst weit vorn im Satz zu bringen. Sonst muss der Hörer den ganzen Satz im Kurzzeitgedächtnis speichern, bis er den zentralen Begriff erfährt, mit dem er den Satz erst richtig verstehen kann. Aus demselben Grund verzichten Sie am besten auch auf zusammengesetzte Verben (etwas aufgeben, sich unterstellen etwas aufessen etc.).

Formulieren fürs Hören

Blähwörter steuern keine Information bei, sondern verbreiten Unsicherheit, da sie klare Aussagen abschwächen. Haben Sie keine Angst vor klaren Aussagen und glauben Sie nicht, dass solche Füllwörter für einen guten Sprachfluss nötig wären. Beliebte Füllwörter sind z.B: in etwa, irgendwie, ja, eigentlich, (nicht) wirklich.

Ausnahme sind für Hörtexte – und nur für diese! – so genannte Gelenkwörter. Diese schaffen Verbindungen zwischen zwei Sätzen, indem sie den Gedankengang bzw. Folgerungen anzeigen. Beispiel (achten Sie auf das „also“): Das Projekt ist weit hinter dem Zeitplan. Also heißt es, anpacken.

Bei geschriebenem Text wirkt das oft unschön, bei gesprochenem Text erleichtern solche Gelenkwörter das Verständnis.

Kurze Sätze und Wörter schreiben

Die oft zitierte Journalisten-Regel von den maximal 13 Wörtern pro Satz, gilt für Hörtexte nicht – hier sollten es eher 6 bis 8 sein. Auch sollten Wörter möglichst wenige Silben haben, um leichter verständlich zu sein.

Verwenden Sie Hauptsätze und weniger Nebensätze, aber achten Sie darauf, nicht in Stakkato-Stil zu verfallen. Die richtige Abwechslung zwischen kurzen und längeren Sätzen sorgt für angenehme Texte. Schachtelsätze sind noch strenger verboten als in geschriebenen Texten.

Literaturtipps

Walther von LaRoche, Axel Buchholz: Radio-Journalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis im Hörfunk. List; 8., vollst. neu bearb. Aufl. (2004), 23,50 Euro
Aus der gleichen Reihe: Michael Rossié: Frei sprechen. List, 2. Aufl. (2006), 23 Euro

Mehr zu diesem Thema:

Zurück zu Content Manager

Bildquellen

Previous Was ist ein Link?
Next Google Adwords: Was steckt hinter dem Qualitätsfaktor?

2 Comments

  1. […] Schreiben fürs Hören […]

  2. […] Schreiben fürs Hören […]

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5 × drei =